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Herbstliche Magie

Horse Feathers
Crooked Fingers

Münster, Gleis 22
27.11.2012

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Horse Feathers
An diesem Abend sind gleich zwei tolle Bands in Münster zu Gast, bei denen der Schein trügt. Horse Feathers stammen zwar aus Portland und veröffentlichen auf Kill Rock Stars - eine gewöhnliche Indierock-Kapelle sind sie aber keineswegs. Stattdessen wandelt die Band um Mastermind Justin Ringle mit ihrem ungewöhnlich instrumentierten Indie-Folk lieber auf den Spuren von Iron & Wine, Will Oldham oder Bon Iver. Auch Eric Bachmann, einst Vordenker der just dieses Jahr zu Reissue-Ehren gekommenen Archers Of Loaf, hat den grungy Indierock längst zu den Akten gelegt und widmet sich mit Crooked Fingers lieber fragilem Folk mit zart countryeskem Einschlag. Im Gleis 22 können beide Acts begeistern.
Wie ein Mann, der einst die Welt mit wüstem Alternative Rock in Atem hielt, sieht Eric Bachmann heute wirklich nicht mehr aus. Eher wirkt der hünenhafte Amerikaner mit seinem ergrauenden Bart, der 60er-Jahre-Brille und der Strickmütze wie ein alter Seebär, der den ganzen Tag am Hafen sitzt und die Geschichten der vorbeikommenden Leute aufschnappt, um sie abends allein in seinem Kämmerlein in tolle Songs zu verwandeln. Mehr als eine Akustikgitarre als Begleitung braucht er dafür eigentlich nicht, doch seine Freundin Liz Durrett steht trotzdem mit auf der Bühne, um bei einigen Songs wie dem hypnotischen "Typhoon" aus dem aktuellen Album "Breaks In The Armor" dezent auf der Stromgitarre zu spielen, ein bisschen Harmoniegesang beizusteuern und bei "Sleep All Summer" als Duettpartnerin zu fungieren. Bei manchen Songs steht sie allerdings nur da und schaut genauso gebannt auf Eric wie der Rest des Publikums, zum Beispiel, als er die vielleicht schönste Nummer des Abends, "Carrboro Woman", spielt, als wolle er einen Platz in der US-Folk-History zwischen Bob Dylan und Townes Van Zandt reklamieren. Dass Crooked Fingers ihre Songs für gewöhnlich viel schneller spielen und sie lediglich an diesem Abend wie Klagelieder klingen, weil das großartige Essen im Gleis 22 die Protagonisten träge gemacht habe, wie Eric uns lächelnd weiszumachen versucht, will da niemand so recht glauben. Dennoch zieht das Tempo ganz zum Schluss an: Für die allerletzte Nummer stöpseln die zwei ihre Gitarren aus und singen ohne Mikros am Bühnenrand das ultra-eingängige "Your Control", ihren Nummer-1-Hit aus einem musikalischen Paralleluniversum. Danach gibt es verdientermaßen Gedränge am Merchandise-Stand, oder anders gesagt: Beim nächsten Münster-Gastspiel wird Eric mit Ansagen wie "Den nächsten Song können wir ruhig versägen, ihr kennt ihn ja eh nicht" wohl kaum mehr durchkommen.
Dann ist die Bühne bereit für Horse Feathers. Justin Ringle hat seine Mannschaft seit der letzten Europatournee zwar personell komplett umgekrempelt, doch anstatt sich mehr in Richtung Mainstream zu bewegen, unterstreicht die neue Besetzung das Besondere der Band noch deutlicher. Eine Cellistin, zwei Violinist(inn)en, die einmal sogar singende Sägen im Duett (!) spielen, sowie ein Schlagzeuger, der nebenbei auch noch das Keyboard bedient, erwecken Justins Songs inzwischen zum Leben. Sie lassen aber nicht nur die Nummern des aktuellen Albums, "Cynic's New Year", voller, intensiver und (noch) beseelter klingen, sondern auch die älteren Lieder, ohne dass deshalb das Filigrane verloren geht. Während bei früheren Konzerten die Atmosphäre bisweilen noch Platz hatte, durch die Ritzen zu entweichen, ist der Sound nun spürbar dichter. "Frontmann" Justin begnügt sich derweil mit einem Plätzchen am linken Bühnenrand, wo er abwechselnd zu Akustikgitarre und Banjo greift und bei einigen der dunkel funkelnden Songs voller Dramatik zusätzlich noch den Beat auf dem am Boden liegenden Tamburin mitstampft. Zu Füßen liegt bzw. sitzt ihm in den ersten Reihen auch das Publikum, das andächtig zuhört und sich von der herbstlichen Magie einfangen lässt, die Horse Feathers zunächst fast unmerklich, dann aber immer spürbarer im Raum verströmen, als sei das das Natürlichste der Welt. Simpel und pragmatisch sind auch Justins kurze Ansagen zwischen den Songs. Sie seien vor einigen Jahren schon einmal im Gleis aufgetreten, lässt er uns wissen, und weil das so schön war, seien sie nun einfach wiedergekommen. Na, wenn's so einfach ist, dürfte das nächste Gastspiel der Amerikaner an der Hafenstraße nach diesem feinen Auftritt wohl nur eine Frage der Zeit sein!

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Surfempfehlung:
www.HorseFeatherstheBand.com
www.facebook.com/pages/Horse-Feathers/38877626075
www.crookedfingers.com
www.facebook.com/CrookedFingers
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-

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