So etwas wie beim damaligen Hurricane erlebt man bei Konzerten nur in Ausnahmefällen - eben bei ansoluten Ausnahmebands, wie Aereogramme eine war: Selbst über eine halbe Stunde nach Ende des Konzerts stand das gesamte Publikum noch immer da und applaudierte ununterbrochen. Zugaben gab es aufgrund des straffen Festivalzeitplans leider nicht. Dafür kam Craig B, Kopf und Sänger der Band, noch einmal auf die Bühne und sagte: "Thank you. We are Aereogramme," nur um sich dann zu korrigieren: "We were Aeregramme." Spätestens ab hier lagen sich gestandene Männer mit Bärten und Tätowierungen weinend in Armen, angesichts des Abschieds dieser so großartigen Band.
Ganz so dramatisch ging es nun am Freitagabend im Knust selbstverständlich nicht zu. Dennoch konnte man ein durch und durch ergreifendes Konzert von The Unwinding Hours erleben: Einerseits war es schön, Craig B und Iain Cook, seines Zeichens ehemaliger Gitarrist von Aereogramme, nach so langer Zeit wieder gesund und munter und gemeinsam musizieren zu sehen. Andererseits ist die Musik von The Unwinding Hours ohnehin schon so schön, dass es kaum solcher Begleitumstände bedarf.
Als Vorband des Abends fungierten die Hamburger Nihiling. Die klingen größtenteils wie Oceansize, was Craig B später auch bestätigte, als er sich bei den Hamburgern bedankte. Und der muss es ja wissen - schließlich ist er vom Fach und schon mehrfach zusammen mit Oceansize getourt. Doch auch die in diesem Genre unausweichlichen Mogwai sind hier und da als Einfluss herauszuhören. So ist die Musik von Nihiling ganz nett - nicht wirklich weltbewegend, aber letztlich als Einstimmung auf The Unwinding Hours gar nicht so ungeeignet.
The Unwinding Hours begannen ihr Konzert mit dem fulminanten "The Final Hour", welches auf dem selbstbetitelten Album das letzte Stück ist. Das Publikum im mittelmäßig gefüllten Knust war sofort völlig gebannt. Die Atmosphäre war genau richtig und niemand störte dieses so intime Konzert. Nur wenige Bands schaffen es mit nur ein paar Akkorden, einen ganzen Konzertsaal in eine Stimmung gemischt aus Verträumtheit, Melancholie und Andacht zu versetzen. Im Falle von The Unwinding Hours liegt das natürlich nicht zuletzt an der Person Craig B. Eigentlich ein unscheinbarer, kleiner Mann mit schon immer etwas spärlichem Haar. Zurückhaltend, ja fast schüchtern, dabei aber unwahrscheinlich höflich, aufrichtig und sympathisch. Nur selten sieht man einen Sänger, der bei Live-Auftritten so präzise und exakt seine Töne trifft und gleichzeitig eine so schöne und unverwechselbare Stimme hat.
Im Laufe des Abends spielt die Band selbstverständlich ihr komplettes Album und die Atmosphäre wird von Song zu Song entrückter. The Unwinding Hours sind in ihrem Sound unverkennbar mit Aereogramme verbunden, ohne jedoch einfach nur dort weiterzumachen, wo man mit "My Heart Has A Wish That You Would Not Go" aufgehört hatte. Bis auf epische Stücke wie "Knut", das nur einen der zahlreichen Höhepunkte des Konzerts ausmachte, gab es nur wenige kraftvolle und lautstarke Ausbrüche, wie man sie von Aereogramme gewohnt war. (Craig B hat den Mischer sogar gebeten, seine Gitarre-Lautstärke etwas zu verringern - "Now that's a first..." musste Craig über sich selbst schmunzeln.)