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Munkeln im Dunkeln

Andrea Schroeder
Hello Piedpiper

Köln, Studio 672
02.04.2013

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Andrea Schroeder
Dem ersten Tag mit Sonnenstrahlen im prinzipiell immer noch froststarrenden Köln traute Andrea Schroeder bei ihrem ersten Besuch in der Domstadt wohl nicht so ganz. "Ich muss mich jetzt mal umziehen", meinte sie vor dem Konzert - dort noch gewandet in einen Wintermantel mit Pelzkragen. Zum Konzert erschien sie dann allerdings gleich mit einem ganzen Pelz, der dann auch gleich dem Anlass entsprechend und wie alle Kleidungsstücke aller Beteiligten schwarz war. Mit einer Ausnahme: Der Kölner Rattenfänger Fabio Bacchet, besser bekannt als Frontman von Stereo Inn und vor allen Dingen solo unter seinem Projektnamen Hello Piedpiper, der als einer der emsigsten Support-Acts der Republik schon etliche große Namen angeheizt hatte, trug ein ganz normales Flanellhemd, das eher hell kariert daher kam.
Was nun nicht heißt, dass der bärtige Mann hier sonnendurchfluteten Kinderkram zum Besten gab: Seine feinsinnig konstruierten Folkpop-Songs kommen schon mit dem notwendigen Düsternis daher. Und er mag auch dunkle Themen, wie den Krieg oder das Ertrinken. Dennoch war seine Show alles andere als trübselig, denn die Art, in der der Mann da mit Gitarre, zwei Mikros, Sampler, Melodica und ein wenig Percussion seine Songs aufwertete, war schon bemerkenswert ist. Denn Fabio hat ganz richtig erkannt, dass man einen Sampler nicht nur rhythmisch, sondern auch melodisch nutzen kann und türmte da kleine orchestrale Vignetten auf, die wie Heißluftballons aus seinen Songs aufstiegen. Zwar gelang am Ende nicht alles zu 100%, aber Hello Piedpiper marchschiert mit seiner Methode deutlich in Richtung des großen Sample-King Joseph Arthur und demonstrierte damit eindrucksvoll, was man als Solo-Künstler eigentlich ohne großen Aufwand erreichen kann - wenn man sich nur ein wenig Mühe gibt.
Dann gings los mit der langen Fahrt in die Düsternis, die Stille, die Nacht und die Schatten. Andrea Schroeder gibt sich gar nicht erst die Mühe, etwa als fröhliche Plaudertasche (die sie im richtigen Leben ja nun durchaus auch sein kann) die Schwermut und Ernsthaftigkeit ihres Materials irgendwie zu relativieren: Vom ersten Ton des Openers "Be Bop Blues" bis zum letzten Ton der Zugabe "Walk Into The Silence" gab es das - nur von ganz knappen Ansagen unterbrochene - perfekt inszenierte musikalische Nachtschattengewächs per se. Das machte aber nix, denn erstens hätte sowieso niemand etwas anderes erwartet, zweitens macht sie das ja nicht zum Spaß und drittens macht sie es dermaßen gut, dass sich jedermann, der nur halbwegs der Nick Cave- oder Walkabouts-Ästhetik verfallen ist, sich unmittelbar in Andreas Welt zurecht finden kann.

Mit Jesper Lehmkuhl, Dave Allen und (dem langjährigen Hugo-Race-Veteranen) Chris Hughes) hat sie nun auch eine feste Band Gleichgesinnter um sich versammelt, die ihre Visionen routiniert, aber auch variantenreich und vor allem mit Biss in Szene setzen kann. Und die Band war an diesem Abend auch betont gut drauf: Chris Hughes explodierte hinter seinem Drumkit vor sich hin - ohne dieses dabei umzukippen, Jesper Lehmkuhl langte spartanisch, aber effektiv in die Saiten, Dave Allen hatte extra für das lyrische "Winter Days" einen zweiten Bass mitgebracht und Andreas Harmonium und die Shruti-Handtasche (quasi ein monophones Harmonium-Portable) sorgen für Klangfacetten, die man in diesem Ambiente nun wirklich seit Nico nicht mehr vernommen hat. Das Programm der Show stammte zum größten Teil natürlich von Andreas Debüt-CD "Blackbird" - wurde aber durchaus ergänzt mit interessanten Bonbons. So etwa mit der aktuellen Single, eine dem Setting angepasste Coverversion der deutschen Version von David Bowies "Heroes", die an diesem Abend sogar richtig rockte. Apropos Deutsch: Andrea Schroeder hat sich ja dem englischen Zungenschlag verpflichtet - wohl auch mit Hinblick auf ihre internationalen Verpflichtungen (so war zu erfahren, dass die meisten Fans nicht bei uns, sondern in Griechenland oder Italien sitzen). Aber: Im Grunde genommen erzielt sie ihre schönsten Erfolge eigentlich auf Deutsch. So z.B. bei der ersten Zugabe, dem Song "Kälte": Die hier erreichte lyrische Dichte gelingt ihr nämlich auf Englisch eher nicht.

Sei's drum: Sie hat da eine interessante Lösung gefunden: Songs wie "Ghosts Of Berlin" etwa, die zumindest deutsche Textzeilen enthalten. Und dann noch etwas: Musik, wie jene von Andrea - also solche, die so dunkel ist, dass man sie selbst im Sonnenschein kaum sehen kann -, hat ja oft einen depressiv-lamentösen Charakter. Nicht so hier: Einerseits weiß Andrea ihren schwarzen Blues durchaus vielseitig zu besetzen und dann hat sie keineswegs nur Balladen im Gepäck: Gleich der Opener, "Be Bop Blues" groovte ganz gut und spätestens beim Finale von "Blackberry Wine" flog - im übertragenen Sinne - das Dach weg. Insgesamt setzte die Andrea Schroeder-Band das Material eigentlich optimal in Szene. Langweilig wurde es jedenfalls zu keiner Sekunde und eigentlich gab es auch an jedem Stück neue Facetten gegenüber der Konserven-Version zu entdecken. Und die Gute ist mit ihrem Latein auch noch keineswegs am Ende: Das Studio für die nächste Scheibe ist schon gebucht und Chris Eckman wiederum als Produzent verpflichtet. Hoffentlich klappt das das nächste Mal mit dem Release und der Tour etwas zeitnaher als dieses Mal.



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Surfempfehlung:
www.andreaschroeder.com
www.facebook.com/andreaschroedermusic
www.hellopiedpiper.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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