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Konzert-Bericht
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Mary Poppins auf dem Trauerberg
Ashley Campbell
Heart Of Oak
Köln, Blue Shell 05.09.2018
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Ashley Campbell ist die jüngste Tochter der vor einem Jahr verstorbenen Country-Legende Glen Campbell. Zuvor hatte sie als Mitglied der Band ihres Vaters bei Touren durch Australien und die USA zwar schon einschlägige Erfahrungen auf der Bühne gesammelt, jedoch markierten die beiden Termine in Berlin und Köln nun ihr Deutschland-Debüt als Headlinerin. Im März dieses Jahres erschien ihre Debüt-LP "The Loneley One", auf der sich Ashley mit einer Art Country-Pop mit einer leicht zuckrigen Note präsentierte - was hauptsächlich auf ihre hohe Gesangsstimme und die polierte Produktion des Materials zurückzuführen war.
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Das sollte man jedoch gleich wieder vergessen, wenn es um die Live-Präsentation geht, denn bei ihrer Show in Köln zeigte Ashley, worum es ihr tatsächlich geht. Hier präsentierte sie sich im abgespeckten Bluegrass-Trio-Format (mit Gitarre, Banjo und Fidel - aber ohne Bass und Mandoline) und spielte neben den eigenen Stücken ihrer LP und einigen Nicht-LP-Titeln (darunter "Remembering", die berührende Hommage an ihren an Alzheimer erkrankten Vater, die sie 2015 als Debüt-Single veröffentlichte) vor allen Dingen brillante Coverversionen anhand derer sie ihre eigene Entwicklung als Musikerin nachvollzog. Diese kam in Gang, als sie auf dem College begann, Banjo zu lernen - das sie im Folgenden zu ihrem Hauptinstrument machte. Auf einer Australien-Tour ihres Vaters bat dieser sie, bei dem Song "Gentle On My Mind" Banjo zu spielen - was im Folgenden nach und nach dazu führte, dass sie zu einem festen Mitglied der Band wurde. Sie erklärte während der Show, dass sie das Banjo wegen des ur-amerikanischen Bezugs zur musikalischen Historie des Landes bevorzuge. Folgerichtig überzeugte Ashley dann nicht nur als souveräne Sängerin und Performerin, sondern - im Zusammenspiel mit ihren beiden Kollegen - auch als versierte Instrumenalistin. Sie meinte auch, aus diesem Grunde Instrumentals besonders zu schätzen und spielte demzufolge auch gleich mehrere - unter anderem den alten Mason Williams-Gassenhauer "Classical Gas", den sie auf wahrlich virtuose Weise zerlegte und als Folk-Nummer wieder zusammenfügte. Gerade indem Ashley die Cover-Versionen vor allen Dingen durch ihr Banjo-Spiel prägte, entwickelten diese ein faszinierendes Eigenleben. Hinzu kam, dass Ashley genau die richtigen Stücke aus den richtigen Gründen spielte, um sich positionieren zu können. Neben "Classical Gas" spielte sie noch "Deep River Blues" von Doc Watson, "Jolene" von Dolly Parton, "Wichita Lineman" von Jimmy Webb und natürlich "Gentle On My Mind" - jenen Song, mit dem ja alles für sie irgendwie begann. In ihren eigenen Songs geht es dabei - fast schon zwangsläufig - um Ashleys Beziehungsgeschichten, wobei sie hierbei für allerlei Seitenhiebe gut ist. Insgesamt kamen die Songs im hier präsentierten Folk-Setting auch zum Glück weniger kitschig rüber, als auf dem Tonträger - auch weil sie durch das folkige Geigenspiel weniger Dur-lastig ausfielen als auf der LP.
Zwischen den einzelnen Nummern ging sie auch immer wieder auf den Vater ein und erzählte Anekdötchen aus dessen Leben - zum Beispiel jene, dass er mal sagte, er sei nur deswegen bei der Wrecking Crew als Session-Musiker genommen worden, weil er wusste, wie man ein Capodastro einsetze. "Mein Gott, meine Taschen sind tiefer als die von Mary Poppins", meinte sie dann, als sie in ihren Hosentaschen nach einem Plektrum kramte, "vier Taschen sind ja auch einfach zu viel." Sich selbst nimmt Ashley offensichtlich weniger ernst als ihre Musik. So flachste bei jeder sich bietenden Gelegenheit herum und flirtete selbstironisch mit dem Umstand, dass ihr natürlich klar ist, dass sie das Songwriting Genre auch nicht erfunden hat. "Ich habe für das nächste Stück über meine Gefühle geschrieben - was ja noch nie ein Songwriter vorher gemacht hat", meinte sie zum Beispiel. Zur Selbstdarstellung gehören auch Tiere auf der Setlist. "Ich male auf jede Setlist ein Tier", meinte sie nach der Show, "für heute war es ein Party-Zebra." Am Ende bot Ashley Campbell eine durchaus überraschende - weil in dieser Form unerwartete - Reise durch jenen Teil der Musikgeschichte, der sie selbst geprägt hat und zeigte sich auf diese Weise somit auch von einer ganz anderen Seite, als jener, die auf der LP präsentiert wird.
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Stimmungsmäßig ziemlich entgegengesetzt agierte hingegen Ashleys Support-Act, Jimmy Broomfield. Jimmy ist ein sympathischer, humorvoller Barde aus New Forest im Herzen Englands, der sein Projekt Heart Of Oak nennt, weil "Heart Of Oak" das Stück einer Eiche ist, das man beim Haus- oder Hüttenbau als Fundament als erstes verbaue. Da Jimmy aus einer Familie des holzverarbeitenden Gewerbes stammt, und als Solo-Künstler bodenständige, melancholische Folksongs zum Besten gibt, macht das natürlich Sinn. Jimmy erklärte, dass er - nachdem er zuvor bei lauten Rockbands gespielt habe - sich in Folge einer deprimierenden Trennungsgeschichte dazu entschieden habe, nun als Solo-Künstler als Sad and Lonely Man aufzuspielen. Sein Ziel ist dabei, zusammen mit dem Publikum den Berg der Trauer zu besteigen. Dazu spielt er dann Stücke, die er in alte und neue Break-Up-Songs unterteilt und schafft es dabei, selbst seinen einzigen Happy-Song am Ende des Sets noch mit einer melancholischen Note zu versehen. Keine Frage: Seine kreative Energie verschwendet Jimmy keinesfalls in den Momenten, in denen er glücklich ist - was freilich für Männerschmerz-Expressionisten wie ihn typisch ist. Nur eben mit dem Unterschied, dass er auf der Bühne dann seltsam fröhlich und unterhaltsam rüberkommt. Stilistisch hingegen hätten seine kontemplativen Moll-Balladen kaum einen größeren Kontrast zum facettenreichen Oeuvre von Ashley und ihren Jungs bilden können.
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Surfempfehlung:
www.ashleycampbellmusic.com
www.facebook.com/ashcambanjo www.facebook.com/heartofoakuk
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Text: -Ullrich Maurer- Foto: -Ullrich Maurer-
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