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Konzert-Bericht
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Pophymnen!
Astra Kid
Virginia Jetzt!/ The Electric Club
Essen, Grend 03.11.2001
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"Neue deutsche Klänge" heißt die Reihe, in der im Essener Grend seit Jahren deutsche Bands, die es (noch) nicht auf die Titelblätter der Musikpresse geschafft haben, ihre wohlverdiente Chance bekommen. An diesem kalten Novemberabend hätte man den Titel ohne Probleme erweitern können zu: "Ganz ausgezeichnete neue deutsche Klänge". Denn auch wenn die Sportfreunde Stiller, Miles, Reamonn oder Slut in gleicher Lokalität mehr Publikum mobilisieren konnten, rein qualitativ spielten alle drei Bands an diesem Abend auf jeden Fall in der gleichen Liga.
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Denn beispielsweise war "Hello Hello" vom Würzburger Electric Club gleich zu Beginn so erschreckend gut, daß sich so mancher Besucher im Grend bereits fragte, wie denn bitte schön die zwei anderen Bands das Ganze noch toppen wollten. Zwischen den Songs gab es witzige Geschichten über Michael Jacksons Nase und Limp Bizkit, die nur noch mehr unterstrichen, daß die Franken alles mitbringen, was zu einer Klasseband dazugehört. Hatten sie mit ihrem ersten, selbstveröffentlichten Tonträger "World From Here" (dessen Titelstück jetzt via Supermodern/Indigo noch einmal runderneuert erscheint) noch Vergleiche zu Readymade inspiriert, klangen sie live jetzt etwas entspannter und präsentierten sich als perfekte Mischung aus dem Power-Pop der Posies und den britischen Einflüssen von Paul Weller und The Jam - und damit dürften sie sich wohl als die beste Band der Welt qualifizieren.
Wenn, ja wenn ihnen diesen Titel nicht Virginia Jetzt! streitig machten, die anschließend zwar weniger rockten, aber trotzdem mit ihrem Crash-Pop, netten (deutschen) Texten und einigen krassen Ansagen (die parallel in Essen spielenden 4LYN und die Emil Bulls bekamen für ihre Musik, ihr Auftreten und ihre Frisuren ganz schön eins übergebraten...) das Publikum schnell auf ihrer Seite hatten. Vor allem, weil sie sich auf der Bühne als liebenswerte Chaoten präsentierten, sich kaum auf eine Setlist einigen konnten, ihren Songs Titel geben wie "Love Nightliner" (übrigens wohl das Highlight der gesamten Veranstaltung) und trotzdem jederzeit charmant rüberkamen.
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Daß auch Astra Kid aus Datteln alles andere als Durchschnitt sind, sollte sich inzwischen herumgesprochen haben und nicht nur deshalb, weil die Jungs allesamt beim Lookalike-Contest für millionenschwere Rockstars bzw. Filmschauspieler durchgehen würden. Auf der Bühne war das natürlich nebensächlich, da war es schon wichtiger, daß Astra Kid Power haben für zwei und The Electric Club und Virginia Jetzt! eigentlich heilfroh sein sollten, daß sie an diesem Abend zuerst spielen durften, sonst hätten Astra Kid sie in dem Fall gleich mit ihrer Single "Heute ist ein schlimmer Tag" (ein schlimmer Ohrwurm übrigens) gleich erst einmal gehörig an die Wand gerockt. Die Riffs irgendwo zwischen Sonic Youth, Hüsker Dü und den Lemonheads waren genauso mitreißend und dreckig wie der Gesang, die Texte kommen mitten aus dem Leben, und auch im Umgang mit dem Publikum wissen Astra Kid ähnlich zu überzeugen wie ihre Tour-Kollegen.
Fazit? Ein schönes Package, das die kleine, aber feine Potsdamer Touragentur Amadis da zusammengezimmert hat, mit drei Bands, die erst am Anfang ihrer Karrieren stehen, aber trotzdem schon Großartiges leisten. Der Musikstandort Deutschland scheint nicht (mehr) gefährdet zu sein! Applaus, Applaus, Applaus!
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Text: -Carsten Wohlfeld- Fotos: -Pressefreigaben-
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