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Konzert-Bericht
 
Der Künstler ist anwesend

Ken Stringfellow & Band

Amsterdam, Paradiso
01.11.2012

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Ken Stringfellow
Ken Stringfellow ist ein vielbeschäftigter Mann. Eigentlich wollte sich der The Posies-Sänger/Gitarrist diesen Herbst ja frei halten, um sein nach langem Warten endlich fertiggestelltes neues Soloalbum "Danzig In The Moonlight" ausgiebig auf europäischen Konzertbühnen vorzustellen, doch die Einladung, Ende Oktober im legendären Ardent Studio in Memphis ein weiteres Album als Leadsänger der hochkarätig besetzten Orange Humble Band aufzunehmen, konnte er natürlich nicht ausschlagen. Dass er erst am Tag der wichtigsten Show der kompletten Europa-Tournee, bei der er nicht wie sonst solo, sondern einmalig und unwiederholbar mit großer Backing-Band in Amsterdam auftreten wollte, nach Europa zurückkehren würde, schien kein großes Problem zu sein, schließlich ist Ken ein ausgefuchster Globetrotter. Höchstens ein Hurrikan an der US-Ostküste hätte seine Pläne durcheinanderwirbeln können - und genau der kam natürlich, noch dazu zum unglücklichsten Zeitpunkt. Nur mit viel, viel Dusel schaffte es der Amerikaner (im Gegensatz zu seiner Gitarre) rechtzeitig nach Holland - und war beim abendlichen Auftritt im Amsterdamer Paradiso schon allein deshalb überglücklich, weil er sagen konnte: Der Künstler ist anwesend!
Trotzdem: Der Clou des Konzerts war nicht Ken, sondern die Band. An diesem Abend unterstützten ihn nämlich nicht irgendwelche Musiker, sondern genau die 13 holländischen Studiocracks um JB Meijers, mit denen er den Löwenanteil der Songs von "Danzig In The Moonlight" eingespielt hat, diesen musikalischen Befreiungsschlag, auf dem er Folk, Country, Indietronics, Soul, Prog und mehr zusammenfließen lässt und so eindrucksvoll unterstreicht, dass die Schubladen Indierock und Power-Pop längst zu klein für ihn sind. Streicher, eine Horn Section, Backing-Sängerinnen, ein zusätzlicher Keyboarder und eine ganz spezielle Duettpartnerin, ganz zu schweigen von Gitarre, Bass und Schlagzeug erweckten an diesem Abend die detailverliebten Arrangements des Albums auf ganz andere Weise zum Leben, als man das von Kens Soloauftritten gewohnt ist. Dass nach gerade einmal einem halben Nachmittag Probezeit nicht jeder Ton hundertprozentig saß, war ebenso verständlich wie nebensächlich, denn anders als auf der formvollendeten Platte ging es an diesem Abend in erster Linie um die geradezu unbändige Spielfreude des frisch zusammengewürfelten Ken Stringfellow Orchesters, das sich auf der eigentlich viel zu kleinen Bühne knubbelte und dem verzückten Publikum das neue Album in veränderter Reihenfolge, aber dennoch in Gänze präsentierte.

Da fiel es gar nicht auf, dass mit "4am Birds" ausgerechnet einer der ambitionierteren, progressiveren Songs am Anfang stand, denn die helle Freude über das leidenschaftliche Zusammenspiel der Band - allen voran die Bläser und Annie Tangberg vom Westside Trio am Cello - ließ den Song an sich fast ein wenig in den Hintergrund rücken. Das war auch bei "Superwise" ähnlich, denn obwohl die Nummer wirklich ungeheuer gut ins Ohr geht, hatten doch alle Anwesenden nur Augen für die junge Dame, die sich mit Eva Auad den Harmoniegesang teilte: Kens achtjährige Tochter Aden!

Das musikalische Herzstück des Abends war derweil ohne Frage "Drop Your Pride", das mit seinen dramatischen Pausen, den geradezu bedrohlich aufbrausenden Bläsern und dem wirbelnden Akkordeon ein echter Wow!-Moment war. Beeindruckend auch das mit Orgel und Bläsern samtweich soulig daherkommende "Pray" und das mit dem kompletten Westside Trio erstmals überhaupt gespielte "Odorless, Colorless, Tasteless", das live genauso avantgardistisch-mysteriös klang wie auf der Platte und Ken, befreit von seiner geliehenen Gitarre, die Möglichkeit gab, nur mit dem Mikro in der Hand unglaublich viel Emotion in seine Gesangsperformance zu legen. Während die Musiker bei den meisten Nummern den Vorgaben der Platte folgten, gab es auch einige arrangementtechnische Ausreißer: So schoben die prägnant eingesetzten Streicher bei "110 Or 220 V" das Stück sanft von einer Neil Young-Hommage in den Dunstkreis von Big Stars "Third", und auch "Any Love", das einzige alte Stück auf der Setlist, wurde mit Streichern und Akkordeon in eine andere Richtung geschubst.

Weil sich der letzte Special Guest verspätete, gab es bei der Zugabe zunächst zwei ungeplante alte Solonummern, "Find Yourself Alone" und "Known Diamond" zu hören, von Ken unverstärkt am Bühnenrand stehend gespielt ("Denn diesen Ken Stringfellow gibt es ja auch noch", wie der Protagonist mit Blick auf seine intimen, oft mitten im Publikum stattfindenden Solokonzerte richtig bemerkte), bis dann alles bereit war für das große Finale. Für die letzte Nummer stürmte nämlich die US-Comedienne Margaret Cho, frisch eingetroffen von ihrem eigenen Auftritt am anderen Ende der Stadt, auf die Bühne und sang - wie schon auf der LP - das herrliche Nancy-&-Lee-Duett "Doesn't It Remind You Of Something" gemeinsam mit Ken! Etwas schräger zwar als auf der Platte, aber wer braucht schon Perfektion, wenn er stattdessen auch Spaß haben kann?

Anschließend unterstrich die drangvolle Enge am Merchandise-Tisch, dass Ken kaum besser für "Danzig In The Moonlight" hätte werben können als mit dieser blendenden Show, und dass sein Töchterchen fleißig Autogramme schrieb, hat dem Umsatz sicherlich auch nicht geschadet.

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Surfempfehlung:
www.kenstringfellow.com
www.facebook.com/KenStringfellow
en.wikipedia.org/wiki/Ken_Stringfellow
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
 

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