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Konzert-Bericht
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Ein Song für jeden
Pelzig
Essen, Grend 29.01.2016
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Elf Jahre sind nicht nur im Musikbusiness eine kleine Ewigkeit. Trotzdem ließen Pelzig genau diese Zeit zwischen der Veröffentlichung ihres Albums "Safe In Its Place" und dem vor wenigen Wochen erschienenen Comeback-Album "Medium Cool World" verstreichen. Auf der neuen Platte macht die Schwesterband von Slut das, was sie schon immer am besten konnte: zielsicher den eigenen Ideen und Instinkten zu folgen und sich keine allzu großen Sorgen darum zu machen, wie das fertige Werk anschließend wohl aufgenommen wird. Das brachte dem Quartett aus München und Ingolstadt viel Respekt in den Medien ein, schlug sich aber offensichtlich auch auf die Verkaufszahlen ihrer Konzerte außerhalb der heimischen Gefilde nieder.
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Unbeirrbare Fackelträger des lärmigen 90er-Jahre-Post-Rock oder doch Relikt längst vergangener Zeiten? Das Tourabschlusskonzert von Pelzig im Essener Grend zeigt, dass die Band irgendwie beides ist. Mit Energie und Wucht erinnern Christian Schulmeyer, Rainer Schaller, Rene Arbeithuber und Christian Schaller an diesem Samstagabend daran, was dem Indierock in den letzten Jahren fehlt, allerdings erreichen sie damit nur ein kleines Häufchen längst Konvertierter, die ebenso wie die Musiker dem Renteneintrittsalter näher sind als dem Schulabschluss. Glücklicherweise lässt sich das Quartett davon nicht verunsichern.
"Wir sind Pelzig, und heute Abend haben wir wirklich für fast jeden von euch einen Song dabei", begrüßt Sänger Schulmeyer augenzwinkernd das Publikum, um dann mit den Seinen ein oft herrlich altmodisches, aber genau deshalb doch wieder zeitgemäßes Indierock-Feuerwerk mit bisweilen geradezu apokalyptischen Untertönen abzubrennen. Doch auch wenn die Musik düster gestimmt ist - es bleibt auch noch Platz für Humor: "Gestern hat uns ein Coach in Münster nach ein paar Getränken genau erklärt, wie wir in Essen aufzutreten haben", erklärt Schulmeyer. "Er findet großartig, was wir machen, aber ihm gefiel nicht, dass wir während des Songs den Kanal öffnen, indem wir zu euch hinschauen, uns dann am Ende des Liedes aber alle nach hinten umdrehen. Das werden wir heute nicht tun. Wir werden immer den Kanal offen haben." Jetzt richten Pelzig nicht nur musikalisch, sondern auch Bühnenshow-technisch den Blick stets nach vorn!
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Das unterstreicht auch ein Blick auf die Setlist. Für alte Lieder bleibt kaum Raum, die Konzentration liegt klar auf dem neuen Album. Doch Pelzig können sich das leisten - einer der wenigen Vorteile einer langen Karriere ohne kommerzielle Hits. Genau dieser Umstand erklärt wohl auch, warum an diesem Abend all diejenigen zu Hause geblieben sind, die sonst bei Pelzigs Seelenverwandten The Notwist, Mogwai, Editors oder Placebo für volle Hallen sorgen. Anders als Slut sind die vier Bajuwaren nicht nur einfallsreich und intensiv, sondern eben auch kantig und anachronistisch. So erreicht man Kultstatus, aber eben keine Bekanntheit. Die vier Herren wirken an diesem Abend allerdings so, als sei ihnen das auch ganz recht.
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Surfempfehlung:
www.pelzig.net
www.facebook.com/pelzigmusic
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Text: -Carsten Wohlfeld- Foto: -Carsten Wohlfeld-
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