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Konzert-Bericht
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Pfeif drauf!
Andrew Combs
Charlie Whitten
Mülheim/Ruhr, Raumfahrtzentrum Saarner Kuppe 01.02.2019
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Andrew Combs und Charlie Whitten kommen beide aus Nashville, Tennessee - haben allerdings mit der kommerziellen Country-Szene, die nach wie vor mit dieser Musikmetropole assoziiert wird, nichts am Hut. Was Andrew und Charlie hingegen fasziniert, sind die kreativen Möglichkeiten, die sich insbesondere als Songwriter in Nashville bieten. Über das Fabrizieren gemeinsamer Songs sind sie auch zusammen gekommen und in der Eigenschaft als musikalische Geschichtenerzähler waren sie dann jetzt auch zusammen unterwegs. Das kurzfristig angesetzte Konzert in Mülheim kam zustande, nachdem Charlie Whitten beim letzten Static Roots Festival in Oberhausen aufgetreten war und angefixt von der Begeisterung und der Aufmerksamkeit des Publikums für seine bemerkenswert sanftmütigen und ruhigen Männerschmerzballaden seinen Kumpel Andrew so lange bearbeitet hatte, bis dieser eingewilligt hatte, statt eines freien Tages noch einen Abstecher zum Hauskonzert in Mülheim einzulegen.
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Wes Geistes Kind Charlie Whitten ist, zeigte sich weniger dadurch, dass er scherzhaft damit rumprahlte, dass er sich als ehemaliger Roadie für Whitesnake von technischen Problemen nicht aus der Ruhe bringen ließe, sondern dadurch, dass er bereitwillig den eh schon nicht lauten Verstärker auf Wunsch des Publikums noch leiser drehte - einfach weil er es selbst nicht möge, laut zu spielen. Er mag es auch nicht - wie die klassischen Folkies - Mundharmonika zu spielen, weil er das langweilig findet und hat sich stattdessen originellerweise darauf versteift, wunderhübsch zu pfeifen. Trotz der angenehmen Lautstärke verzichtete Charlie indes nicht darauf, elektrische Gitarre zu spielen - und dafür auch klassische organische Effekte einzusetzen - wie etwa einen Flanger, den selbst die Beatles nicht schöner hinbekommen hätten. Für einen klassischen US-Troubadour singt Charlie Whitten bemerkenswert viel über seine Heimat (wie z.B. in dem neuen Song "Three Horses") - während seine Landsleute ja gemeinhin lieber über das Leben auf der Straße singen. Das passt aber irgendwie zur Bodenständigkeit und der unspektakulären Art, in der er seine Songs mit einer eher unauffällig eingesetzten musikalischen Virtuosität musikalisch erstaunlich abwechslungsreich intoniert. Eher fröhliche Songs wie das selbstironische "Since She's Gone" sind bei Charlie Whitten dann eher selten. Gegen Ende seines Sets bat er dann noch Andrew Combs als Harmonie-Sänger hinzu - was sich dann im Folgenden, bei Andrews Set entsprechend umkehrte.
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Andrew Combs verfolgt einen anderen Ansatz als Charlie Whitten. Seine Songs leben des Öfteren von einem lockeren Folkpop-Flair und während er durchaus auch eher melancholische Motive bevorzugt, ist es vor allen Dingen seine Familie - seine Frau und seine kleine Tochter -, die er heutzutage als Inspirationsquelle und auch als Motivationsquelle für seine Kunst ausmacht. Daneben bietet er noch seltsame Damenportraits wie z.B. "Hazel" oder "Lauralee", in denen er in klassischer Folktradition Elemente aus Mörderballaden-Settings und Hobo-Motive verquickt. Das ist aber alles sanktioniert, denn seine Frau zum Beispiel findet den Song "Hazel", in dem es darum geht, dass sich ein heimlicher Verehrer als Peeping Tom betätigt, sogar besonders gut. Insbesondere beim Andrews Set ergänzten sich Charlie und er selbst in Sachen Harmoniegesang perfekt und Charlies Gitarrenkünste sorgten unter dem Strich auch bei Andrews eher geradlinig angelegten Songs für musikalische Abwechslung. Kurzum: Für Freunde gediegener Männerschmerz-Americana gab es bei dieser Show viele schöne Momente. Und es muss ja auch nicht immer laut sein und rocken um zu bewegen!
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Surfempfehlung:
www.andrewcombsmusic.com
www.facebook.com/andrewcombsmusic hearcharlie.bandcamp.com www.facebook.com/hearcharlie www.youtube.com/watch?v=OI8CpF45Pcg www.youtube.com/watch?v=ZqPuAM3smB8
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Text: -Ullrich Maurer- Foto: -Ullrich Maurer-
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