Über zwei Tage verteilt lud das Festival-Gelände die Besucher mit verschiedenen Attraktionen dazu ein, sich die Zeit zu vertreiben. Im General Store konnte ausgiebig gebummelt und geschlemmt werden, in der Wheels Area hingegen boten die ausgestellten Motorräder den größten Blickfang und im Motodrom liefen die Maschinen dann auch schon mal heiß, wenn sie auf der ältesten Steilwand entlang sausten, die noch auf Reisen geht. Wem danach noch nicht schwindelig vom Zusehen war, der schaute bei der Rollin' Eyes Motorcycle Culture Photography Show vorbei.
Auch wenn das Wetter am ersten Tag noch nicht ganz auf Sommer umstellen wollte, die Besucher störte es scheinbar keineswegs, auch einmal kurzzeitig im Regen zu stehen. Da wurden die Tropfen auf der Lederjacke eiskalt ignoriert und weitergetanzt. Wie z.B. bei Band Of Skulls, deren Show zwar ohne wirkliche Höhepunkte blieb, aber vom Sympathiefaktor der Band und deren Spielfreude lebte, die sich durch ihr Set zogen. Das Trio aus dem englischen Southhampton bot dafür einen ersten Vorgeschmack auf ein Wochenende samt lauten Gitarren, die sowohl draussen auf der Main Stage sowie im Inneren des Clubs für Furore sorgen sollten.
Ein wenig eingängiger und weniger kantig präsentierten sich dagegen die Schweden von Mando Diao, die mit dem Einsetzen des Regens die Bühne erklimmten und zum Auftakt Fakeln in den Abendhimmel streckten. Das persönliche Hitzeempfinden der Band dürfte auch danach zumindest bei Sänger Björn Dixgård hoch gewesen sein, da er innerhalb kürzester Zeit das Hend ablegte und es vorzog, ohne die wärmende Baumwolle am Leib über die Bühne zu tanzen und dabei das Publikum zu animieren, das zunächst ein wenig Starthilfe nötig hatte. Das kurze Akustik-Set blieb eher ohne große Reaktion, aber spätestens bei alten Bekannten wie "Gloria" kamen die Fans etwas in Gang.
Wer noch Bock auf Live Punkrock-Karaoke hatte, der blieb noch ein Weilchen länger, alle anderen gönnten ihren Ohren und Stimmbändern ein wenig Ruhe bis am Samstagnachmittag erneut die Motoren aufheulten und die Gitarren in die Verstärker gestöpselt wurden. Bei dem mittlerweile Wahl-Berliner und Musik-Urgestein Tricky wirkte das Publikum noch sehr verhalten, was allerdings an der ungünstigen Zeit des Auftritts lag. Tricky bei Tageslicht und vor einer noch überschaubaren Menge an Zuschauern entzieht der Musik einiges ihrer Stärke. Da half es auch nicht, dass Tricky sich alle zwei Sekunden leidenschaftlich das Shirt hochzog und den Blick auf seinen trainierten Oberkörper freigab.
Die Newcomer von Otherkin aus Dublin rüttelten einen da im Anschluss fast auf Knopfdruck wach und nahmen ebenfalls am inoffiziellen Oben-ohne-Wettbewerb der Bands teil. Bei so viel entladener Energie auf der Bühne dauerte es nicht allzu lange, bis ihnen der Schweiß über das Gesicht lief und die Gesichter der Band ein paar Nuancen roter wirkten.
Das unbestritten größte Highlight des Festivals ereignete sich am Samstag Abend als sich Noel Gallagher's High Flying Birds die Ehre gaben und wärmstens empfangen wurden. Während sich die Sonne über dem Abendhimmel immer tiefer neigte, spielte sich die Band rund um ihren gut gelaunten Frontmann und ehemaligen Oasis-Kopf von Song zu Song durch ein stimmig-schönes Set, bei dem es nicht lange dauerte, bis die Leute sich glückselig in den Armen lagen. Halb belustigt, halb argwöhnisch kommentierte Noel das eigene Auftreten im Rahmen des Motorrad-Events und kürte das Festival mit einem zwinkernden Auge zum ungewöhnlichsten Ort, an dem die Band jemals gespielt hat.
Ob nun aus Noel Gallagher irgendwann noch einmal ein Motorrad-Fan wird oder nicht, er ließ es sich musikalisch nicht nehmen auch unter diesen für ihn gewöhnungsbedürftigen Umständen eine erwartungsgemäß sehr gute Show zu spielen, die neben seinem Solo-Material natürlich nicht ohne die gewissen Oasis-Klassiker wie "The Masterplan", "Wonderwall" oder "Don't Look Back In Anger" auskam.
Frank Carter & The Rattlesnakes versetzten daraufhin den Postbahnhof in helle Aufruhr, indem sie ein Circle Pit der Extraklasse anzettelten. Jeder, der sich noch nicht genug verausgabt hatte, konnte darin um sein Leben sprinten und sich kurze Zeit später wieder davon erholen, als Carter die Fans bat, einen Song lang auf dem Boden kniend zu verbringen. Generell wurde allerdings auch bei dieser Show nicht gerade mit schweißtreibenden Momenten gespart.