Das geht schon mit dem Non-Profit-Ansatz und dem mehr als fairen Eintrittspreis von zehn Euro an und hört mit einem anspruchsvollen Konzept zur Einbindung des Publikums nicht auf, bei dem die Community zunächst via Facebook Voting die Reihenfolge bestimmen darf, in welcher die fünf ersten Bands spielen und dann via Stimmzettel unter diesen einen Gewinner wählt. Für die glücklichen Sieger ist beim nächsten Schalldruck-Festival ein Auftritt zur besten Zeit im Hauptprogramm garantiert.
Die Organisation funktionierte wie ein Schweizer Uhrwerk. Obwohl nur fünf bis maximal zehn Minuten Umbaupause zugestanden waren (angenehm für das Publikum, eine Herausforderung für die Bands), die gerade mal fürs Instrumente-Wuchten und einen Line Check reichen, war der Sound im Feierwerk durchgängig ausgezeichnet und weit über dem Niveau einiger großer, kommerzieller Festivals...
Gallow Sailors ließen sich als wetterfeste Piraten keine Sekunde vom Einheizer-Job einschüchtern und rockten mit wüsten, barfuß ausgeführten Tänzen von u.a. dem Catweazle-Lookalike am Mikrofon, Cristian Peddoni, mit Schifferklaviersounds von Michael Metzlers Umhängekeyboard und mit viel Humor ("Die ersten Lieder waren zu true") erheblich das Haus. Obwohl drei der Galgenvögel singen können, vergewisserte man sich bei "What Shall We Do With The Drunken Sailor" noch zusätzlich der Dienste eines Gast-Growlers aus dem Publikum, der das in ihn gesetzte Vertrauen auch rechtfertigte. Weitere Highlights des Repertoires: "Kalinka" und "Eine Insel mit zwei Bergen" in Punkpower-Version.
Mit Egoist aus Weilheim in Oberbayern erschien nun einer der Höhepunkte des Festivals, auf deren Progressive Death Metal sich unser ganzes kleines Grüppchen aus Schreiberlingen, Fotografen und Musikern spontan einigen konnte. Das große Vorbild Death ist zwar unüberhörbar, das eigene Material - beispielsweise "Cross Of Desparation" (?) oder der Anti-Monsanto-Song "Genotoxic" - wird aber so virtuos und intensiv dargeboten, dass der Einfluss kaum jemand gestört haben dürfte. Enttäuschend war hier neben dem im Mix untergegangenen Bass nur die geringere Zuschauerzahl - die Freibeuter von Band Nr. 1 hatten ihre erkleckliche Entourage kurzzeitig abgezogen, gingen wenig später sympathischer weise wieder vor der Bühne vor Anker.
Die Lokalmatadore Jenny Hooker und ihr von QOTSA angetörnter "Heavy shit ass Rock 'n Roll" oder kurz "Hooker Rock" gefiel ebenfalls vielfach. Bei Tracks wie "Caffeine Kids" kam unter anderem der dreckig verzerrte Music Man-Bass von "E. Hooker" gut rüber, für andere war die Band aber nur "Clutch für Arme".
Ebenfalls aus München stammt zumindest die zweite Reinkarnation von Liquid Meat - die erste wurde nämlich in Los Angeles formiert. Die Band konnte auf dem HSB ihr via Crowdfunding finanziertes Debütalbum "In Meat We Trust" vorstellen. Das ist übrigens vom Vater Reinhold (Musicland Studios) des Sänger/Gitarristen/Komponisten Freddie Mack produziert worden, der bereits mit Black Sabbath, Led Zeppelin, den Stones oder Queen gearbeitet hat. Songs wie das einleitende "Liquid Meat Anthem", "Smoke 'Em" (funky), "Double Standard Blues" (sic, aber mit growligem Gesang) oder "Guilty As Charged" wirkten so authentisch wie ruppig. Die niedliche, blumengeschmückte Schlagzeugerin des Trios, Manu Holmer, bot einen interessanten Kontrast zu der gewollt räudig daherkommenden Musik.
Mit Rising Spirit sorgte nun eine echte Nachwuchsband für Uneinigkeit: Die einzige Formation, der keiner von uns etwas abgewinnen konnte, gewann mit ihrer Mischung aus Hard und Alternative Rock den Contest und Hauptprogramms-Auftritt beim nächsten Festival, was allerdings natürlich erst später - nach der Auszählung - verkündet wurde.
Ende des vorgeschalteten Contest, Beginn des Hauptprogramms mit leicht verlängerten Spielzeiten für die Bands, also auch für Sequester und ihren "Bajuwarentod". Nach einem noch leicht doomigen Intro machte die Altöttinger Combo mit u.a. "Open Wide" oder "Death To False Metal" deutlich, wie old school Death Metal ihrer Meinung nach zu klingen hat: Schnörkellos und unbarmherzig. Die Papp-Aufsteller mit Blut- und Eingeweide-Motivik untermalten dies - je nach Empfinden - effektiv oder geschmacklos. Die Truppe um Gitarrist/Sänger Brösl schien von Stück zu Stück gelöster zu agieren.