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Konzert-Bericht
 
Kein Platz für Nostalgie

Neneh Cherry

Köln, Carlswerk Victoria
19.02.2019

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Neneh Cherry
Neneh Cherry ist schon immer mit offenen Augen durchs Leben gegangen. Kein Wunder also, dass die ewig junge 54-jährige Schwedin auf ihrer aktuellen LP-Glanztat die gegenwärtigen "Broken Politics" zwischen Flüchtlingskrise und Waffenexporten in Krisenregionen genauso in den Fokus rückt wie die Stolpersteine in ihrem eigenen Alltag. Musikalisch gibt sie sich dabei ähnlich minimalistisch wie schon auf dem ausgezeichenten Vorgängeralbum "Blank Project" aus dem Jahre 2014. Reduziert und dennoch genau auf den Punkt gebracht sind diese oft betörend schönen Tracks, mit denen Cherry Soul, Electro, Weltmusik, Pop und natürlich Hip-Hop streift und am Ende doch ihren ganz eigenen Weg geht. Genau das tut sie auch bei ihrem brillanten Konzert in Köln Mitte Februar - und doch könnte der Kontrast zu ihrem letzten Abstecher in die Domstadt kaum größer sein.
Als Neneh Cherry vor fünf Jahren in Köln auftrat, füllte sich selbst der winzige Saal des Stadtgartens nur langsam, dieses Mal sogar die ursprünglich vorgesehene Kulturkirche zu klein, sodass das Konzert kurzerhand ins Carlswerk Victoria hochverlegt wurde, eine betont schmucklose alte Industriehalle im Stadtteil Mülheim, in der lediglich die gelben Warnwesten der gefühlt alle zwei Meter postierten Securities für ein wenig Farbe sorgen. Mit rund 1.200 Menschen ist die Halle gut gefüllt, auch wenn schnell klar ist, dass dieses Mal deutlich mehr Zuschauer der guten alten Zeit wegen gekommen sind. Durfte man sich vor fünf Jahren zumindest einbilden, dass das handverlesene Publikum aus echten Musikaficionados bestand, sind es dieses Mal spürbar mehr Ü50-Pärchen, die Ende der 80er Cherrys Videos erst bei "Formel 1" und später bei MTV gesehen haben und nun von den künstlerischen Ambitionen der Protagonistin kalt erwischt werden. Trotz einer tollen Performance will der Funke deshalb nie so recht überspringen.

Anstatt nämlich bequem die unvergessenen Ohrwürmer ihrer immer wieder genresprengenden Weltkarriere zu recyceln, bringt Cherry in Köln lieber ihre neuen Songs auf die Bühne. Bis auf "Slow Release" spielt sie alle Songs ihrer aktuellen Platte und vereint dabei leidenschaftlich musikalische Unberechenbarkeit, bewundernswerte Spontaneität und ein ausgeprägtes politisches Gewissen. Letzteres offenbart sie nicht nur in ihren Texten, sondern auch in ihren Ansagen, etwa wenn sie die Pro-Choice-Demonstrationen in Polen thematisiert, die "Black Monday" inspirierten und dem Song seinen Namen gaben, ohne dass deshalb ihr Sendungsbewusstsein den Spaß am eigenen Tun überschattet. Das zeigen allein ihre herrlich ausgelassenen Tanzeinlagen.

Dank sechs famoser Musiker, die leichtfüßig mit großer Eleganz und bisweilen geradezu jazziger Coolness Laptop-Sounds und organische Klänge von Vibrafon oder gar Harfe zusammenfließen lassen, faszinieren die auf Platte oft düster gefärbten neuen Lieder live mit einem unwiderstehlich temperamentvollen Kribbeln, auch wenn ausgerechnet das absolute Highlight, "Synchronised Devotion", durch soulumspülten Minimalismus glänzt. Für Nostalgie bleibt derweil im knapp einstündigen Mainset kaum Platz. Die wenigen alten Lieder ganz am Ende - "Manchild", "7 Seconds" und ein unnötig ausgewalztes "Buffalo Stance" bleiben die einzigen Rückgriffe auf frühere Großtaten - sind da wirklich nur die Zugabe einer einzigartigen Künstlerin, die auch nach vier Jahrzehnten noch immer unbeirrt nach vorn schaut und sich dabei weder um Konventionen kümmert, noch Rücksicht auf die Erwartungshaltung ihrer Zuschauer nimmt. All das unterstreicht: Das kreative Feuer lodert weiter hell in Neneh Cherry.

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Surfempfehlung:
www.facebook.com/nenehcherryofficial
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
 

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