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"Retirement sucks" - die Kur im Kursaal

Camel

Limbourg, Le Kursaal
24.10.2013

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Camel
Es war die Erfüllung von für unerfüllbar gehaltener Wünsche, dass Camel wirklich wieder aktiv und sogar auf Europa-Tournee sind! Denn bereits vor 20 Jahren war Mastermind Andy Latimer an der Blutkrankheit Polycythaemia vera erkrankt, die später noch eine Knochenmarkfibrose nach sich gezogen hat. Es sah so aus, als hätte die britische Progrock-Institution mit ihrer "Farewell"-Tour 2003 tatsächlich das letzte Wort gesprochen. Umso erfreulicher, dass es "Ten Years Later" dem für sein melodisch singendes Gitarrenspiel berühmten Andy L. wieder gut genug geht, um dieses Jahr eine kleine Europa-Tour zu spielen. Für nächstes Jahr sind Camel übrigens bereits als Headliner des Burg Herzberg-Festivals bestätigt.
Gespielt wurde in der Besetzung Latimer (guit, flte, voc), Colin Bass (bss, vocals), Denis Clement (drms, bss), Guy LeBlanc (key) und Jason Hart (key). Die Tour war ihrem 2002 verstorbenen Keyboarder/Sänger Peter Bardens gewidmet und stellte das dritte Album der Band "The Snow Goose" in den Mittelpunkt. "Le Kursaal" im belgischen Limbourg entpuppte sich übrigens als ein architektonisch ansprechend mit Empore gestalteter, dem Anlass entsprechend komplett bestuhlter (und heute ausverkaufter) älterer Saal mit vorzüglicher Akustik, dessen klarer, nie störender Hall an manche Kirchen erinnert.

Das von Francis Geron (Spirit of 66) betreute Konzert begann fast pünktlich - dennoch glaubte man eingangs zur Abwechslung mal dem Publikum so etwas wie Nervosität anzumerken: Wie gezeichnet würde Mastermind Latimer von der Krankheit sein? Würden Camel an frühere Triumphe anknüpfen können, oder würde man starke Abstriche machen müssen? Zumal ja neben Andy von der Besetzung ihrer 70er Jahre Hochzeit nur noch Collin Bass dabei war... Soviel vorab: Das Wüstenschiff hat keinerlei Krankheits-Bonus nötig - in dieser Form spielt es die allermeisten (Retro-)Progrock-Formationen an die Wand.

Set 1 brachte wie angekündigt sämtliche 16 Teile des "Snow Goose"-Epos', wobei statt des Originals eine aktuell leicht überarbeitete Fassung zu Gehör gebracht wurde, die auch als Studioalbum angeboten wird. Die Unterschiede waren für große Fans merklich, aber noch verkraftbar und gehen vermutlich primär auf die neuen Keyboarder zurück. Ein wenig schade war, dass die Scat-Parts auf "Migration" (als einzige Gesangsbeiträge des Instrumentalbums) unhörbar waren. Ein weiterer Unterschied zum kultisch verehrten Original: Während auf dem alten Vinyl die Teile ineinander fließen, unterbrach hier jeweils ein in Anbetracht des Publikums-Durchschnittsalters donnernder Applaus die Einzelteile.

Zum Maestro selber: Wo andere nicht annähernd so berühmte Gitarristen mindestens drei übermannshohe Full Stacks, meterweise Auslegeware an Effektgeräten zu ihren Füßen und vor allem natürlich pro Solo eine vom Roadie anzureichende Spezialgitarre benötigen, reicht der Legende Andy ein relativ abgerockt aussehender Vox AC 30, eine feuerrote Fender Stratocaster, eine Sunburst Les Paul (ab "Rhayader Alone") sowie eine Martin-Akustikgitarre. Und natürlich seine Querflöte, mit der er trotz aller Schlichtheit der Weisen eine märchenhafte und häufig im besten Sinne "ländliche" Atmosphäre hervorzurufen versteht. Beim Solieren bewegt sich der ganze Mensch: Beim Saitenziehen zieht der Mann auch beide Schultern hoch, bei seinem unnachahmlichen Fingertremolo verzieht sich das ganze gute alte Gesicht des sympathischen Virtuosen. Wenn Colin viel singt und/oder Akustikgitarre spielt, wechselt Schlagzeuger Dennis an Colins Instrument und spielt eindrucksvoll Bass. Ansonsten sind Guys Hammond- und Synth-Soli lobend hervorzuheben.

Set 2 begann mit einer Akustikversion von "Never Let Go". Nach dem von Colin Bass gesungenen "Song Within A Song" wandte sich Andy, der zuvor nur stumm und sichtlich gerührt den nicht enden wollenden Applaus in Empfang genommen und nach Set 1 auf die Pause verwiesen hatte, nun erstmals ans Publikum: "It's great to be here! [Denkpause] At my age it is great to be anywhere." Weitere Höhepunkte des Programms: "Wait", das dank Colin wieder sehr angenehm nach english countryside klingende "Fox Hill" sowie die wundervollen 20 Minuten der Hymne auf, so Latimer, "making the most of one's life": "For Today".

Als Zugabe gab es die durch standing ovations erklatschte "Lady Fantasy". Einziger Kritikpunkt an einem fast zu Tränen rührenden Ausnahmekonzert: Mit "Ice" glänzte das vielleicht schönste show piece Latimers durch Abwesenheit.

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Surfempfehlung:
www.camelproductions.com/tourhtml/tour2013sotab.html
www.setlist.fm/setlist/camel/2013/le-kursaal-limbourg-belgium-73c7669d.html
www.facebook.com/camel.latimer
open.spotify.com/album/0aPZToELVxPY5dUDWFCl4S
de.wikipedia.org/wiki/Camel_(Band)
en.wikipedia.org/wiki/The_Snow_Goose_(album)
www.latimerish.com/p/guitarras.html
www.burgherzberg-festival.de
reisepartner01.jimdo.com
www.pink-camel.de
Text: -Klaus Reckert-
Foto: -Klaus Bornemann-


 
 

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