NACHGEHAKT BEI: NO SINNER
Mit ihrem just veröffentlichten Album-Erstling "Boo Hoo Hoo" haben No Sinner in ihrer kanadischen Heimat schon einigen Staub aufgewirbelt, jetzt schickt sich die Band um die seit Kindertagen auch als Schauspielerin aktive Colleen Rennison an, auch in Europa für Furore zu sorgen. Für die Frontfrau wird damit ein Traum wahr, denn auf der Bühne zu stehen und zu singen, war schon immer das Ziel der 26-Jährigen. Gaesteliste.de traf sie in Bochum.
GL.de: Colleen, wenn du für einen Film auf der Bühne stehst, geht es um Perfektion für die Ewigkeit, bei Live-Musik geht es um das Erleben des Moments. Fällt dir das Umschalten manchmal schwer?
Colleen: Nein, es sind allerdings in der Tat zwei grundverschiedene Ansätze. An einem Film-Set arbeitest du tagtäglich mit den gleichen Menschen, und nach einer Weile wird daraus gewissermaßen eine große Familie. Als Band bist du eine kleine Einheit, die jeden Abend auf Fremde trifft, bei denen man nie wissen kann, was sie von dir halten. Das Leben auf Tour beinhaltet viele Mysterien und viel Ungewissheit. Wenn du einen Film machst, dann magst du ihn am Ende oder nicht. Bei der Musik gibst du, wenn es deine eigenen Songs, deine Texte sind, viel mehr von dir preis. Es ist viel persönlicher.
GL.de: Ist das eine Herausforderung für dich?
Colleen: Manchmal! Ich bin ein sehr offener Mensch und mir fällt es schwer, etwas für mich zu behalten. Vermutlich werde ich im Laufe der Zeit lernen, dass es in Interviews bisweilen besser ist, die Klappe zu halten, aber die Songs des Albums sind so ehrlich, wie sie nur sein können.
GL.de: Die Musikindustrie liegt bekanntlich am Boden. Kann man mit der Schauspielerei eigentlich noch Geld verdienen?
Colleen: Aber sicher. Der Vorteil ist vor allem, dass das Geld dort nicht durch so viele Hände fließt. Du bekommst einen Tagessatz und außerdem Überstunden bezahlt, und abgesehen davon, dass dein Agent einen Anteil einstreicht, gehört die Kohle dir. Außerdem gibt es auch da Tantiemen. Ich bekomme immer noch Geld für Filme, die ich als Kind gedreht habe. Bei der Musik sieht es auf unserem Level anders aus: Wir haben zum Beispiel einen Song, "Love Is A Madness", bei "CSI: NY" untergebracht und das wurde gut bezahlt, aber nachdem unser Manager, unser Verleger, der Produzent, der Mann vom Mastering und, und, und ihren Anteil davon abbekommen hatten, blieb nicht mehr viel übrig. Das Geld versickert einfach, bevor es bei dir ankommt. Natürlich kann man auch als Musiker Karriere machen und einen Haufen Kohle verdienen, aber im Moment ist mir noch nicht ganz klar, wie das funktionieren soll...
GL.de: No Sinner zeichnet eine interessante Mischung aus Erfahrung und Unschuld aus. Euer Schlagzeuger Ian Browne (40) hat zum Beispiel als Drummer der Matthew Good Band und als Mitarbeiter des Konzertriesen Live Nation schon alle Höhen und Tiefen des Musikbusiness miterlebt, euer Gitarrist Eric Campbell (21) ist nicht nur jung, sondern auch ein völlig unbeschriebenes Blatt, und du selbst bist irgendwo in der Mitte...
Colleen: Das stimmt. Das war allerdings bislang nie ein Thema für uns, denn Ian ist im Herzen jung geblieben und Eric hat eine alte Seele. Ich bin nur froh, dass Eric vor unserem ersten Gastspiel in New York 21 geworden ist, er hatte kaum eine Woche vorher Geburtstag! Abgesehen davon beweisen wir, dass das Alter nicht mehr als eine Zahl ist. Davon abgesehen gefällt es mir sehr, dass wir Leute in der Band haben, die zum ersten Mal in Europa auf Tour sind und alles mit einer Mischung aus Naivität und Aufregung wahrnehmen, während Ian und Parker (Bossley, Ex-Hot Hot Heat) das alles schon kennen und so Bodenhaftung und Erfahrung einbringen. Das ist eine tolle Kombination.
GL.de: Nicht nur das Alter, auch zeitgenössische Musik scheint bei euch keine große Rolle zu spielen! Heißt das, du hast das Gefühl, dass der modernen Musik etwas fehlt?
Colleen: Ich fühle mich ehrlich gesagt von der Masse an neuen Veröffentlichungen etwas erschlagen. Früher wurde die Szene viel stärker kontrolliert. Früher musste man ja eine Menge Stufen erklimmen, bevor man überhaupt eine Platte veröffentlichen durfte. Vermutlich ist die Tatsache, dass alte Musik auf gewisse Weise viel exklusiver war, der Grund dafür, dass sie besser ist. Früher musste man einfach etwas Besonderes sein oder haben, um überhaupt auf der Bildfläche zu erscheinen. Heute ist das anders. Ich möchte nicht sagen, dass ich die heutige Musik nicht mag, aber es gibt Songs, die am Tag, an dem sie geschrieben wurden, genauso gut waren wie 100 Jahre später. Das ist die Art von Musik, die wir mögen und die wir machen wollen.