NACHGEHAKT BEI: Madeline Juno
GL.de: Auch wenn das jetzt sicherlich keine besonders originelle Frage ist: Was hat Madeline Juno bewogen, nach ihrer zweiten LP von englischen Lyrics auf deutsche zu wechseln - und dabei dann auch noch den musikalischen Stil zu reformieren?
Madeline: Ehrlich gesagt, glaube ich, dass ich in aller erster Linie einfach erwachsen geworden bin. Das erste Album ist entstanden in der Zeit, als ich zwischen 15 und 18 war. Damals war ich schwerst melancholisch, "herzgebrochen" und traurig. Alles, was ich damals hörte, war akustische, melancholische Musik - das war das, womit ich mich identifizieren konnte, und das, was ich gemacht habe und was mir gefallen hat. Je älter ich dann wurde, desto mehr habe ich mich dann für sämtliche Musikrichtungen geöffnet. Und so kam es dann, dass ich für das zweite Album "Salvation" erst mal in eine poppige-Richtung gegangen bin und wahnsinnig viel ausprobiert habe und mich dabei wohl und gut gefühlt habe. Ich kann mir das so erklären - denn es ist nichts, was mir aufgezwungen wurde. Ich würde mir auch niemals Stücke schreiben lassen. Es war halt mein eigener Kopf, der eben nicht mehr so funktioniert, wie mit 15 oder 18.
GL.de: Und hat das mit dem Wechsel zur Deutschen Sprache bei "DNA" vielleicht mit dem jungen Publikum, zu tun?
Madeline: Das geht damit einher. Ich finde es jedenfalls schön - und das kann man beobachten -, dass die Menschen viel präsenter sind und an den Worten hängen und wissen, worum es geht - so albern das auch klingen mag. Aber nicht das war der Beweggrund für mich. Ich war eigentlich mein ganzes Leben lang bis dahin immer anti-Deutsch und habe bis heute eigentlich auch nur ganz wenige Musiker, die mir auf Deutsch richtig gut gefallen. Ich dachte auch eine lange Zeit, dass das bei mir nie passieren würde. Ich bin auch nach wie vor der englischen Sprache treu und schreibe auch noch wahnsinnig gern auf Englisch - aber letztes Jahr ist dann dieser Song "Waldbrand" entstanden und da habe ich erst verstanden, dass mir es doch ganz gut gefällt, auf meine Art mit meiner Sprache umzugehen. Es gibt da so eine Tiefe, die es im Englischen doch nicht so sehr gibt. Es ist einfach der Fakt der Muttersprache, denn was ich heute schreibe ist eigentlich alles nicht sehr viel tiefgründiger als früher.
GL.de: Deutsch ist ja vor allen Dingen auch eine genauere Sprache, richtig?
Madeline: Ja genau. Ich habe zwar im Englischen nie nicht das gesagt, was ich sagen wollte, aber im Englischen ist es oft so, dass man für verschiedene Begriffe einfach nur ein Wort hat - und das ist im Deutschen ganz anders. Da gibt es für alles einen genauen Begriff. Im Deutschen gibt es auch Worte, für die im Englischen gar keine Entsprechungen existieren. Deutsch ist eine sehr vielfältige Sprache. Man kann mit Worten und Metaphern spielen, die sehr viel tiefer gehen - und das ist es, was mir gefällt und warum ich das jetzt mache.
GL.de: Und wie passt der Wechsel zum E-Pop zu diesem Schritt? Ist das jetzt auch die bevorzugte Art von Musik?
Madeline: Ja. Ich habe zwar meine alten Lieblingsplatten nicht verworfen und höre immer noch gerne William Fitzsimmons oder Tegan & Sara - wobei die ja auch in eine poppige Richtung gehen. Generell höre ich heute aber schon viel mehr Pop - viel mehr jedenfalls, als ich jugendlich war.
GL.de: Jetzt ist es aber doch so, dass es sich in den Texten immer noch um Beziehungsdramen und Liebesschmerz-Geschichten dreht. Das lässt sich ja nicht ewig fortsetzen, weil man ja nicht gut Beziehungen nur deswegen eingehen kann, um Material für neue Songs zu bekommen.
Madeline: Ja, das wäre ja ganz fatal, wenn man immer nur der Muse wegen Beziehungen einginge. Nein, ich glaube die Songs entstehen einfach, weil etwas Schönes entsteht und dann wieder kaputt geht. Aber es stimmt - es ist sicher irgendwann mal vorbei mit dem Schreiben von Liebesliedern. Ich glaube zwar, dass Liebe nach wie vor das größte Thema überhaupt ist - weil sie die Menschen einfach verbindet oder kaputt macht. Ich glaube aber auch, dass ich in Zukunft noch mehr Songs über große Themen schreiben werde. Noch mehr als auf "DNA", wo es schon einige Songs gibt, die nicht von Liebesbeziehungen handeln, wie z.B. das Stück "Phantomschmerz", das ich über den Tod meines Großvaters geschrieben habe. Und "DNA" handelt davon, die Stärke in sich selbst zu finden. Der Anteil solcher Songs kann sich in Zukunft sicherlich noch steigern.
GL.de: Sind denn die neuen Songs auch auf eine andere Art entstanden, als die älteren?
Madeline: Ja, für mich war das ein neuer Ansatz. Denn die Songs von meinem ersten Album sind alle in meinem Kinder- bzw. Jugendzimmer entstanden - und dann habe ich mich mit Produzenten getroffen und wir haben überlegt, wie man diese umsetzen kann. Beim zweiten Album habe ich mich mit allen möglichen Leuten zusammengesetzt und geschrieben und produziert und das neue Album "DNA", das bin ich alleine, die textet und Olli, der Produzent und das gab es so für mich noch nie.
GL.de: Was zeichnet denn einen guten Song aus?
Madeline: Ich glaube, ein Song, der gut ist, braucht eine Message die bewegt und etwas aussagt und es ist für mich wichtig, wenn ein Song im Ohr bleibt. Wenn der Song vorbei ist und die Menschen dann einen Refrain oder eine Zeile noch im Kopf haben, dann ist das für mich ein gelungener Song; wenn er also bewegt und im Ohr bleibt.