Gleich drei Alben veröffentlichte Tom Liwa dieses Jahr. Zunächst das Solo-Akustik-Werk "Stäfa/CH" in der Return-To-Sender-Reihe, das angenehm entspannt und fast zufällig poppig geriet, dann das seltsame Konzeptalbum "Evolution Blues", und dann gab es noch ein Punkrock-Album mit seiner Tourband Tom Liwa No Existe. Konzerte gab's dazu auch bereits reichlich, doch nachdem er Anfang des Jahres in bester Laune und mit Coverversionen zwischen Ronan Keating und Pink Floyd das perfekte Pendant zu "Stäfa/CH" auch auf der Bühne abgeliefert hatte und sein Verständnis von Punk analog zur Platte auch mit No Existe live umgesetzt hatte, schuldete er uns noch den "bizarren" Auftritt passend zu "Evolution Blues". In Düsseldorf war es dann so weit, obwohl oder gerade weil Liwa kaum Stücke von fraglichem Album spielte.
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Die Wollmütze fast während der gesamten Show bis zur Nasenspitze ins Gesicht gezogen und bewaffnet mit drei Akustik-Klampfen verschiedenen Alters und Zustands hatte das zweistündige Konzert im Zakk etwas von "offener Probe" - allerdings im positiven Sinne. Liwa hatte den Abend zur hit-freien Zone erklärt und Songs à la "Liane", "Linke Spur/Rechte Spur" oder "Funky Sexy" kurzerhand komplett aus dem Programm gekegelt. Fast schien es, als habe er sich gesagt: "Heute spiel ich mal nicht meine bekannten, sondern nur meine guten Stücke", denn das Fehlen der bekannten Kracher sorgte dafür, daß genau die Stücke zu neuer Geltung kamen, die sonst oft fast ein bißchen untergehen. "Konfuzius und der Wolf" oder "Gelogen" beispielsweise gehörten an diesem Abend ebenso zu den unerwarteten Highlights wie das willkommene Caetano-Veloso-Cover "Maria Bethania" oder das nun erstmals solo gespielte "Leb gefährlich Arthur". Garniert wurde das Sammelsurium von obskuren Höhepunkten durch Liwas betont legere Ansagen zu allen möglichen Themen wie Blumenverkäuferinnen im Gothic-Look ("Ich hab nie mit ihr geredet, außer vielleicht mal: 'Danke. Noch zwei davon!'"), seinem unlängst gefeierten runden Geburtstag ("Endlich 30!") oder seiner seltsamen Kopfbedeckung ("Ich gebe euch mein Herz, aber nicht mein Gesicht"). Und dazu paßte es dann auch, daß er nach einer herzergreifend schönen Version von "Red nicht von Straßen" - einem weiteren oft vergessenen Liwa-Klassiker - dem Publikum todernst sagte: "Ich erklär euch mal kurz den Ablauf bei den Zugaben, damit nachher niemand Angst haben muß, er hätte etwas verpaßt." Und Zugaben gab es reichlich, dabei sogar einen kleinen Ausblick auf die kommende Liwa-Platte (ja, noch eine!), die als Gemeinschaftswerk mit seinem Protegé Florian Glässing im März erscheinen wird. Es steht fest, daß die Platte ähnlich charmant-seltsam zu werden verspricht wie dieser vorweihnachtliche Auftritt, der gleichzeitig aber auch bestätigte, daß Liwa bei seinem Publikum, egal in welcher Stimmung, gut ankommt. Kein Wunder, denn irgendwie scheinen wir letztendlich doch alle Enten vom gleichen Teich zu sein.
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