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Konzert-Bericht
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Katzen, Hunde & Apfelbäume
Torpus & The Art Directors
Slow Leaves
Köln, artheater 21.02.2018
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Das Thema des Abends an diesem Abend im Kölner artheater war nun wirklich nicht besonders schwer zu entschlüsseln: Chinesische Winke-Katzen und deutsche Wackeldackel - strategisch auf der Bühne verteilt - steckten den animalischen Claim ab, den Torpus und seine Art Directors schon auf der aktuellen LP "We Both Need To Accept That I Have Changed" durch Songtitel wie "Woof", "I'm A Dog" (der dann auch in Köln gespielt wurde), "Meow" oder "He's A Cat" programmatisch vorgegeben hatten.
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Und was die Apfelbäume betraf: Hier ging es um die Entschlüsselung des Songtitels und Projektnamen des Kanadiers Grant Davidson, der zusammen mit seinem Bassisten Rej Ricard als Slow Leaves das Support-Programm bestritt. Die besagten Slow Leaves stammen dabei von einem sogenannten "Crap"-Apfelbaum, der im Garten Grants steht und dessen Äpfel so sauer sind, dass er nichts anderes damit zu machen weiß, als diese mit seinem Sohn zusammen mittels Hockey-Stöcken in den Nachbargarten zu befördern. Bevor diese Äpfel zu einem Problem werden können, sorgt der Wind indes dazu, die Blätter des Baumes in die Luft zu wirbeln - wodurch das so aussieht, als würden diese davonfliegen, bevor sie dann allerdings langsam zu Boden sinken. Auch wenn damit mal wieder deutlich wird, wie banal zuweilen die Ursprünge philosophisch/poetischer Gedankengänge sein können, machte der Mann aus Winnipeg durch diese Geschichte deutlich, wie er als Songwriter funktioniert: Indem er nämlich banale Dinge, Begebenheiten und Charaktere in einen kreativen poetischen Kontext setzt. Musikalisch gehört Grant - der übrigens so normal aussieht, dass sich auf der Straße niemand nach ihm umdrehen würde und somit alle andere als einen Popstar-Nimbus verbreitet - tendenziell zu den großen Melancholikern unserer Tage. Im Live-Vortrag relativierte sich die Sache allerdings - zum Beispiel durch seine humorigen Ansagen: "Ich muss mal gerade mal meine Gitarre stimmen, weil ich die Sache nämlich ernst nehme", erklärte Grant nämlich, "außerdem war die Gitarre gestimmt, als ich sie gekauft habe. Wenn das jetzt nicht klappt, muss ich sie wohl zurückgeben." Und dann war da noch die überraschend lebhafte und kurzweilige Präsentation des auf der Scheibe tendenziell eher getragenen Materials. Das lag dann daran, dass Grant und Rich die Songs durchaus mit Verve und Schmackes vortrugen - ohne dabei den melancholischen Gehalt grundsätzlich außer Acht zu lassen. Und außerdem hat Grant als einer der Wenigen seiner Zunft erkannt, dass ein Bass - und nicht etwa eine zweite Gitarre oder ein Drumkit - im Duo-Format durchaus Wunder in Bezug auf das dargebotene Soundspektrum bewirken kann. Da fehlte dann tatsächlich nichts - obwohl Grant eben ohne Band auftrat. In ein paar Wochen ist der Mann auch als Headliner unterwegs. Es lohnt sich also, da mal reinzuschnuppern.
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Das neue Album von Sönke Torpus & Co. gehört mit Sicherheit zu den ambitionierteren Unternehmungen der Bandgeschichte. Nachdem man sich auf diesem Werk ziemlich konsequent von den ursprünglichen Folk-Roots gelöst hatte und mutig in Richtung vertrackt strukturierter Power-Pop-Elaborate mit Prog-Affinitäten gegangen war, galt es nun, das Konzept auf der Bühne möglichst nahtlos und konsequent zu implementieren. Wer indes das Quintett kennt, den dürfte kaum überrascht haben, dass das dann auch wie im Drehbuch funktionierte, denn auf der Bühne sucht die Combo schon seit langem nach der Ideallinie zwischen instrumentaler Spielfreude und nachvollziehbaren Song-Strukturen. Tatsächlich gelang es ihnen auf "We Both Need..." das Ganze nun auch um Studio mit dem notwendigen Nachdruck konkret einzufangen. Dass TATAD aber nach wie vor vor allen Dingen und zuallererst eine mitreißende Live-Band sind, zeigte sich auch an diesem Abend wieder. Und das, obwohl die Band ganz andere Prioritäten setzt, als die Zuhörer ggf. denken mögen. "Wir haben die braune Rassel wiedergefunden", freute sich etwa Sönke Torpus, "das ist für euch wahrscheinlich weniger spannend als für uns - aber die Tage zuvor haben wir uns mit Streichholzdosen behelfen müssen, weil die Rassel nicht aufzufinden war." Zugegeben: Rasseln sind nicht ausschlaggebend für das Klangbild von Torpus & The Art Directors (das ist vielmehr der geschickte Einsatz von bis zu drei gleichwertig agierenden Gitarren), aber sowas gehört zu den netten Details, mit denen die Musikanten ihr Treiben stets anzureichern wissen. Seien das irgendwelche Glockenspielchen Ove Thomsens, der Cassettenrecorder, auf dem Drummer Felix Roll eine Rhythmusmaschine einspielte, der unauffällige, aber effektive und notwendige Bass-Wechsel Jenny Apelmos, Feedback-Orgien Melf Petersens, Sönkes martialische Posaunen-Einlagen - oder eben die angesprochenen Rasseln. Da gibt es immer irgendetwas zu bestaunen oder zu beschmunzeln - so auch hier. Dazu gehört durchaus auch die artfremde Cover-Version "Time To Pretend" von MGMT, die TATAD in die eigenen Songs einflechten - oder der vergleichsweise geradlinige Pop der aktuellen Hitsingle "Sleeping Bag" oder die ernsthafte Verve mit der ältere Gassenhauer wie "Jackson" neu aufgefasst werden.
Dass man gerne in die Domstadt komme, erklärte Torpus dem begeisterten Publikum - besonders dieses Mal, weil das artheater erheblich größer sei als das Stereo Wonderland, das die Band bereits auf ihrer ersten Tour ausverkauft hatte - nicht wissend, dass dieses nur ungefähr zehn Zuschauer aufnehmen kann, wenn eine komplette Band dort auftritt. Sei es drum: Wieder ein Mal legten Torpus & Co. eine mitreißende und ziemlich perfekte Show in der Domstadt hin. Lediglich die Setlist mit über 20 Stücken hätte nicht ganz so lang sein müssen - was aber zugegebenermaßen sicher ein Hyper-Luxus-Problem für notorische Nörgler sein mag...
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Surfempfehlung:
www.torpus.de
facebook.com/torpusandtheartdirectors slowleaves.com
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Text: -Ullrich Maurer- Foto: -Ullrich Maurer-
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