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Texas in Köln

Wild Child
Hungerhoff & The Wild Roots

Köln, Artheater
30.10.2014

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Wild Child
"Woher kennt ihr denn bloß diese Songs?", fragte Wild Child-Frontfrau Kelsey Wilson verwundert das begeisterte Publikum im Kölner Artheater, als auf die Frage, ob jemand einen Musikwunsch habe, der ältere Track "Someone Else" gewünscht wurde. Die Frage war berechtigt, denn erstens war die Weird-Folk-Band aus Austin, Texas, noch nie in Deutschland unterwegs gewesen, zweitens war deren Debüt-Album "Pillow Talk" zwar in den USA immens erfolgreich eingeschlagen - aber bei unter "ferner liefen" abgehandelt worden und drittens ist die aktuelle CD des Sextetts, "The Runaround", bei uns noch gar nicht erschienen. Aber wie das heutzutage so ist: Die Fans suchen sich ihre Favoriten zunehmend auf anderen Wegen, als den traditionell etablierten. Beispielweise im Web, wo diverse Wild Child-Songs kursieren.
"Wir haben jetzt zwar keine CDs dabei, ihr findet uns aber überall im Web", erklärte Kelsey zu dem Thema, "Twitter, Facebook, YouTube, YouPorn oder auch My Space." Nun: So richtig ernst ist ja bei Wild Child sowieso nichts wirklich. Mal abgesehen davon, dass Kelsey und ihr Partner Alexander Beggins tolle Folkpop-Songs schreiben und diese dann von der Band mit Inbrunst und Begeisterung durchaus ernsthaft präsentiert werden - was hier aber nicht gemeint ist -, geht es ansonsten bei Wild Child hoch her. Dieses Konzertdebüt der Texaner in der Domstadt war jedenfalls eine einzige, hippiemäßige Tanzparty.

So richtig tiefgründig wurde es eigentlich nur, als der Support-Act, die Berliner Hungerhoff & The Wild Roots (studienbedingt auf ein Kernduo eingedampft), ihre klassischen Folksongs im komprimierten Bluegrass-Setting mit Akustik-Gitarre und Mandoline darboten. Dabei haben Herr Hungerhoff & Co. die amerikanische Musikhistorie durchaus mit Gewinn studiert. Jedenfalls kann der Zuhörer obskure Traditional-Treatments, seltene Cover-Versionen und eigenes Material nicht auseinanderhalten. Was anderenorts vielleicht als Kritik verstanden werden könnte, ist bei diesem Genre durchaus ein Lob - denn es ist schließlich für Ausländer gar nicht so einfach, sich glaubwürdig in die US-amerikanische Folk-Seele hineinzuversetzen. Freilich bedeutet das auch - da Hungerhoff das alles so perfekt hinbekommen -, dass da am Ende nicht viel eigene Identität zwischen den wieselflink bespielten Saiten hängen bleibt. Denn das ist dann die "Kehrsaite" der Medaille: Schließlich gibt es hunderte von Acts wie Hungerhoff & The Wild Roots, die ähnliche Musik ähnlich gut machen.

Was man von Wild Child nicht gerade sagen kann - zumindest, wenn man die amerikanische Sichtweise betrachtet. Denn während es in Europa Acts wie z.B. Keston Cobblers Club mit einem ähnlichen Ansatz und einer ähnlichen Inspirationsquelle durchaus häufiger gibt, ist das für eine US-Band - zumal einer aus Austin, der Hochburg des Roots-Rock-Sounds - mit einem solchen Programm durchaus ungewöhnlich… was dann wieder den Erfolg von Wild Child in den USA erklären könnte. Auf der aktuellen Scheibe, "The Runaround", haben Wild Child ihren Stil bereits weiterentwickelt - und zwar weg vom Ragtime- und Vaudeville-Minimalismus, wie er in den älteren Tracks noch durchklingt, hin zu einer poppigen, immens vielseitigen Melange, die insbesondere auf der Bühne ihre ansteckende Wirkung entfaltet. Obwohl auch Wild Child das Publikum zuweilen bitten, mitzusingen und mitzumachen, wäre das in dem Fall fast schon überflüssig, denn da bleibt kein Tanzbein trocken. Dafür, dass insbesondere Kelsey zuvor keinerlei Erfahrungen als Sängerin hatte und die Band erst mit "The Runaround" zu ihrem jetzigen Set-Up gefunden hat, klingt die Sache bemerkenswert routiniert und rund. Insbesondere die Hinzunahme von Keyboarder Evan Magers als direkten Gegenpart zu Cellistin Saidie Wolfe stellte sich dabei als Glücksfall heraus, denn zusammen mit der Ukulele Beggins und dem gelegentlichen Geigen-Einsatz von Kelsey Wilson ergibt sich so ein immens reichhaltiges und kurzweiliges Klangbild. In den besten Momenten - etwa mit dem als Single ausgekoppelten "Crazy Bird" - entstehen so perfekte, old-school Pop-Songs mit leichtem (aber keineswegs angestrebtem) Retro-Touch.

Die - im übrigen bemerkenswert jugendlichen und überwiegend weiblichen - Fans feierten Wild Child jedenfalls auf eine Weise, die Kelsey zu der Aussage verleitete, dass dieses für die Band das beste Konzert ihrer Europa-Tour gewesen sei. Wenn überhaupt, dann könnte man der Band bestenfalls den Vorwurf machen, dass die Setlist mit ihren 20 Stücken doch ein wenig zu exorbitant ausgefallen war, denn so viel Energie und Lebensfreude, wie da von der Bühne strömte, will auch erst mal verarbeitet werden.

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Surfempfehlung:
www.wildchildsounds.com
www.facebook.com/wildchildsounds
hungerhoffandthewildroots.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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