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Konzert-Bericht
 
Liebe, Tod, Brexit und Zeitmaschinen

Gemma Ray
Kinbom + Kessner

Köln, King Georg
01.10.2016

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Gemma Ray
Wer bislang vielleicht der Meinung gewesen sein mochte, dass es in den Songs von Gemma Ray immer nur um Science-Fiction-Helden, Pulp-Themen, mystische Seinszustände oder Traumgebilde geht, der wurde beim Konzert im Kölner King Georg eines besseren belehrt, denn hier zeigte sich Gemma ungewohnt redselig und berichtete, dass sich ihre Songs auch um so banale Themen wie Herkunft, Zukunftsaussichten oder politische Gegebenheiten (wie z.B. den Brexit) bzw. damit zusammenhängende Gemütsregungen drehen. Auch wenn natürlich immer noch Zeitmaschinen und parallele Dimensionen eine gewisse Rolle spielen. Nicht, dass das in Bezug auf die Entschlüsselung der zuweilen kryptischen Lyrics weitergeholfen hätte - aber es zeigte dann doch, dass auch eine Künstlerin wie Gemma Ray - bei aller Affinität zu einer Präsentation, die nach wie vor etwas größer (und dramatischer) als das Leben zu sein scheint, dann doch wieder mit beiden Füßen auf dem Boden steht.
Ähnlich war das auch bei dem Support Act, einem Duo bestehend aus Gemmas Tourgitarristen, dem Schweden Fredrik Kinbom und der Musiklyrikerin Sonja Kessner. Hier ging es um Lieder von Liebe und Krieg (so der Titel des gemeinsam aufgelegten Albums), die dann im reduzierten Duo-Format und zuweilen recht jazzig vorgetragen wurden. Allerdings wurden diese Konstrukte dann inhaltlich von einer fast beneidenswerten Hippie-Naivität und von einer merkwürdig gestelzten Performance getragen, die dazu führte, dass man als Zuhörer am Ende noch sehr viel weniger wusste, was uns die Künstler eigentlich sagen wollten, als dies z.B. bei den Science-Fiction-Lyrics von Gemma Ray der Fall war - obwohl die Songs auf Deutsch dahergereimt wurden.
Gemma selbst war mit Band im King Georg aufgeschlagen (neben Gitarrist Kinbom gab es noch einen Drummer) und machte auch auf dieser Tour wieder ausgiebigen Gebrauch von ihrer Effektgeräte-Sammlung. Wer ein Freund des vergleichsweise druckvollen Vorgängeralbums "Milk For Your Motors" und der sich anschließenden, expressiven Rock'n'Roll-Tour gewesen war, mag vielleicht mit gemischten Gefühlen zur aktuellen Tour gegangen sein, die auf dem weit zurückhaltender inszenierten, aktuellen Album "The Exodus Suite" aufsetzte, auf dem Gemma erkennbar von ihren Arbeiten als Filmkomponistin zehrte und das demzufolge weit weniger lebhaft ausgefallen war als "Milk". Solcherlei Ängste waren dann allerdings eher unbegründet, denn Gemma lieferte mit der Live-Interpretation der neuen Songs nicht mehr oder weniger als eine Art musikalischer Gebrauchsanleitung für das Album. Nicht nur, aber auch, weil sie eben auf den Inhalt der Stücke einging - vor allen Dingen aber, weil der Live-Vortrag dann doch wesentlich konkreter ausfiel, als die zuweilen eher angedeuteten Szenarien auf der Konserve das hätten vermuten lassen. "Um diese Zeit gestern habe ich mir in Luxemburg ein Glas Whisky ins Auge gekippt", meinte Gemma etwa zur Hälfte der kurzweiligen Show, "bis jetzt ist noch nix weiter passiert - wir sind also auf einem guten Weg."

Gemma hat sich im Laufe der Zeit eine interessante Technik zugelegt, mit der sie ihre Effekt-Pedale nach einem ausgeklügelten System bedient und somit interessante klangliche Aspekte herausschält oder Akzente setzt, die der Dynamik des Vortrages durchaus zuträglich sind. Das war nicht immer so: Gerade am Anfang ihrer Laufbahn verzettelte sie sich oft in psychedelischen Improvisationen, die nicht immer zu einem Ziel führten. Heutzutage nutzt sie das Effekt-Universum meisterlich im Sinne eines zusätzlichen Instrumentes. Einen gewissen Anteil am Erfolg dieses Konzeptes hat vielleicht auch ein eigens angefertigter Höllenkasten ("The Gemmarator"), in dem die verschiedenen Effekte in einem Generator zusammengefasst sind, den Gemma mit verschiedenen Schaltern und Pedalen kontrolliert ansteuert. Auch das Küchenmesser - seit jeher Bestandteil des Konzeptes - findet noch Anwendung, allerdings kontrolliert und punktuell. Dem gegenüber stand Hendrik Kinbom seiner Chefin indes kaum nach, nur dass er seine Effekte auf einer Lapsteel-Gitarre auslebte, die er etwa mit einem E-Bow oder einem Malpinsel traktierte, um auch diesem Instrument - in Kombination mit den Effekten - überirdische Sounds zu entlocken (wenn er nicht gerade Bass spielte).

Insgesamt gab es einen coolen Mix aus altem und neuem Material, der eigentlich immer dann am besten funktionierte, wenn sich Gemma einem bestimmten musikalischen Thema widmete - wie z.B. beim Tony Joe White-mäßigen "Swamp Snake" Voodoo-Blues oder indem sie ihren Quasi-Hit "Shake Baby Shake" solo als betont "schüttellose" Torch-Song-Ballade interpretierte. Auch eine Referenz an den kürzlich verstorbenen Alan Vega, mit dem Gemma ja bekanntlich den Song "Motorbike" aufgenommen hatte, durfte nicht fehlen (wobei der Song dann als ordentlich polternder Rock-Titel dargeboten wurde). Insgesamt zeigte Gemma Ray mit dieser Show wieder ein Mal, dass für sie die Live-Performances ein ganz anderes Biest sind als ihre Studioaufnahmen - was dazu führt, dass bei jeder Tour (und natürlich also auch auf dieser) immer neue Gemma-Facetten zum Vorschein kommen. Der Titel eines der neuen Stücke, "There Must Be More Than This", gewinnt in diesem Zusammenhang dann auch eine ganz neue Bedeutung.

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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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