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Miss Universe in Babeheaven

Nilüfer Yanya
Babeheaven

Köln, Blue Shell
25.04.2019

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Nilüfer Yanya
Die Londonerin Nilüfer Yanya befindet sich momentan auf der Überholspur und konnte deshalb natürlich auch bei ihrem ersten Besuch in Köln ("ever"- wie sie meinte) auf ein ausverkauftes Haus blicken - auch deshalb, weil sie gleich im Anschluss an die Veröffentlichung ihres Debütalbums "Miss Universe" (auf das sie die Fans ein ganzes Jahr warten ließ) mit ihrer Band auf Tour gegangen war.
Bevor es dann mit der Show der Durchstarterin los ging, betrat zunächst mal Nancy Anderson mit zwei ihrer Musiker die Bühne. "Wir heißen Babeheaven", stellte Nancy ihr Projekt vor, "ihr müsst das aber in einem Wort googeln - sonst landet ihr auf Porno-Seiten." Wie Nilüfer kommt auch Babeheaven aus London und agiert in Indie-Pop-Kreisen. Allerdings ist die Ausrichtung eine andere: Die im relaxten Mid-Tempo angesiedelten Trip-Hop Songs (und das etwas lebhafter pulsierende Alessi Brothers Cover "Seabird") des für diese Tour auf ein Trio eindampften Band sind ganz auf den voluminösen Gesang Nancys zugeschnitten - der sie selbst amüsiert zu der Bemerkung hinreißen ließ: "Das fühlt sich an, als sei Adele im Raum." Ganz so schlimm war es dann aber doch nicht. Babeheaven trafen mit ihrem eleganten Mix auch den Geschmack des Publikums - was sich dadurch äußerte, dass einige Fans sogar die Texte der Songs mitsangen. Etwas arbeiten ließe sich noch am digitalen Soundsetting, mit dem sich Gitarrist Jamie Travis belastete - denn die bluesigen Licks, die er beisteuerte, hätten schon etwas Body und Soul verdient - und nicht etwa körperlose Sterilität.
Auf dem letztjährigen Haldern Pop-Festival präsentierte sich Nilüfer erstmals live bei uns, nachdem sie über die heutzutage übliche YouTube-Schiene und Word-Of-Mouth-Propaganda in London schon zu jener Zeit lange als Next Big Thing gehandelt wurde. Nicht ganz zu unrecht, denn Nilüfer hat sich nicht etwa eine bestimmte Nische für ihr Tun ausgesucht, sondern bemüht sich stattdessen erfolgreich um einen eigenen Stil. Kein Wunder also, dass auch das Konzert im Blue Shell in weiten Teilen Dinge zu bieten hatte, die man von einer angehenden Indie-Pop-Queen so gar nicht erwartet hätte. Anstatt nämlich - wie auf der LP - eher die Rock- und Artpop-Elemente in den Vordergrund zu stellen, blieb Nilüfer auch in Köln bei dem, das sie in interessierten Kreisen schnell zu einem Geheimtipp hatte werden lassen. Und dazu gehört vor allen Dingen, dass sie auf der Bühne ihrer Freundin und Band-Kollegin Jazzi Bobbi und deren Saxophon-Beiträgen freie Hand lässt. Kurz gesagt: Besonders im ersten Teil der Show kam die Sache eher als Jazz-Show rüber denn als klassisches Indie-Pop-Konzert - und all das wäre ohne Jazzis Beiträge - hauptsächlich mit kurzen, aber prägnanten Sax-Einlagen, aber auch als Sängerin und Keyboardein - so gut wie nichts wert gewesen. Es fragt sich wirklich, wieso gerade diese Elemente bei der Produktion der LP so nachlässig behandelt wurden und praktisch nicht stattfinden. Nilüfers Gesang - der aufgrund seiner stoischen Geradlinigkeit oft und gerne mit Sade verglichen wird - kommt in dem jazzig/souligen Setting auch deutlich besser zu Geltung als bei den eher rockorientierten Songs wie "In Your Head", von denen insbesondere gegen Ende hin so einige auf die Setlist fanden. Mit der gepflegten Hochglanz-Ennui, die Sade musikalisch verbreitete, hat Nilüfer (und wohl auch ihr Alter Ego, "Miss Universe") nicht so viel am Hut. Ihre Songs werden von einer gewissen fiebrigen Energie getragen, die durchaus im interessanten Gegensatz zum scheinbar relaxten Gesang steht. Das mag auch damit zusammenhängen, dass sich Nilüfer als Sängerin längst nicht so selbstsicher ist, wie als Gitarristin - jedenfalls kam der Vortrag Nilüfers im Blue Shell sympathisch schüchtern rüber - in etwa so, als traue sie der ganzen Sache um ihren Hype nicht so richtig (obwohl sie diesen mit der verzögerten Veröffentlichung der LP ja durchaus selbst befeuert hatte).

Als Gitarristin gefiel Nilüfer durch eine charmant fahrige Art, mit der sie die Akkorde und Pickings da durchaus virtuos aus dem Handgelenk schüttelte während die linke Hand mit atemberaubenden Tempo über die Saiten wieselte, um die komplexen Akkordfolgen greifen zu können. Das ist dann nicht direkt funky - aber auf jeden Fall ziemlich jazzig. Nicht nur in der Art, wie die jazzigen Passagen betont wurden, sondern auch dadurch, dass die Live-Arrangements wesentlich dynamischer rüberkamen und auch deutlich anderes gewichtet wurden als auf der LP, gewann das ganze Set. Bei dem abschließenden "Heavyweight Champion Of The Year" etwa war die Balance zwischen Nilüfers Solo-Beiträgen und jenen der Band sehr viel effektiver und ausgeglichener als auf der Konserve - und es gab auch hier wieder Saxophon-Parts (was ein wenig seltsam ist, denn dieses Stück produzierte Jazzi Bobbi sogar - und editierte sich dabei sozusagen selbst raus. WTF?). Am Ende schienen Nilüfer und ihre Musiker durchaus glücklich mit dem Erreichten - und auch ein wenig erleichtert, dass es auch in Deutschland so einfach scheint, mit Qualität und Originalität zu überzeugen. So verbeugten man sich auch artig - wollte sich dann allerdings ohne Zugabe davonstehlen, was das Publikum aber natürlich nicht durchgehen ließ.

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Surfempfehlung:
www.facebook.com/niluferyanya
www.facebook.com/jazzibobbi
www.facebook.com/Babeheaven
www.youtube.com/watch?v=fsxf541UI-8
www.youtube.com/watch?v=4JcENw71M6c
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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