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Orange Blossom Special 18 - 2. Teil

Beverungen, Glitterhouse-Garten
07.06.2014

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OBS 18
Der zweite Tag begann dann so, wie der erste geendet hatte: Mit einer skandinavischen Band - was beim OBS ja bekanntlicherweise Tradition hat (obwohl die 18. Ausgabe mit Beiträgen aus Deutschland, Dänemark, Schweden, Österreich, Schweiz, Kanada, USA, Holland, England, Bolivien und Irland besonders international besetzt schien). Traditionell war denn auch das, was Anders Bay Estrup mit seinem dänischen Quintett Dangers Of The Sea hier fabrizierte. Der Tageszeit angemessen gab es nämlich relaxtes Retro-Folkpop-Songwriting, bei dem besonders die Affinität der Herren aus dem Umfeld der ansonsten eher eklektisch agierenden Indie-Acts Sabyia und Efterklang für CSNY-mäßigen Harmoniegesang und Byrds inspirierte Gitarrenarbeit ins Ohr fiel. Immerhin wurde dies mit soviel Charme dargeboten, dass der fade Nachgeschmack des Epigonentums gar nicht erst aufkommen wollte.
Was die fachbegriffähnlichen Fremdworteinsätze betrifft: An diesem Tag schien es so, dass man die Musik der Acts am besten so beschreiben sollte. So meinte z.B. Rembert, dass der nächste Act, das Genfer Retro-Rock'n'Roll, Soulpop- und Beat-Quartett The Animen ihre druckvoll-knackigen Rausschmeißer mit einer gewissen "Emphase" darzubieten verstünden. Dem war auch so und die Herren machten mit ihren schnieken Anzügen auch optisch was her - obwohl man als Zuhörer das Prinzip spätestens nach dem dritten Song begriffen hatte.

Die Höchste Eisenbahn ist eine deutsche Indie-Supergroup mit Mitgliedern von Acts wie Tele, Kid Kopphausen, Der Hund Marie bzw. Tomte - und insofern OBS-Veteranenmaterial. Musikalisch muss man sich das Ganze so vorstellen wie eine paritätische Schnittstelle zwischen den angesprochenen Acts - mit dem zusätzlichen Bonus der nicht enden wollenden Kalauerei, die damit begann, dass Rembert meinte, dass es ja höchste Eisenbahn sei, dass die Band hier mal auftrete und noch nicht damit endete, dass Franceso Wilking seine songerklärenden Geschichten aus der Schulzeit damit abschloss, dass er einen Song über einen kleinen Jungen, der hinfiel und immer wieder aufstehen wolle, dem gefallenen Fußballer Marco Reus widmete.

Die nächsten beiden Acts kamen aus den Niederlanden - können aber unterschiedlicher kaum sein: Mozes And The Firstborn sind eine junge Powerpop-Band mit einer gewissen abrasiven (Achtung: Fremdwort-Fachbegriff) Qualität und (laut Rembert) einem guten Sinn für Selbstironie, der sich vielleicht darin äußert, dass die Herren ihre Version des Retro-Rock mit lustiger AC DC-Attitüde und etwas zu groß angelegten Gesten ausstatten.

Mister & Mississippi, die zuvor schon ihre Akustik-Session für den Rockpalast absolviert hatten, erfüllten zwei Aufgaben: Zum einen boten sie Kost für die Freunde gesitteterer Songwriting-Klänge und zum anderen retteten sie - dank Maxime Barlag - die Veranstaltung davor, zu einem reinen Herrenabend (bzw. -Tag) ausarten zu lassen, weil Rembert beim Buchen wieder mal nicht zur Damenwahl angetreten war. Das Quartett, das sich an der Herman Brood-Akademie musikalisch zusammengefunden hatte, hat sich mit dem gepflegten Folkpop, der sich durch eine geschickten Mischung aus konventionellen Americana-Anteilen und spacigen Prog-Rock-Elementen auszeichnet, unter Songwriting Freunden durchaus schon eine gewisse Reputation erspielt. Der merkwürdige Bühnenaufbau und die Eigenart, insbesondere Maximes sich mit geschlossenen Augen hinter Haaren und Hut versteckend beim Vortrag des Öfteren auch gerne vom Publikum abzuwenden, sorgte dann im Folgenden nicht eben für intime Volksnähe sorgte für eine gewisse Distanz. Der Umstand, dass sich die Musiker gleich darauf ins Catering-Zelt verzogen und bis zum Schluss auch dort verweilten, erweckte auch nicht den Eindruck, dass hier ausgesprochen heißblütige Musikfans am Werke waren - obwohl es rein musikalisch eigentlich gar nichts auszusetzen gab.

Zwischenzeitlich gab es vor dem Eingang des Geländes einen Impromptu-Auftritt der jovialen Goho Hobos, die mit ihren griffigen Interpretationen gängiger Genre-Klassiker (wie z.B. Hanks "Lost Highway") in abenteuerlichen Folk-Punk-Settings mit Megafon, Schnürsenkel-Drums und Bouzouki eigentlich erst für den kommenden Tag vorgesehen waren, dennoch aber die zufällig anwesende Laufkundschaft auf sympathische Art in ihren Bann ziehen konnte.

Auf der Hauptbühne folgte derweil ein Auftritt der Indie-Ikone Naked Lunch aus der Alpenrepublik Österreich. Die leicht angegrauten Herren erwiesen sich als wahre Monolithe des Artrock, die ohne Kompromisse ihre nicht immer leicht verständliche Mixtur aus Art-, Prog-, Kraut- und New Wave-Rock geradezu zelebrierten. Das war dann auch der Act, der an diesem Tag am stärksten aus dem Rahmen fiel und vielleicht aufgrund der zur Schau getragenen Geradlinigkeit ohne erkennbar versöhnliche selbstironische Elemente rein geschmacklich am stärksten polarisierte. Entweder man verstand das - oder eben nicht. Schönhören ist unter solchen Umständen ja schwierig.

Zu den neuen Fans des Quartetts gehörte dann aber der folgende Act, The Builders & The Butchers aus den USA, die von dem Auftritt der Österreicher direkt angetan waren. Die Band aus Portland muss man sich wie eine in die Jahre gekommene Folkpunk-Powerpop-Americana Truppe vorstellen, die von dem manisch-intensiven Frontmann Ryan Sollee angetrieben wird (der eine beängstigende Ähnlichkeit mit dem deutschen Schauspieler Gert Fröbe aufwies), der auch keine Mühe hatte, das Publikum mitzureißen und für partymäßige Tanzeinlagen und Gesangsbeiträge zu begeistern. Folkpunk-Powerpop-Americana machen ja so einige Acts - das interessante bei den Builders & Butchers ist die Art, wie sie das angehen: Weitestgehend mit akustischer Gitarre und Mandoline - dafür aber mit zwei Drummern und knuddeligem Rockbass. Und dann hatten die Herren begeisternd viele musikalische Rausschmeißer und eine Coverversion von "I Put A Spell On You" im Gepäck. Respekt.

Den Abschluss des Tages bildete das Glitterhouse Urgestein David Eugene Edwards mit seiner neuesten Inkarnation des Wovenhand Projektes. Mein Gott, waren das noch Zeiten als 16 Horsepower zum ersten Mal beim OBS auftraten - im prallen Sonnenschein (weil es danach zu Rock am Ring ging). An sowas ist heute natürlich nicht mehr zu denken. Edwards neue Auslegung der Rockpredigt ist in jeder Beziehung so rabenschwarz, dass nicht ganz deutlich wird, ob er mit seinen Litaneien den Teufel austreiben oder anlocken wird. Der spirituelle Charakter seines Vortrages, bei der er seinen Vortrag immer wieder mit sakralen Gesten illustriert, lässt dann doch eher zu ersterem tendieren. Musikalisch ist Wovenhand 2014 ein harter Brocken, denn erstens spielt Edwards (zudem stehend) fast nur noch eine krachige Breitwand-Gitarren und seine derzeitigen Musiker sind näher am Hard- und Stoner-Rock dran als manchem Edwards-Fan das lieb sein kann. Immerhin - zumindest am Ende gab es dann doch wieder den alten Edwards, der sich artig beim Publikum bedankte, dieses (und auch das Bühnenpersonal) segnete und sich sogar eine ulkige Besitzstandgeste leistete, bevor er einem nahezu sprachlosen (und nach eigener Aussage begeistert platten) Rembert kurz nach Mitternacht das Schlusswort zum Sonntag überließ.


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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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