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Joy Denalane

Köln, E-Werk
26.04.2017

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Joy Denalane
Gerade noch rechtzeitig hat sich Joy Denalane nach mehreren Jahren Veröffentlichungspause dazu durchringen können, ihr neues Album "Gleisdreieck" herauszubringen, um ihre Karriere wieder ans Laufen zu bringen. "Rechtzeitig" deswegen, weil ihr Publikum jetzt langsam in das Alter kommt, in dem man sich aus gesellschaftlichen Gründen von der Musik als eher belangloses Beiwerk abzuwenden hat, um sich "vernünftigeren" Lebensinhalten zuzuwenden. Zum Glück jedoch befanden sich auch einige jüngere Leute zwischen den offensichtlich mitgewachsenen Alt-Fans - was daran liegen mag, dass Joys Genre - der mondäne Soul-Pop mit deutschen Texten, den sie in wesentlichen Teilen dereinst ja durchaus mit erfand - auch bei der jüngeren Generation durchaus Anklang findet - zumal sich Joy selbst, dem anteilig daran enthaltenen (und heutzutage hipperen) HipHop als Fan durchaus aufgeschlossen gegenüber zeigt.
Joy Denalane gehört dabei zu jener Spezies von Künstler(inne)n, die Wert darauf legen, das Publikum in die Show so gut wie möglich einzubeziehen und die sich über die Musik hinaus mitteilen möchten. Und so erzählte sie dann zwischen den einzelnen Tracks die ganze Geschichte, die letztendlich zum "Gleisdreieck" geführt hat. So war sie etwa in den sechs Jahren, die seit der Veröffentlichung ihres letzten Albums "Maureen" vergangen sind, keineswegs untätig gewesen sei, sondern hatte vielmehr ein komplettes Album produziert - das dann aber wieder eingestampft wurde, weil dieses nicht ihren derzeitigen Stand widergespiegelt habe. Das nun vorliegende "Gleisdreieck" ist demzufolge als Bestandsaufnahme zu sehen, auf dem sich Joy Denalane um ihre Herkunft und Position in der Gesellschaft Gedanken macht. Das besungene "Gleisdreieck" ist dabei jene Haltestelle in Berlin, in deren Nähe Joy Denalane und ihre Familie - damals noch im Schatten der Mauer - aufgewachsen ist. Das auch bei der Show in Köln auf die Bühne projizierte Motiv der Gleisdreieck-Kampagne zeigt dabei die entfärbte südafrikanische Flagge, was auf Joys familiäre Wurzeln verweist. Ihre Familie - insbesondere ihr Vater, mit dessen Plattensammlung Joys musikalische Ausbildung begann - war dabei ausschlaggebend für Joys Wunsch, als Musikerin tätig zu werden.
Das zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Leben - und durchaus auch durch die Show: Immer wieder wurden Fotos ihrer Familie - passend zu den jeweiligen Tracks - eingeblendet und immer wieder schilderte sie dabei Familien-Situationen. Zum Beispiel, als sie darauf hinwies, dass die Sache mit der eigenen Familie ja eigentlich bereits vor 17 Jahren angefangen habe, als sie in freudiger Erwartung schwanger zuletzt auf der Kölner Bühne gestanden habe. Kein Wunder, dass dann auch die Songs mit Bezug zur Familie - "Kinderlied", "Vorsichtig sein", "Zuhause" und auch "Soweto" deutlich im Vordergrund standen. Auch über Joys musikalische Vorlieben erfuhr man so einiges: Das neue Album von Kendrick Lamar zum Beispiel fände in der ganzen Familie Anklang - sowohl bei ihrem Gatten Max Herre (der von der Empore aus die Show beobachtete), wie auch bei ihr selbst und den Kindern - erklärte Joy als sie die neuen Tracks "Schlaflos" und "Deshalb" ankündigte, in denen Rap-Passagen enthalten sind. Sie selbst, so Joy, sein immer schon ein großer Rap-Fan gewesen. Da die auf der Scheibe eingebundenen Gast-Rapper nicht vor Ort waren, bemühte sich Joy demzufolge dann selbst die passenden "Verses zu droppen". Das gelang dann mehr echt als recht - was aber gar nichts ausmachte, denn in dem kunterbunten organischen Miteinander der versierten Musiker wäre eine Betonung der HipHop-Elemente eh unnötig gewesen. Dafür gab es andere Referenzen zwischen Soul, Jazz, Pop, African Beats und Rock, die von den Musikern betont integrativ aufgefasst wurden. (Joy selbst betätigte sich mit einem E-Pad, von dem sie Samples abrief, an der musikalischen Ausarbeitung des Abends.) Es gab dann auch noch eine indirekte Referenz an den im letzten Jahr verstorbenen Prince, den Joy sehr verehrt: Der Song "Rot/Schwarz" nämlich, sei eine indirekte Hommage an den kleinen großen Mann - denn obwohl sie es sich nicht anmaßen wolle, sich mit dessen Kompositionen zu messen, sei dieser Song in der Art des Aufbaus und der Akkord-Progressionen durchaus als Hommage an Prince zu verstehen. Dieser Track geriet dann auch gleich zum musikalischen Highlight der ganzen Show - vielleicht auch deswegen, weil hier alle besonders viel Hezblut in die Performance legten.

Irgendwie scheint Joy Denalane mit der jetzigen Situation mehr als zufrieden zu sein, denn obwohl sich auf dem neuen Werk durchaus auch leicht politisch gefärbte Sozialkritik verbirgt (so z.B. dem ihrer Mutter gewidmeten Stück "Zuhause", in dem sie die Frage nach ihrer Herkunft und Zugehörigkeit stellt), steht das Album und stand die Show eher im Zeichen positiver Akzente wie z.B. der lebensbejahenden aktuellen Single "Alles leuchtet", die Joy demzufolge gut gelaunt und fast hyperaktiv im Mittelteil der Show gab. Insgesamt überzeugte Joy Denalane - mit dem Album und auch mit der Show - dadurch, dass sie sich eben nicht mit austauschbaren Worthülsen zufrieden gibt, sondern durchaus etwas zu sagen hat - ohne dabei als Predigerin in Erscheinung treten zu wollen.

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Surfempfehlung:
www.joydenalane.com
www.facebook.com/joydenalane
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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