Die sich auf der Bühne auftürmenden Nebelwolken zogen im abgedunkelten schlichten Bühnenambiente noch vor Beginn des Konzerts immer weitere Kreise und konnten vielleicht etwas die Sicht, aber dennoch nicht die freudigen Erwartungen verschleiern, die die Zuschauer im seit langem ausverkauften Astra in sich trugen. Drangen in einer Sekunde noch Elvis Songs durch die Lautsprecher, machten diese auch schon im nächsten Moment Platz für den Opener "War Machine", dessen raues Wesen und stark verzerrtes Klangbild sich noch schleichend in die Luft schnitt und den Auftakt mit unterschwelliger Tendenz in eine Richtung mit vorprogrammierter, vollster musikalischer Offensive führte. Diese sollte im Verlauf des Abends nicht nur für eine bemerkenswerte und abwechslungsreiche Setlist, sondern auch für eine Vielzahl verschwitzter Körper sorgen, die es sich nicht nehmen ließen jeden Song berauscht und ungehemmt in sich aufzunehmen.
Besucht man eine Show von Black Rebel Motorcycle Club, sieht man sich mit einer fast schon unheimlichen, dennoch leidenschaftlichen Intensität konfrontiert, die sich in jedem Akkord des Trios und gleichwohl bei Peter Hayes und Robert Levon Been auch in den Stimmbändern bemerkbar macht. Nach fünf Studioalben wird die Band nicht müde, diese mit stets hochkarätigen Songs auf neue Weise aus sich und ihren Instrumenten heraus zu holen und sie mit geballter Hingabe auf das hochgestimmte Publikum zu übertragen. Das funktionierte beim ersten Akt des Abends, auf Berliner Boden und bei Songs wie "Beat The Devil's Tattoo", "Ain't No Easy Way" oder "Whatever Happened To My Rock N Roll" mit einer solchen Glanzleistung, dass die Band im Gegenzug dafür spontan ein weiteres Geschenk an die tobende Menge machte. Statt der geplanten Vertonung des E.A. Poe Gedichts "Annabell Lee" wurde die Setlist kurzerhand umgeworfen und das aus dem Zuschauerraum gewünschte "Long Way Down" ausdrucksvoll zum Besten gegeben.
Ist bei vielen Bands normalerweise nach guten vierzehn Songs Schluss, ziehen sich Black Rebel Motorcycle Club da noch lange nicht zurück, sondern nutzen eine kurze Pause, um sich mit neuem Eifer in den zweiten Akt zu stürzen, der sieben weitere Songs umfassen sollte. Eröffnete Robert Levon Been diesen mit einer ergreifenden Version von "Mercy", bei welchem die aufgestaute Hitze in Sekundenschnelle der Gänsehaut wich, war es gleich danach Zeit, um den wohl aufbrausendsten und ausgelassensten Minuten des Sets ins Auge zu blicken, bei denen die Stimmung nicht nur kochte, sondern fast explodierte. Angesichts der ausgewählten Stücke wie "River Styx", "Shuffle Your Feet" oder "Six Barrel Shotgun" benötigte es keine weitere Aufforderung mehr, sich in Bewegung zu setzen. Ebenso entlud sich eine förmlich unhaltbare Dynamik beim eindringlichen "Conscience Killer", dessen Zeile "Give Me A Little Room And I'll Spit In Your Eye..." so wütend aus Peter Hayes herausbrach, dass man unweigerlich in Deckung ging, auch wenn man nichts zu befürchten hatte. Bevor der letzte Teil der unsagbar erinnerungswürdigen Sause eingeläutet würde, schüttelte die Band mit "Spread Your Love" ein weiteres Ass aus dem Ärmel, dessen erbarmungslose Bassline direkt in den Puls überging.
Die hochgeschaukelte Stimmung fand jedoch erst in drei weiteren Songs ihr großes Finale, welches mit "Stop" frenetisch eröffnet wurde, bevor "Shadow's Keeper" einen mit seiner aufrüttelnden und fieberhaften Art zum Taumeln brachte. Glich das allgemeine Bild an dem Abend verstärkt einer rastlosen und entflammten Reise durch ein eklatantes und imponierendes Repertoire, das nicht nur seiner Form, sondern auch seiner Quantität nach keine Wünsche offen ließ, umso unnachahmlicher gestalteten Black Rebel Motorcycle Club dafür das letzte Glied in einer meisterhaften Kette. "Open Invitation" tauchte das Astra für einige Minuten ins Dunkel, bei dem sich allein grüne Laserstrahlen ihren Weg über die Köpfe der Zuschauer hinweg bahnten und das Berliner Publikum mit einem unvergleichlichen Abschluss durchatmen ließ.