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Konzert-Bericht
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Der König der Runterbringer
Troy von Balthazar
Düsseldorf, Kassette 17.05.2016
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Mit seiner Band Chokebore hob Troy von Balthazar in den 90ern mit lautem Donnern das Genre Sadcore aus der Taufe: Mies gelaunte Musik für eine gelangweilte Jugend, die damals nicht nur Tocotronic-Fans begeisterte. Als Solist widmet sich der seit Langem in Europa heimische Amerikaner asketischen Lo-Fi-Popsongs mit Haken und Ösen, die immer noch "sadder than sad" sind. Da ist es nur folgerichtig, dass er zuletzt in Frankreich gemeinsam mit Jason Lytle (Grandaddy) und Ken Stringfellow (The Posies) Elliott Smiths letztes Album zu Lebzeiten, "Figure 8", samt Orchester auf die Bühne brachte. Mitte Mai stellte der König aller Runterbringer sein unlängst erschienenes feines neues Album "Knights Of Something" mit einem ganz ausgezeichneten Auftritt in der Düsseldorfer Kassette vor.
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Troy von Balthazar ist ein Meister des Understatements. Mehr als eine Stromgitarre und jede Menge Effektgeräte braucht er zumeist nicht, um kunstvoll eine Brücke von Kargheit zu Elektrizität zu schlagen. Zwischen seinen Meisterwerken der schlechten Laune allerdings bietet der charismatische Singer/Songwriter feinstes Entertainment mit Ironie, Sarkasmus und Raum für viel Gelächter. "Wollt ihr ein fröhliches Lied hören?", ruft er seinem Publikum in Düsseldorf zu, nur um das begeisterte "Ja!" mit einem breiten Grinsen sofort wieder abzuschmettern: "Sorry, da seid ihr hier auf der völlig falschen Veranstaltung." Die Zuschauer scheinbar einzubinden und dann doch das zu machen, was er will, ist ein Kunstgriff, den er gleich mehrfach anwendet. Als sich auf seine Frage hin zwei Menschen im Publikum spezielle Chokebore-Songs wünschen, erwidert er nur lässig: "Den ersten hab ich nicht drauf und von dem anderen habe ich noch nie gehört!" Stattdessen spielt er lieber "A Taste For Bitters" - solo, auf der Akustikgitarre, ohne Mikro: ein intensiver Gänsehautmoment. Dann baut er sich in bester Bodybuilder-Doppelbizeps-Pose auf, in der einen Hand ein raschelndes Etwas, in der anderen einen Mini-Ghettoblaser mit traurigen Klavierklängen vom Band, und singt "The Tigers" aus seinem 2010er-Album "How To Live On Nothing", "ein Lied über Alkoholkonsum, eins der besten Dinge aller Zeiten", wie er selbst sagt. Es ist der Gipfel der Spleenigkeit, aber auch ein Bild, das die meisten Zuschauer vermutlich so schnell nicht wieder vergessen werden.
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Herrlich schräg sind auch die Ansagen zu den neuen Songs, die er spielt. Über "Surfer" sagt der geborene Hawaiianer: "Das Lied handelt von einem Surfer - glaube ich zumindest!", und vor "Astrid" gesteht er: "Ich hab mich an dem Lied schon einige Mal versucht, aber ich hab es immer gegen die Wand gefahren!" Auch dieses Mal funktionieren Loop und Solo nicht hundertprozentig, deshalb verspricht Troy danach: "Wenn ich nach Hause komme, setze ich mich hin und übe! Zwei bis drei Stunden jeden Tag, wie jeder kleine Junge das tun sollte!" Als "Entschädigung" spielt er Leonard Cohens "Who By Fire", und es ist kein Wunder, dass ihn die begeisterten Zuschauer selbst nach zwei Zugaben ("Valentine" von Chokebore und das versöhnliche "Wings") noch nicht von der kleinen Bühne lassen wollen. Für Troy kein Problem. "Ich kann 650 Songs spielen", verrät er lachend. "Wir können die ganze Nacht hier sein - und morgen den ganzen Tag!" Allein die Curfew verhindert das.
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Text: -Carsten Wohlfeld- Fotos: -Carsten Wohlfeld-
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