Nicht nur für die Bands war dies schade, sondern auch bei den Zuschauern. Während die Musik bei Kylesa immer zwischen Doom, Punk und Stoner changierte - was eher verwirrend, denn innovativ war - hatten die Zuschauer wenigstens etwas zu sehen. Gleich zwei Schlagzeuge hatten die Amerikaner mitgebracht. Wer meckerte, dass der Auftritt zu kurz gewesen sei: Das war die Band selbst schuld - die überzogen beim Bühnenaufbau um mindestens zwanzig Minuten, was ihnen von der Spielzeit abging.
Eigentlich sollten nun The Ocean auf die Bühne gehen - da sie jedoch mit ihrem Auto in der Schweiz liegen geblieben waren, mussten sie ihren Auftritt absagen. Kurzfristig konnten zum Glück Long Distance Calling aus Münster einspringen, die mit "Avoid The Light" ihre mittlerweile zweite Platte auf dem Markt haben. Die wenigen Menschen vor der Bühne fanden großen Gefallen an der energiegeladenen Rockmusik der Münsteraner, die sogar noch eine Zugabe spielen durfte. Und das, obwohl der Zeitplan sowieso schon hinkte. Die Show von Minus The Bear war hingegen etwas unspektakulär. Ihr eingängiger Sound zwischen Rock und Funk sorgte zwar für gute Laune, riss das Publikum aber nicht übermässig mit. Ganz anders Frank Turner: Er vermochte es, das Publikum nicht nur emotional zu bewegen. Mit seiner Stimme, die ganz und gar nicht die einer Sirene gleicht, lockte er die Menschen vor die Bühne. Und begeisterte die Zuschauer schließlich mit seiner Mischung aus Folk-Punk-Rock. Auch wenn er meistens eher eine Singer-Songwriter-Attitüde an den Tag legte, konnte er seine Wurzeln im Punkrock nicht verleugnen. Im Jahr 2001 war er zu als Sänger zu der Gruppe Million Dead gestoßen, ist mittlerweile jedoch schon seit fünf Jahren als Solo-Künstler unterwegs. Der Auftritt: Viel zu kurz - denn ein absolutes Highlight auf dem Festival. Frank Turner wird sich viele neue Freunde gemacht haben in Lüdinghausen. Und nicht nur, weil er versprach alle im Publikum zu heiraten.
Den Pokal für den schnellsten Senkrechtstart und die beste Stimmung vor, auf und hinter der Bühne gewannen die Donots. Die Ibbenbürener Band trat zu einem Heimspiel an, erwartete viel und war dennoch sichtlich überrascht von der Stimmung ihrer Fans. Keiner anderen Band war es bisher gelungen, die Zuschauer so schnell auf Temperatur zu bringen wie die Donots. Sie sangen, sie feierten, sie tanzten und lachten auf der Bühne. Und das wirkte ansteckend: Die begeisterten Fans wippten bei jedem Song mit, schrien die Textzeilen eines jeden Songs mit und machten einfach alles mit, was sich die Band ausdachte. Musikalisch sind die Donots mit ihren Hits wie "Stop The Clocks" seit jeher eine Bank - da hätte sich der ein oder andere Hauptact noch eine Scheibe von Abschneiden können.
Geschmackssache war eindeutig auch die nächste Band. The Sounds - die einen lieben den flotten Indi-Synthie-Mix der Schweden, die anderen hassen ihn. Und den dritten ist's völlig egal, so lange Sängerin Maja Ivarsson ihre knappen Hotpants trägt und eifrig die Hüften kreisen lässt. Aus relativ neutraler Sichtweise betrachtet machte der Mix aus Rock, Elektronik, Pop und Dancefloor ne Menge Spaß und sorgte für gute Laune vor der Bühne. Düster sollte es noch früh genug werden.
Besser gesagt schon eine halbe Stunde später: Monster Magnet hatten sich angesagt - die bunten Pop-Hymnen von The Sounds wurden sofort gegen schwere Rockkracher getauscht. Monster Magnet bestehen seit 1989 - von der Ursprungscombo ist jedoch nur noch Frontmann Dave Wyndorf dabei, der seine Drogenprobleme endlich in den Griff bekommen haben soll. Zumindest machte dieses Gerücht vor dem Auftritt hartnäckig die Runde. Und tatsächlich Wyndorf lieferte einen Auftritt ab, den Monster Magnet-Fans so schon lange nicht mehr gesehen haben. Musikalisch und textlich völlig klar, nur dort schmutzig, wo das Drecksack-Image auch hingehörte. Wie nicht anders zu erwarten endete, das Rock N Roll-Fest mit den beiden Monster Magnet Klassikern "Negasonic Teenage Warhead" und 
"Space Lord". Für jemanden, der eigentlich nie wieder auf Tour gehen wollte, hatte Wyndorf eine ganze Menge Spaß auf der Bühne und freute sich, dass seine Fans ihn genauso freudig und herzlich empfingen.
Bereits auf großer Abschiedstour mit wirklich traurigen Momenten war die folgende Band ebenfalls: Wizo hatten vor einigen Jahren fast ganz Deutschland bereist und überall für ausverkaufte Häuser gesorgt - es galt Abschied zu nehmen - von einer Deutsch-Punk-Legende. Von einer Band, die auch mal von der Bühne wegverhaftet wurde, von einer Band, die Spaß am Spielen hatte. Was mag es bedeuten, wenn solch eine Band plötzlich wieder auf der Bühne steht? Für die Zuschauer war das bereits nach dem ersten Song "Nana" klar, dass da oben zwar teilweise andere Musiker stehen, dass sich an der Attitüde und der Spielfreude der Band nichts geändert hat. Einen breiten Querschnitt durch ihre Schaffensphase unterhielten sie das Publikum. Gassenhauer wie "Die letzte Sau" und Hey Thomas" wechselten sich mit neuen Songs wie "Königin" oder "Scheissekotzen" ab. Ein gelungener Auftritt von einer Band, die plötzlich Wiederauferstanden ist.