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Konzert-Bericht
 
AC/DC und ich

Chris Brokaw

Berlin, Madame Claude
29.06.2010
Chris Brokaw
Der amerikanische Tausendsassa Chris Brokaw hat zwar letztes Jahr gleich drei Alben unter eigenem Namen veröffentlicht, doch dass er an diesem heißen Sommerabend als Solist in Berlin auftrat, passte trotzdem nicht so ganz ins Konzept. Schließlich steht 2010 für den Gitarristen aus Massachusetts ganz im Zeichen von zwei anderen Projekten: Zum einen ist er derzeit mit Chris Eckman und Hugo Race unterwegs, um "BKO", das zweite Album ihrer gemeinsamen Band Dirt Music, zu präsentieren, außerdem tourt er - im Oktober auch in unseren Breiten - derzeit als Duo mit Geoff Farina (Karate, Glorytellers), nachdem die beiden unlängst zusammen "The Angel's Message To Me", ein Album mit alten Bluessongs, veröffentlicht haben. Da Chris zwischen einer Italien-Konzertreise mit Geoff und dem nächsten Tourabschnitt von Dirt Music in Deutschland einige Tage in Berlin "gestrandet" war, kam allerdings das Angebot, solo bei der wöchentlichen Campfire Session mit winzigen Keller des Madame Claude in Kreuzberg aufzutreten, gerade recht.
Obwohl nur mit einer einzigen sechssaitigen Akustikgitarre bewaffnet, präsentierte Chris dennoch einen Querschnitt seines gesamten Schaffens, genauer gesagt: seines äußerst variablen Schaffens der letzten fünf Jahre. Rückgriffe auf das Oeuvre seiner alten Band Come - sonst durchaus üblich - gab es an diesem Abend nämlich nicht. Dafür ging's gleich los mit seinem "Hit", dem auch von Evan Dando gecoverten "My Idea", das sofort zu Beginn unter Beweis stellte, dass Chris nicht nur ein Könner an der Gitarre ist, der mit bisweilen geradezu vertrackten Folk-angehauchten Instrumentals wie den später am Abend gespielten "Sanguinary" und "Exemptive" aus dem Album "Canaris" zu begeistern weiß, sondern auch als Autor und Sänger von waschechten Popsongs eine wirklich gute Figur macht. Dass er trotz sechs (!) LP-Veröffentlichungen in den letzten 18 Monaten dennoch nicht vorhat, eine Atempause einzulegen, bewiesen die beiden folgenden Songs, "Into The Woods" und "Criminals", die er Anfang des Jahres auf Hawaii geschrieben hat und die für sein nächstes Soloalbum vorgemerkt sind. Dass sie in den Studioversionen echte Rocksongs sind, konnte man den Soloversionen natürlich nicht anhören, aber genau das macht ja Chris' Auftritte aus.

Die heimlichen Highlights des Sets waren allerdings die beiden Dirt Music-Nummern, die Chris in der Mitte des Programms "versteckt" hatte, besonders "Collisions" begeisterte nicht nur durch einen tollen Text, sondern vor allem auch nur seine ungemein eingängige Melodie und seinen amtlich rockigen Sound, der Chris auch allein und unplugged ganz ausgezeichnet gelang. Zwischendurch erzählte er dazu staubtrockene Witze und beantwortete Fragen aus dem Publikum. So wissen die Anwesenden jetzt nicht nur, woran man erkennt, dass eine Pedal Steel verstimmt ist, oder wann es okay ist, einen Kleinwüchsigen zu schlagen, sondern auch, dass Chris' Songs fast ausschließlich im E-flat-Tuning geschrieben sind. "Das benutzen AC/DC, Van Halen, Nirvana, Jimi Hendrix - und ich!", meinte Chris scherzhaft und erklärte damit ganz nebenbei, warum seine Songs so unwiderstehlich klingen.

Auch zwei Coverversionen gab es zu hören: Das Traditional "Stagger Lee" findet sich auch auf dem gemeinsamen Album mit Geoff Farina, das sensationelle "Crooked" dagegen ist ein obskurer Indierock-Hit, der nie einer war, und stammt im Original von der Band Wussy. Ähnlich eingängig danach auch der großartige "Blues For The Moon" aus Chris' 2005er-Album "Incredible Love", bevor das Instrumental "Yours/Mine" (aus dem mit 12-saitiger Gitarre aufgenommenen Album "VDSQ Solo Acoustic Volume Three") das Programm (vorläufig) beschloss. Daraus, dass ihm an diesem Abend nur sechs Saiten für die Interpretation des Songs zur Verfügung standen, resultierte natürlich ein etwas sparsamerer Sound, das unterstrich aber letztlich nur Chris' Anpassungsfähigkeit. Danach gab es für die Besucher im gut gefüllten Madame Claude, die bis zu diesem Zeitpunkt zur Musik passend andächtig zugehört hatten, die Chance, ihrer Begeisterung freien Lauf zu lassen, sodass Chris mit "Move" und "X's For Eyes" noch zwei Vokal-Songs aus "Incredible Love" dranhängte.

Damit endete ein äußerst kurzweiliger Auftritt, bei dem sich Chris als Musiker präsentierte, der es versteht, nach rund 20 Jahren "im Geschäft" seine musikalische Palette immer noch zu erweitern. Dass es ihm dennoch gelang, die Musik all seiner derzeitigen, höchst unterschiedlich gearteten Projekte an einem Abend - und mit nur einem Instrument! - unter einen Hut zu bringen, verdient wahrlich Respekt!
Surfempfehlung:
www.chrisbrokaw.com
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
 

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