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Konzert-Bericht
 
Sympathisch ungekämmt

Ellie Ford

Köln, Die Lichtung
19.05.2019

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Ellie Ford
Die Musik der aus Brighton stammenden Songwriterin (und gleichnamigen Band) Ellie Ford muss man sich als unbedarfter Konzertgänger ungefähr so vorstellen wie eine musikalische Krabbelkiste, in der so ziemlich alles zu finden ist, was sich mit Harfe, Geige, Klarinette, Saxophon und Gitarre/Bass-Hybrid im Spannungsbereich zwischen - sagen wir mal - Prog und Folk anstellen lässt. Oder wie die Frisur von Freya Bowes, die in der Band für die Blasinstrumente und Harmoniegesang zuständig ist: Wild, ungezügelt, konzeptionell durchaus durchdacht, aber im Ergebnis zwar ungekämmt, aber asymmetrisch gegen den Strich gebürstet.
Und dabei ist nicht mal klar, wo das alles herkommt. Ellie Fords Songs sind etwa alles andere als selbsterklärend - und trotzdem hatte sie (zumindest an diesem Abend) nicht viel zu sagen und beschränkte sich dann lediglich darauf, einzelne Songtitel wie "Gold" oder "Woods" anzusagen. Es ist auch nicht so ganz einfach, die zahlreichen möglichen Referenzen, die sich in dem Dickicht aus Folk, Jazz, Klassik und Avantgarde verstecken, erfolgreich zuzuordnen. Auch deswegen, weil das Offensichtliche nicht greift. "Das klingt ja wie die Simpsons", meinte zum Beispiel der Tontechniker, als die Band sich für den Soundcheck warmspielte. "Was ist denn Simpsons?", fragte Ellie erstaunt, die von diesem Vergleich offensichtlich überrascht wurde. Dann spielte sie in der Mitte des Sets ein Instrumental, das scheinbar auf dem Motive von Erik Satie basierte. Freilich hatte Ellie - man ahnt es schon - davon noch nichts gehört. Und als dann der eben erwähnte Tontechniker nach der Show zum Ausklang mit einem verschmitzten Grinsen eine Scheibe der Klassik-Prog-Band Renaissance auflegte - wohl aufgrund der zuweilen ambitionierten Songstruktur, die die Band in den meisten Tracks zum Ausdruck brachte -, kannte diese weder Ellie noch die ebenfalls bereits erwähnte Freya Bowes. Aber mal ehrlich: Letztlich spielt es ja auch keine Rolle, woher Ellie Ford ihre Inspirationen nimmt, denn in dem von ihr und ihren Musikern propagierten Prog-Folk-Setting gibt es ja eh keine regelgerechten Vergleichsmöglichkeiten. Ellie Ford sind in des Wortes bestem Sinne eigenartig. Dazu gehört übrigens auch, dass es die beiden LPs des Projektes "Other Sun" und das neue Werk "Light. Repeated." nur als Vinyl oder Download - nicht aber als CD zu erwerben gibt.
Kommen wir aber mal zum Auftritt in der Lichtung: Dass das Konzert nicht in dem Kellerclub, sondern im Café stattfand, obwohl Ellie Ford mit vollem Besteck angereist war, erwies sich als Vorteil, denn tatsächlich machen Ellie Ford jene Art von Musik, der man zwar gerne intensiv lauscht, das aber tatsächlich lieber im Sitzen macht, denn Tanzmusik oder Popmusik oder anderes, was das eine körperbetonte Präsenz benötigte, kommt nun wirklich nicht ins Spiel. Stattdessen gibt es einen faszinierenden Stilmix aus allen möglichen Richtungen, der von den Musikern auf technisch allerhöchstem Niveau trotzdem ansprechend emotional und lebhaft dargeboten wird. Und das, obwohl sich eine solch komplex strukturierte und bis ins Detail austarierte Musik natürlich nicht für lockere Jam-Sessions eignet. Was allerdings strukturell nicht möglich war, machten die Musiker durch ihr verspieltes, detailreiches Miteinander dann mehr als wett. Da hatte aber wirklich jeder Senf, den es beizutragen galt. Drummer Freddie Hills hantierte wie ein Weltmeister mit seinen drei unterschiedlichen Zymbeln und ignorierte das aus der Rockmusik bekannte Backbeat-Prinzip weitestgehend. Freddie Hills hatte sich eigens eine Gitarre bauen lassen, die fünf Gitarrensaiten, drei Bass-Saiten, mehrere Tonabnehmer und ein modifiziertes Griffbrett in sich vereinte. Was genau er jeweils gerade mit seinem Instrument machte, ließ sich so bestenfalls noch erfühlen. Andrew Stuart-Buttle, der gerade eben noch in der Band von Lucy Rose in Köln auf der Bühne gestanden hatte, zeigte, dass eine Geige eben auch mehr sein kann als eine Geige - etwa mit Sampler und Effektpedal und indem er (statt Freddie Hills) die wenigen Rocksounds mit seinem Instrument emulierte - und bei all dem dann dennoch für die notwenige Folk-Basis sorgte. Und Freya Bowes wechselte nonchalant zwischen Saxophon, Klarinette und Harmoniegesang hin und her uns sorgte im direkten Zusammenspiel mit Ellies Harfenspiel für ein vielschichtiges Klangbild. Und dann war da ja noch Ellies eigentümlicher Gesang, der sich wie eine Efeuranke um die eigentlichen - und betont verstiegenen - Melodien wand, die sie mit durchdringend hoher, aber melodischer Sopranstimme ins Zentrum ihres Tuns stellte. Die Harfe ist im Konzept der Ellie Ford Band übrigens nicht als Gimmick, sondern integraler Bestandteil des Bandsounds zu sehen - obwohl sie im Live-Kontext ein wenig dominanter wirkt als bei den Studioproduktionen, auch wenn das eher auf den Umstand zurückzuführen ist, dass Ellie hier mehr Solo-Partien bietet. Schön übrigens auch, dass das alles nicht überheblich oder gar mit belehrend erhobenem Zeigefinger präsentiert wurde, sondern eher schüchtern und demütig.

Wem es möglich war, den ganzen Wendungen, Brüchen, Sprüngen und vielleicht sogar den Gedankengängen zu folgen, die Ellie und ihre Musiker einschlagen, der durfte sich daran erfreuen, an diesem Abend in der Lichtung Zeuge von etwas wirklich Einzigartigem und Wunderschönen gewesen zu sein. (Und damit ist jetzt nicht unbedingt alleine Freyas Frisur gemeint.)

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Surfempfehlung:
www.elliefordmusic.co.uk
www.facebook.com/elliefordmusic
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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