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Leitmotive

Sophie Hunger
Frank Powers

Düsseldorf, Zakk
18.02.2019

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Sophie Hunger
Frank Powers, wie sich der junge Mann aus Zürich nennt, ist "der neueste" in Sophie Hungers aktueller Band und durfte im ausverkauften Düsseldorfer Zakk den Boden für sie auf dem aktuellen Abschnitt der "Molecules"-Tour mit einigen eigenen Songs und einer abgefahrenen Coverversion von Bowies "Rock'n'Roll Suicide" bereiten. Obwohl der Mann dabei ein Gitarrenpedal von der Größe eines mittleren Fußballfeldes dabei hatte, überraschte er zunächst mit einem knochentrockenen Gitarrensound, der so spröde rüberkam, dass Powers fast auf der Bühne zerbröselt wäre.
Seine Songs schienen dabei durchaus nicht unambitioniert, funktionierten aber in der hakeligen, verstiegenen und übermäßig impulsiven Art, in der er diese vortrug, nicht so recht zum Anheizen irgendwelcher Stimmungen. Hatte er deswegen "Ohjeminee" auf seine akustische Gitarre geschrieben? Auch, als er zur elektrischen Gitarre griff, änderte sich das nicht grundsätzlich - auch wenn sein linkischer schweizer Humor durchaus für sich sprach. "Mein Vater stammt aus Angola und da habe ich gelernt wie man Kokosnüsse aufschlägt", kündigte er zum Beispiel seinen Song "Coconuts" an, "ich habe aber festgestellt, dass das besser geht, wenn man dabei schreit - und das ist dann auch die Inspiration für diesen Song."
Sophie Hunger ließ dann zunächst mal nur ihre Musik für sich sprechen, als sie nach einer kurzen Umbaupause die Bühne betrat und präsentierte mit "Opened A Bar" und "The Actress" einige Tracks ihrer neuen LP "Molecules". Damit wäre ja auch zu rechnen gewesen - der Teufel lag hierbei allerdings im Detail. Denn im Herbst letzten Jahres hatte Sophie ja bereits im Rahmen ihrer "Festival Tour" (drei Konzerte in einer Stadt in unterschiedlich großen bzw. kleinen Clubs an drei aufeinanderfolgenden Tagen) das neue Album präsentiert. Hier hatte sie das elektronische Konzept, das sie für "Molecules" entwickelt hatte, in den Vordergrund gestellt. Wer Sophie indes kennt, der weiß ja, wie schnell sie sich langweilt, und deswegen war es dann fast folgerichtig, dass sie sich für die neue Tour schon wieder etwas neues überlegt hatte. Nicht nur, dass sie ihre Band erneut umbesetzt hatte (etwa mit der Hinzunahme von Frank Powers als Gitarristen) - sie spielte auch selbst wieder häufiger Gitarre - auch elektrische - und hatte die Arrangements erneut aufgebohrt und auf phantasievolle Art zuweilen regelrecht auf den Kopf gestellt. Es gab - sowohl bei den "Molecules"-Tracks, wie auch bei den üblichen Klassikern vom Stile "Supermoon" - wiederum viele interessante Überraschungen, die sich vor allen Dingen daraus ergaben, dass die Bandmitglieder mit ihrem Mix aus organischen und elektronischen Elementen stärker eingebunden wurden. Und dann gab es noch eine Überraschung. Nachdem Sophie "Supermoon" gegeben hatte, wandte sie sich endlich an das Publikum, erklärte, dass dies der erste Abend seit langem sei, an dem sie nicht mehr erkältet sei (obwohl es lustiger sei, zu spielen, wenn man erkältet ist, da das immer so etwas existenzialistisches habe). Dann erwähnte sie fast schüchtern und en passant, dass man auch einige neue Stücke spielen wolle - also nicht solche von der neuen Scheibe, sondern welche, die sie erst vor wenigen Tagen geschrieben habe. "Das erste neue Stück heißt 'Halluzination', denn das ist eines der Leitthemen in meinem Leben", erklärte sie. Das zweite neue Stück - eine Rache-Ballade namens "Rote Beete aus Arsen" - war dann emotional so mitnehmend, dass sie das Stück abbrechen musste. "Wie macht ihr das denn, wenn ihr keine Songs schreiben könnt, wenn ihr so etwas zu verarbeiten habt?", frage Sophie, "ich könnte dann ja glatt Sympathien für Leute entwickeln, die Autos anzünden." Nun, dass Leitmotive zu Therapiezwecken in Songs zu verarbeiten für Sophie wichtig ist, hatte sie ja schon mit "Molecules" hinreichend deutlich gemacht. Kleine Randnotiz übrigens: Die neuen Songs waren wieder auf Deutsch. Die Phase mit den englischen Texten war dann wohl auch nur eine Phase. Es folgten weitere Songs von "Molecules" - darunter auch das anrührende "CouCou" - in phantasievollen Neuinterpretationen, bevor Sophie sich dann noch mal mit einer wichtigen Botschaft ans Publikum wandte. "Ich muss mal gerade einen Tee trinken", entschuldigte sich Sophie Hunger, weil sie wegen der besagten Krankheit eine entsprechende Pause einlegen musste, "eigentlich mag ich keinen Tee. Habe ich noch nie gemocht. Aber er geht ja schnell vorbei, so ein Tee - jedenfalls schneller als eine große Koalition. Sowas haben wir in der Schweiz ja nicht - so mit Regierung und Opposition und so. Bei uns gibt es ein Parteiensystem und das Volk ist die Opposition. Das ist zwar auch nicht besser, aber es erklärt so einiges. Das ist ein systemischer Unterschied, auf den ich nur mal hinweisen wollte."

Die Highlights des Abends folgten dann im letzten Teil der Show: "Le vent nous portera" - eine Cover-Version von Noir Desir - und besonders eine fantastische Version von "Das Neue" mit einer Prise "1989", die in einer ca. viertelstündigen Jamsession ausartete, in der sich die Band (inklusive klassischem Drumsolo) geradezu in eine Trance spielte. Zu Jamsessions wurde dieser Track ja früher schon missbraucht - jedoch wurde die aktuelle Version nicht jazzig befeuert, wie zuvor, sondern gefiel durch einen cleveren Einsatz von elektronischen Club-Elementen, Synth-Bässen und Drum'n'Bass-Elementen. Sophie stand derweil hinter den Musikern und ließ diese - sichtlich begeistert und selbst mitgerissen - gewähren. Es folgte dann noch ein Denouement mit "Z'Lied vor Freiheitsstatue" und einer A-Cappella-Einlage sowie bei den zwei Zugabenblöcken u.a. noch mit einer Solo-Version von "That Man" und dem Jacques Brel Cover "Ne me quitte pas".

Als Fazit ließe sich sagen, dass Sophie erwartungsgemäß unberechenbar bleibt und ganz genau weiß, wie sich selbst auf unterhaltsame Art bei Laune halten kann und sich deswegen immer wieder neu aufstellt. Das machen zugegebenermaßen andere ja auch - nur halt nicht innerhalb eines halben Jahres gleich mehrfach.

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www.sophiehunger.com
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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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