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Mittelbare Kontrolle

Laura Marling
Marika Hackman

Köln, Bürgerhaus Stollwerck
19.09.2013

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Laura Marling
Das einsame Mikro auf der ansonsten leeren Bühne machte gleich deutlich, worum es an diesem Abend ging: Um eine Solo-Show nämlich. Und das hätte man sich ja eigentlich auch denken können, denn Laura Marlings letztes Werk, "Once I Was An Eagle", war ja - mehr noch als ihre vorangegangenen Werke und sowohl inhaltlich wie auch musikalisch - eine ziemlich egozentrische Angelegenheit. Und die präsentiert man natürlich am besten ganz alleine. Das hatte zudem den Vorteil, dass man der nach wie vor jungen Engländerin als Fan noch mal relativ nahe kommen konnte. Wobei die Chancen hierzu nicht schlecht standen, denn das Kölner Stollwerck war keineswegs ausverkauft (und das, obwohl Laura bundesweit nicht eben viele Dates angesetzt hatte).
So weit so gut - was indes nicht zu erwarten gewesen wäre, war der Umstand, dass Laura als Support sozusagen eine direkte Konkurrentin eingeladen hatte: Marika Hackman stammt nämlich - trotz des irreführenden Namens - auch aus England und bietet - zumindest solo - Ähnliches wie Laura Marling: Es gab feinsinniges, komplex-filigranes Gitarrenspiel und wortreiche, poetisch angehauchte Lyrics zu durchaus ernsten, ja sogar morbiden Themen, die sie auf ihrer Debut-CD im Titel treffenderweise mit "That Iron Taste" umschreibt. Und noch eine Parallele zur Haupt-Akteurin gab es: "Man hat mir gesagt, dass ich auf der Bühne mehr lächeln soll", erklärte Marika eingangs (und ähnliches hatte Laura auch schon erzählt), "aber angesichts der Themen, die ich besinge, sähe es doch irgendwie bescheuert aus, wenn ich dabei lächeln würde. Das nächste Stück heißt 'Cannibal'." Und in der Tat ging es so auch weiter: Wie Laura auch bevorzugt Marika nämlich Themen, die nicht eben auf der Sonnenseite des Lebens angesiedelt sind. Ganz im Gegenteil: Des Öfteren beschäftigen sie sich - im übertragenen wie im lyrischen Sinne - mit Tod, Verderbnis, Verfall und anderen unangenehmen Begleiterscheinungen dessen, was man gemeinhin als "Leben" bezeichnet. Dass es ihr dabei allerdings gelingt, mit gerade mädchenhafter Unschuld, komplexe, anspruchsvolle und zum Teil wirklich hinreißende Melodien aus ihren kammermusikalischen Kleinkunstwerken hervorzukitzeln (wobei sie übrigens auf angenehme Art an ihre skandinavische Kollegin Anna Ternheim erinnert), unterscheidet sie dann doch von Laura, bei der es immer mehr um den Inhalt, die Zwischentöne, Feinheiten und Nuancen ihrer Kunst zu gehen scheint als etwa um banale Zugänglichkeit.
Das machte sie schon deutlich, indem sie die Show mit dem bemerkenswert unerbittlichen Medley eröffnete, mit dem sie auch ihre letzte CD einläutete. So kamen die Zuhörer - deren andächtige Aufmerksamkeit vorher schon Marika Hackman gelobt hatte - in den Genuss einer circa viertelstündigen, bitterbösen Rumination über die Unmöglichkeit, in emotionalen Dingen tatsächlich die Kontrolle behalten zu können. Dass solcherlei Erkenntnisse nicht einfach zu realisieren sind, demonstriert Laura dabei sozusagen über das freigeistige, improvisatorisch angehauchte und durchaus auch virtuose Gitarrenspiel, das live und ohne Zutaten noch stärker an die indische Tradition der Ragas erinnert als auf der CD-Produktion. Weiter ging es mit "Master Hunter" und ähnlichen Songs dieser Kategorie - wobei sie gerne auch ältere Tracks wie "I Speak Because I Can" und sogar "Alas I Cannot Swim" (das sie mit 17 geschrieben hatte, wie sie erklärte) in das Programm einstreute - während sie das letzte Album, "Creature", bis aufs "Sophia" komplett aussparte. Das war insofern einleuchtend, als dass es die Entwicklung Lauras als Songwriterin deutlich machte, die von Anfang an weg vom geradlinigen Storytelling hin zu transzendenten, philosophischen Kontemplationen führte.

Fremdkompositionen wie z.B. "Whipping Post" von den Allman-Brothers biegt sie dabei gnadenlos in diese ihre Richtung um. Laura wohnt mittlerweile in den USA (was vielleicht ihre roten Converse-Sneakers erklärte) und kann sich das nun leisten mit einer gewissen Wehmut und Verklärtheit auf ihre englische Heimat zu blicken, was sie denn mit dem Publikum zusammen tat. Ansonsten gab es keine weitergehenden oder gar vertiefenden Erläuterungen zu Songs. Dafür spielte sie aber ein neues, noch namenloses Stück (das übrigens durchaus wieder mit melodischen Elementen flirtete). "Also ich finde das ja immer nervig, wenn jemand bei Konzerten neue Stücke spielte", meinte sie keck hierzu. Überhaupt erschien sie für ihre Verhältnisse gut aufgelegt und kommunikativ aufgelegt zu sein - schmunzelte über diverse Klingeltöne während des Konzertes, scherzte mit Ihrer degradierten Zweit-Gitarre (nachdem gleich beim ersten Tuning eine Saite ihrer Haupt-Gitarre gerissen war), ließ Leute, die fotografierten, eben nicht rauswerfen obwohl sie sich selbiges eigentlich verbeten hatte, radebrach ein wenig auf Deutsch und amüsierte sich darüber, dass Marika Heckman in Berlin in einen Haufen Hundekacke getreten war. Eine Zugabe gab es freilich trotz allem nicht - denn an die glaubt Laura Marling schlicht nicht. Insgesamt erlebte das Kölner Publikum so aber das größtmögliche Maß an Zugänglichkeit einer Künstlerin, die ansonsten sehr um die absolute Kontrolle ihres Tuns bemüht ist.

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www.lauramarling.com
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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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