Eröffnet wird der Auftritt in Köln von Johna, genauer gesagt von der Hälfte von Johna, denn Sängerin und Gitarristin Nadine Kramer steht an diesem Abend ohne ihren Pianisten Kolja Pfeiffer auf der Bühne. Anders als bei Rachel liegt das Hauptaugenmerk bei Johna auf poppiger Eingängigkeit, was in Köln ein kurzer Schlenker zu Robbie Williams' "(S)He's The One" überdeutlich unterstreicht. Man könnte auch sagen, dass Johna an Jewel näher dran ist als an Joni Mitchell, und womöglich ist das der Grund dafür, dass das Connaisseur-Publikum für den gefälligen, aber nur selten zwingenden Akustik-Pop der Kölnerin nicht mehr als höflichen Applaus spendet.
"Hello everyone, wie geht's euch?", begrüßt Rachel Sermanni anschließend ihr Publikum, um ganz allein mit einem neuen, treffend "Begin" betitelten Stück in ihr Set einzusteigen. Danach bittet sie ihre Pianistin Jen auf die Bühne, die den Rest des Abends Rachels Songs oft kaum wahrnehmbar akzentuiert und sich so wunderbar unaufdringlich als ideale Begleiterin für Rachel entpuppt. So wird schon bei den ersten Stücken klar, was für eine großartige Performerin die Schottin ist. Auf ihren mit großer Band eingespielten Platten deutet sie ihre stimmliche Wandelbarkeit bereits an, aber live in kleiner Besetzung spielt sie - wie auch auf ihrem aktuellen Konzertmitschnitt "Live In Dawson City" - gekonnt mit den dynamischen Möglichkeiten ihrer Stimme, füllt mal den ganzen Raum aus und braucht an anderer Stelle kaum mehr als ein Flüstern. Das gilt vor allem für die stillen Momente des rund einstündigen Auftritts wie "Marshmellow Unicorn", denen das Publikum andächtig und ergriffen lauscht.
Obwohl wenn es kein Vertun gibt, dass Songs wie "Sleep" klassischen Folk-Mustern folgen, und sie bei "Lay-Oh" sogar zur Mandoline greift, macht Rachel viel mehr, als nur alte Genre-Traditionen hochzuhalten. Mühelos lässt sie Einflüsse aus Jazz, Blues und sogar Pop in ihre Songs einfließen, die - etwa bei "The Fox" - zumindest musikalisch für geradezu heitere Kontrapunkte zu all der Tiefgründigkeit sorgen. Bei der Zugabe lädt sie dann das Publikum zum Mitmachen ein, um gemeinsam "Mother Oak" (Refrain: "Won't you come out drinking with me?") vom Edinburgher Folk-Shooting-Star Adam Holmes zu singen, und verabschiedet sich mit einem Werk aus der Feder des schottischen Nationaldichters Robert Burns.