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Ungezogen

Sophie Auster

Berlin, Kantine Berghain
27.11.2015

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Sophie Auster
Es ist ja gar nicht so einfach, ohne eine physische CD-Veröffentlichung und ohne konventionelle Promotion die potentiellen Fans zu erreichen. Und so fand sich dann am 27.11.15 am Ende von Sophie Austers unglaublich komplizierter, kombinierter Publicity- und Konzert-Tour durch Europa beim einzigen Auftritt auf deutschem Boden ein faszinierender Mix von Leuten ein, die entweder Sophie bereits - wenn auch nicht unbedingt persönlich - kannten oder die durch "klingt wie"-Vermerke im Web auf sie aufmerksam geworden waren oder die beim besten Willen nicht erklären konnten, wie genau sie denn zu der Show in der letztlich gut gefüllten Berliner Kantine am Berghain gefunden hatten. Hierzu gehörte u.a. auch Wim Wenders mit seinem Gefolge - was aber erklärlich ist, denn der bekanntlich musikbegeisterte Regisseur ist der Familie Auster schon lange in Freundschaft verbunden. Sophie erklärte, dass sie ihn bereits von Kindesbeinen an kenne und Wenders meinte, dass er während des Konzertes mit Sophies Mutter Siri Hustvedt gemailt habe.
Musik gab es freilich auch: Sophie war mit einer international besetzten Band unterwegs (zu der auch zwei Berliner Musiker gehörten, mit denen sie bis kurz vor der Show das Material geprobt hatte) und stellte hauptsächlich die Songs ihrer aktuellen Nicht-CD "Dogs & Men" vor. ("Nicht-CD" deswegen, weil diese offiziell nur als Digital-Release erschienen ist.) Abgerundet wurde das Programm durch die Tracks der vorangegangenen EP "Red Weather", mit der Sophie nach einer Selbstfindungsphase von mehreren Jahren ihre Rückkehr ins Musik-Business entschieden demonstriert hatte (und deren letzte Vinyl-Exemplare nach der Show feilgeboten wurden). Und letztlich gab es noch einige Bonbons in Form der Dusty Springfield-Coverversion "Breakfast In Bed" und dreier neuer Songs, die bislang noch nicht eingespielt worden sind: "Mary Janes" - ein Song über eine bestimmte Leder-Schuhsorte, die Sophie als Kind gemocht hatte, "Heart Throb", ein Stück über "all diese gutaussehenden Männer, die aber nicht besonders schlau sind" (wie Sophie mit einem diabolischen Grinsen erläuterte) und "Rising Sun", eine jazzige Folk-Ballade, zu der Sophie selbst zu einer akustischen Gitarre griff und die sie musikalisch von einer Seite zeigte, die sie ansonsten eher weniger bemüht.
Allerdings gibt es bei Sophie Auster stilistisch sowieso keine festen Regeln. Sie präsentiert sich sozusagen als musikalisches Chamäleon und pflügt souverän durch Versatzstücke aus Rock, klassischem Pop, Jazz, Blues, Soul und allem, was sich sonst nicht wehrt und irgendwie passt. Zusammengehalten wird das alles durch ihren faszinierend intensiven Gesang mit jeder Menge Sustain, mittels dessen sie sich auch mühelos gegen eine Rockband behaupten kann. (Zumindest wenn der Sound stimmt, wie an diesem Abend - bei einem Showcase in New York im Sommer gab es hier nämlich Probleme.) Dabei überraschte sie an diesem Abend insbesondere all jene, die sie noch nicht live gesehen haben, mit ihrer beeindruckenden Bühnenpräsenz. Immerhin ist Sophie Auster im richtigen Leben ein eher zierliches Persönchen mit einer unscheinbaren Sprechstimme. Auf der Bühne verwandelt sie sich indes auf magische Weise in eine souveräne Drama-Queen mit einer Mordsstimme (die indes ohne irgendwelche Manierismen wie etwa "röhren" oder "vibrieren" oder anderer Vokalakrobatik auskommt), mittels derer sie auf höchst emotionale Weise ihr Material durchdringt. Irgendwelche Zweifel an der Glaubwürdigkeit kommen so erst gar nicht auf - auch wenn Sophie das Ganze gerne mit einem gewissen Augenzwinkern präsentiert und auch mit ironischen Anspielungen nicht spart. Sie selbst meint sogar, dass sie sich selbst gar nicht so ernst nähme.

Ihre Performance freilich schon, denn Sophie ist eine ziemlich coole, geborene Rampensau, der es sichtlich Spaß macht und Lebensinhalt zu sein scheint, auf der Bühne zu stehen. Auch die Zuschauer spüren deutlich, dass hier jemand steht, dem das Performen zur zweiten Natur geworden ist. Sophie hat jedenfalls keine Mühe, das Publikum an sich zu binden, singt etwa normalerweise konsequent mit geöffneten Augen und bietet keinerlei erkennbare Unsicherheiten. Dass sie dabei auch noch blendend aussieht, spielt dabei eine untergeordnete Rolle, denn sie ist bei all dem eher so eine Vertreterin vom Typ Pferdediebin. Dank der vielseitig agierenden Band gelang so eine Performance, wie sie intensiver und perfekter kaum denkbar gewesen wäre. Insbesondere nutzten Sophie und ihre Musiker das Format, um viele der Songs livetechnisch ordentlich aufzubohren. Dabei kam zu Gute, dass Sophies Gitarrist, Jake Owen, einen gewissen Rockabilly-Twang ins Geschehen einzubringen wusste - auch wenn er zusätzlich alle tonalen Finessen, die die Performance erforderte souverän meisterte. Viele von Sophies Songs, wie auch "Bad Manners", das man sich bis zum Schluss aufhob, handeln vom "ungezogen sein", wie Sophie erklärte. Das passte auch ganz gut zum Tenor der Show. Nicht, dass Sophie Auster direkt ungezogen wirkt, wie sie da über die Bühne hüpft - aber eine gewisse spitzbübische (bzw. in dem Fall spitzmädische) Attitüde macht sich da im Allgemeinen schon bemerkbar.

Nach der Show stand Sophie den Fans so lange zur Verfügung, bis auch wirklich jeder, der das wollte, eine signierte CD erhalten hatte. (Das ist dann der Vorteil, wenn eine ein physisch ansonsten nicht erhältlicher Tonträger dennoch verfügbar ist.) Kurzum: Das war ein sehr schönes Konzerterlebnis, bei dem eigentlich nur schade war, dass es sich um einen Einzelfall handelte. Das nächste Album sollte also wohl besser marketingtechnisch ein wenig konventioneller angegangen werden. Wollen wir nur mal hoffen, dass das bald etwas wird, denn momentan hat Sophie die Aufnahmesessions wieder unterbrochen, um sich neu zu orientieren. Aber das muss ja nicht wieder Jahre dauern, oder?

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Surfempfehlung:
www.sophieaustermusic.com
www.facebook.com/SophieAusterMusic
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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