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Wachgeküsst?

Scout Niblett

Köln, Subway
17.05.2010

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Scout Niblett
Die Kalzination von Scout Niblett scheint nun insofern abgeschlossen zu sein, als dass die einzelnen Bestandteile herausgelöst sind, die Scout jetzt als Edelsteine in den Ringen an ihrer rechten Hand trägt?!? ...zumindest sofern die Gute den rätselhaften Titel ihrer aktuellen CD alchemistisch verstanden haben möchte. So also begrüßte uns Scout Niblett - mit ihrem neuen Drummer Daniel Wilson - in ihrem "selbstgebastelten Schwitzkasten" und ließ ihrer Led Zeppelin-Ader freien Lauf.
Zuvor spielte die Kölner Gruppe Menagerie ein ansprechendes Power-Pop-Set mit Keyboards, zweistimmigem Lead-Gesang von Niels und Eva Bardo aber ohne elektrische Gitarren. Dafür kam die Sache dennoch ziemlich knackig daher, was nicht zuletzt am körperbetonten Einsatz des Drummers Mitch Holliver lag, der etwa seinen Gong zuweilen mit beängstigender Inbrunst streichelte. Die Songs von Menagerie sind alle recht intelligent, ansprechend und zuweilen auch poppig und Menagerie sind auch keine schlechte Live-Band - nur passte das leider musikalisch so gar nicht zum Headliner, so dass es empfehlenswert erscheint, sich die Band vielleicht ein Mal in einem geeigneteren Rahmen zu Gemüte zu führen.
Das neue Album von Scout - "The Calcination Of" - wird gerne als laut und rockig beschrieben. Was ein wenig seltsam ist, denn einmal abgesehen davon, dass sie sich auf dem neuen Werk ganz alleine auf sich selbst verlässt, entwickelt Scout hier eigentlich lediglich ihren Stil ungemein konsequent weiter - und das Werk enthält mindestens genauso viele sanftmütige wie wilde Sequenzen (die vielleicht dominanter im Gedächtnis verweilen). Genau genommen ist das Konzept des Werkes auch eher der Gegensatz zwischen laut und leise, wild und sanft, zärtlich und brutal. Das wurde im Live-Kontext zwar auch genutzt - aber hier überwog dann doch eher der Rock-Ansatz. Nicht nur, aber auch, weil Drummer Daniel Wilson sehr viel mehr ein Rocker ist, als sein verspielterer Vorgänger, der weggeheiratete Kristian Goddard. Und auch deswegen, weil Scout plötzlich Spaß am Musizieren gefunden zu haben scheint. Oder doch zumindest am Abrocken. Bislang entsprachen ihre Live-Gigs - abhängig von der Tagesform - eigentlich recht genau den doch sehr düsteren, melancholischen bzw. abgrundtief desolaten Inhalten ihrer Songs, die sie zwar unglaublich intensiv, aber auch immer ein bisschen verbissen vortrug.

Im Subway grinste sie hingegen dauernd - nicht nur beim Faxen-Machen ("Questions anyone?"), sondern auch beim Spielen und Fachsimpeln mit Drummer und Soundtechniker. Nicht, dass das jetzt irgendwie weniger intensiv war als gewohnt - nur kam es eben auch sympathischer, unterhaltsamer rüber. Auf Scouts Gitarre (für Freaks: Eine eher seltene Fender Mustang) prangte - neben Dorothys roten Schuhen - ein Frosch. Entweder hatte Scout diesen oder sich selbst wachgeküsst, denn eine so lebhafte Show war man von ihr bislang eigentlich weniger gewohnt. Wenn da mal nicht sogar beim grinsend vorgetragenen "Nevada" einige Fans versuchten mitzusingen! Die neuen Tracks hingegen sind zuweilen recht episch angelegt - zumindest was die Länge betrifft. Dieser Eindruck wurde live durch geschicktes Timing ein wenig eingedampft. Zudem nutzte Scout die doch recht unterschiedliche Struktur der Songs. Einige spielte sie solo - etwa die Cover-Version "Duke Of Anxiety". Ein Mal setzte sie sich (wie früher) für das Frühwerk "Your Beat Kicks Back Like Death" - hinter das Drumkit und sang ganz unbeschwert "We're all going to die" (nur dass sie heute natürlich den Bogen mit dem Rhythmus raus hat). Bei wieder anderen griff Daniel Wilson zur zweiten Gitarre, wobei er zuweilen allerdings ganz schön hantieren musste. Das Prog-rockige "Ripe With Life" etwa, verlangte ja eine zweite Gitarre UND Drum-Parts. Außerdem wäre das nicht nötig gewesen, denn Wilson spielte eigentlich unter dem Strich eher gegen Scout als mit ihr. Und zwischendurch wurden Publikumswünsche erfüllt. So spielte Scout etwa eine Impromptu-Version des Will Oldham Duetts "Kiss" - und zwar in einer wirklich brillanten Version. So exakt getimt und dynamisch hatte man diesen Song bislang live eigentlich noch nicht vernommen. Vielleicht liegt das auch daran, dass Scout als Performerin mittlerweile in ihrem Genre ungemein selbstsicher agiert. Zwar mögen sich die Fußnägel von Gitarrenlehrern bei Akkordfolgen wie z.B. jenen im Titelsong des neuen Werkes immer noch gelegentlich aufrollen und Scout würde auch nach wie vor bei jeder Casting-Show in der Vorrunde wegen scheinbaren Unvermögens rausfliegen - ABER: In ihrer Welt passt das alles wunderbar zusammen und es sitzt eigentlich auch alles da, wo es hingehört. Wenn etwas absichtlich schräg klingen soll, tut es das am Ende schließlich ja gar nicht mehr. Und das gilt auch für den Gesang, den "Normalhörer" gerne als "Gejaule" abtun mögen.

Was Scout an Schönklang bewusst ausblendet, macht sie sowieso durch Intensität mit links wett. Und so intensiv wie Scout klingen selbst die großen des Genres eher selten. Scout hingegen bei jedem Auftritt. Und die neu gewonnene Freude an Hardrock-Riffs führte dazu, dass dieses Konzert im Prinzip streckenweise zur Grunge-Show des Jahres geriet. Mal abgesehen davon, dass natürlich kein Bass dabei war und Scout das Posen natürlich nicht erfunden hat. Auf dem Cover ihres neuen Albums steht Scout in einer düsteren Werkstatt, hält einen Schweißbrenner in der einen Hand und winkt mit der anderen freundlich lächelnd in die Kamera. Ein sehr viel treffenderes Bild hätte man sich - auch für diese Live-Show - kaum ausdenken können. Das Licht in der Dunkelheit glüht, sozusagen.

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Surfempfehlung:
www.myspace.com/scoutniblett
www.scoutniblett.com
www.myspace.com/themenagerieroom
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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