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Jung, wild und nicht aus dieser Zeit

The Mystery Lights

Wuppertal, BürgerBahnhof Vohwinkel
02.03.2017

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Mystery Lights
The Mystery Lights kommen aus Amerika, sie könnten aber genauso gut auch eine britische Beatband sein, die aus ihrem Proberaum in irgendeinem feuchten Keller geflogen ist, weil die Nachbarn den Lärm leid waren. Bei ihrem mitreißenden Auftritt im Wuppertaler BürgerBahnhof wirken die vier von Kalifornien nach New York ausgewanderten Jungspunde nach 30 Tagen Europatournee ohne große Pausen leicht derangiert, doch das passt ganz ausgezeichnet zu ihrem Raw-Power-Sound, in dem Surfbeat-Twang, Rock'n'Roll-Inbrunst, Melodieseligkeit der British Invasion, Psychedelic-Pop-Geschwurbel und Punk-Wucht zu einer verschwitzten, Reverb-getränkten Hommage an das Außenseitertum der 60er-Jahre verschmelzen. Kein Wunder, dass sie mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum auf Wick Records, dem neuen Sublabel von Daptone Records, untergekommen sind. In Sachen Retro-Sound kennt man sich dort bekanntlich aus.
Statt auf Innovationen setzen The Mystery Lights ganz auf Stilsicherheit, Charisma und die unbändige Energie ihrer Auftritte, mit der sie ihren Ruf als wilde, gefährliche Live-Band unterstreichen. Deshalb brauchen sie auch in Wuppertal nur ein, zwei Nummern, bis die Zuschauer vollkommen euphorisiert sind. Denn auch wenn sich Gitarrist LA Solano, Bassist Alex Amini und Drummer Zack Butler mit oft tief ins Gesicht hängenden Haaren vor allem in unnahbarer Coolness üben, nutzt der mit einer herrlich kratzigen Stimme gesegnete Sänger und Gitarrist Mike Brandon den wenigen Platz, der ihm auf der mit einem ganzen Arsenal an Vintage-Instrumenten zugestellten Bühne des BürgerBahnhofs bleibt, für eine gestenreiche Performance und viele beeindruckende Luftsprünge. Wenn er singt, schreit und fleht, scheint es fast so, als hätte er es sich höchstpersönlich zur Aufgabe gemacht, der Welt zu beweisen, dass die rohe Kraft des Rock'n'Roll längst noch nicht tot ist, dass der Geist von The Seeds oder The Standells im Sound seiner Band quicklebendig ist.

Das vermitteln The Mystery Lights auch musikalisch: Simpel, geradeheraus und eigentlich immer zu Ende, bevor es langweilig wird - die Lieder des Quartetts sind fast ohne Ausnahme knackig und kurz, und für Atempausen bleibt zumeist nur Zeit, wenn die Gitarren (darunter - natürlich! - auch eine Vox Phantom) nachgestimmt werden müssen. Midtempo-Stücke wie das feine Liebeslied "Without You" bleiben die Ausnahme. Selbst ihr zugegebenermaßen zunächst etwas gewöhnungsbedürftiges Cover von "Hey Joe" bringen die vier mit einer Rasanz und Dringlichkeit, die die berühmte Version von Jimi Hendrix geradezu gemütlich wirken lässt. Überhaupt haben sämtliche Nummern live deutlich mehr Wumms als die mit viel 60s-Chic produzierten Studioversionen, und so fällt es gar nicht weiter auf, dass mit Kevin Harris der Mann an der Orgel auf dieser Tour fehlt. Nach knapp einer Stunde sind alle Songs gespielt: Die ohrwurmigen Singles "Follow Me Home" und "Too Many Girls" genauso wie das unbestrittene Album-Highlight "What Happens When You Turn The Devil Down" und der Oldie "21 & Counting", doch das Publikum will mehr. "Spielt die B-Seiten!", ruft jemand aus der ersten Reihe, aber Brandon wehrt lässig ab: "Haben wir schon!"

Die Zugabe besteht deshalb ausschließlich aus Coverversionen: Die urwüchsige Rock'n'Roll-Nummer "Mississippi Line" stammt von The Booze, diesen Brüdern im Geiste aus Atlanta, die schon wie The Animals von 1965 klangen, als die Jungs der Mystery Lights noch die Highschool besuchten, und mit "Dead Moon Night" erweisen sie einem ihrer offensichtlichen Einflüsse mit gebührender Brachialität die Ehre. Nur "Looking At You" will nicht so recht zünden - die manische Energie der MC5 bleibt unerreicht. Dann verziehen sich die Musiker zum Merch im Foyer und die Musik aus der Konserve geht an, doch die Wuppertaler wollen einfach nicht nach Hause gehen. Fünf Minuten tobt die kleine, aber feine Meute vor der Bühne, bis die Band nicht anders kann und sich die Instrumente wieder umschnallt. "Mehr haben wir nicht drauf, das ist kein Scherz!", erklärt Brandon, aber davon lassen sich die Mystery Lights natürlich nicht abhalten. Also bringen sie ihrem letzten Sommer neu eingestiegenen Drummer schnell noch zwei lange nicht gespielte alte Heuler bei und jagen etwas wackelig, aber mit einer Extraportion Adrenalin ungeplant noch durch das von den Easybeats einst populär gemachte "Lovin' Machine" und setzen mit "54 /40 Or Fight" von Dead Moon einen herrlich wilden Schlusspunkt und entschweben - so darf man sich zumindest ausmalen - in ihrer Zeitkapsel zum nächsten Gig.

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Surfempfehlung:
mysterylightsband.com
facebook.com/TheMysteryLights
themysterylights.bandcamp.com
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-

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