Von den seitlichen und hinteren Sitzplätzen ist die projizierte schwarze Sonne gut zu erkennen, die auch das Albumcover zum aktuellen Album "Battle For The Sun" ziert. Sie ist eine Art Statement gleich zu Beginn des gut zweistündigen Konzertes, während dessen Dauer Placebo nur selten zurückschauen, sondern fast nur neues Material präsentieren. Es ist also kein Best Of-Set, das Brian Molko (Gesang, Gitarre und Keyboard), Stefan Olsdal (Bass, Gitarre und Keyboard) und Steve Forrest (Schlagzeug) mit nach Köln gebracht haben. Mit ihrem neuen und noch sehr jungen Drummer Steve Forrest (23) wollten sie einen Neuanfang wagen - alte Verhaltensmuster ablegen und den Spaß an der Musik wieder zurückgewinnen. Das ist ihnen absolut gelungen - nur an diesem Abend in Köln können sie nicht das komplette Publikum überzeugen.
Nicht, dass Placebo und ihre drei zusätzlichen Live-Musiker im Kölner Henkelmännchen eine schlechte Show bieten - beileibe nicht. Dafür sind sie nach so vielen Jahren im Musikbusiness einfach Profis genug. Sie rocken, begeistern das Publikum mit ihren ausgefeilten Licht- und Soundspielereien. Auch ein Blick auf die Leinwände lohnt sich. Das Konzert wird gefilmt und dort übertragen. Nicht 1:1, sondern verfremdet durch jede Menge technischer Spielereien. Auch musikalisch sind Placebo in der obersten Liga anzusiedeln - jeder Ton sitzt, Missklänge gibt es keine. Eine absolut runde Sache. Die Fans in den vorderen Reihen rasten komplett aus, feiern neue Songs wie "Ashtray Heart", "Battle For The Sun", "Breathe Underwater" und das großartige "Speak In Tongues". Ältere Songs wie "Soulmates Never Die", "Every You And Every Me" und "Specials Needs” sorgen für noch größere Begeisterungsstürme. Die Fans reißen die Arme hoch, singen jede Zeile mit.
Dann endlich wendet sich der auf der Bühne immer recht wortkarge Brian an sein Publikum, spricht seine Fans mit "Brüder und Schwestern" an. Und bereitet sie darauf vor, dass es nach dem anfänglichen Rock N Roll-Brett nun etwas ruhiger werden wird. Seine Band stimmt "Because I Want You" an. Die eindringliche, unverkennbare Stimme Molkos schwebt über den Klängen, die der hünenhafte Schwede Stefan am Piano und der kalifornische Sunnyboy Steve am Schlagzeug produzieren. "20 Years" passt sich wunderbar in diese Rock N Roll-Pause ein, das "Rock N Schwul-Set", wie Brian die beiden Stücke selbst angekündigt hat. Auch "Julien" scheint zunächst das Thema aufzugreifen - doch dann setzen nach dem elektronischen Intro die Gitarren ein, peitschen die Menge wieder hoch, treiben sie an.
Den nächsten Höhepunkt erreicht die Band mit ihren Hits "Meds" und "Song To Say Goodbye". "Hoffentlich nehmen die das nicht wörtlich und hören nicht wirklich jetzt auf", wispert eine junge Dame ihrer Begleitung zu - und auch der Rest der rund 15.000 Fans möchte noch nicht nach Hause gehen. Erleichterung macht sich breit: Mit dem letzten Song des Sets der vergangenen Tour soll in der Lanxess-Arena noch lange nicht Schluss sein. Sechs Zugabe-Songs haben Placebo mitgebracht. Unter anderem auch "Infra-Red", bei dem diesmal der Megaphon-Einsatz, wie beispielsweise bei ihrem legendären letzten Auftritt auf dem dänischen Roskilde-Festival, leider ausbleibt. Macht aber nichts, die Menge feiert trotzdem ausgelassen. Und bekommt mit "Taste In Men" vom Album "Black Market Music" zum Abschluss noch einmal einen alten Hit serviert.