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Konzert-Bericht
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Routinierte Perfektion
Wayne Hussey
Ashton Nyte
Krefeld, Kulturfabrik 03.09.2019
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Wayne Hussey und Ashton Nyte sind alte Bekannte. Schon des Öfteren sind sich der Frontmann von The Mission und der Vordenker von The Awakening in der Vergangenheit begegnet - auf der Bühne bei gemeinsamen Konzerten ihrer Band und zuletzt auch bei Michael Ciravolos Projekt Beauty In Chaos, dem beide ihre Stimmen liehen. Jetzt haben die Goth-Rock-Haudegen viel Zeit, in Erinnerungen zu schwelgen: Ihr Auftritt in der Krefelder Kulturfabrik war das erste von sage und schreibe 35 Konzerten, die Hussey und Nyte in den kommenden Wochen zusammen in Deutschland und dem Rest von Europa bestreiten.
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Schnell wird im rappelvollen kleinen Saal der Kufa klar, dass Ashton Nyte als Anheizer für Wayne Hussey eine Idealbesetzung ist. Am ersten Tourtag noch spürbar vom Jetlag geschlaucht, aber trotzdem guter Dinge, springt der aus Südafrika stammende Sänger, Songwriter und Gitarrist mit der Erfahrung aus über 25 Karrierejahren zwischen Solowerken und Songs seiner Band hin und her, mischt zartbesaitet Balladeskes mit muskulös Rockigem, Pathos mit echten Gefühlen und findet auch zwischen Highlights wie "Fault" oder "Jennifer" immer wieder die richtigen Worte, um das Publikum augenzwinkernd einzufangen - ganz egal, ob er seine eigenen Deutschkenntnisse durch den Kakao zieht (Bier bestellen und Krankenwagen rufen klappt problemlos!) oder beim wiederholten Griff zum Handtuch über sein in der spätsommerlichen Hitze verlaufendes Make-up scherzt ("Ganz schön kalt in Deutschland!"). Natürlich spielt er auch die neue Awakening-Single "Back To Wonderland" und hat sich die Hits ganz fürs Ende aufgespart: Auf das Simon-And-Garfunkel-Cover "Sound Of Silence" folgt "The Dark Romantics", bevor Nytes eigene Hommage an den Sound von The Mission ("Shadows In The Dark") ganz am Ende die perfekte Überleitung zu Hussey ist. Nach knapp 50 Minuten sind viel ehrlicher Applaus - und nach Ende der Show ordentlich Andrang am Merch-Tisch - der Dank.
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Wayne Hussey hat derweil offenbar die Bühnenhöhe des Auftrittsortes in Krefeld falsch eingeschätzt. Das mitgebrachte und irgendwie seltsam überflüssige Banner mit seinem Namen wollte nicht so recht passen. Statt "Wayne Hussey" stand in Krefeld deshalb praktisch nur "Wayne" in großen Lettern an der Wand - Elvis '68 lässt grüßen! Der einzige Fauxpas einer ansonsten perfekten, aber im Vergleich zu den unvergesslichen früheren Soloauftritten gerade in dieser Region auch merklich routinierten Show, bei der Hussey nicht nur mit seiner auch nach all den Jahren, nach all den Eskapaden praktisch unveränderten Stimme überzeugt, sondern beim fliegenden Wechsel zwischen sechs- und zwölfsaitigen Akustik- und Stromgitarren und einem kurzen Abstecher ans Keyboard auch für viel Abwechslung sorgt.
Doch anstatt wie in der Vergangenheit bis zu drei Stunden lang fast ausschließlich Publikumswünsche zu spielen, kredenzt der seit vielen Jahren in Brasilien heimische Brite seinem Publikum am Niederrhein ein zweistündiges Programm, das um die Greatest Hits den ganz großen Bogen macht. Selbst "Butterfly On A Wheel", seit 30 Jahren eigentlich aus der Setlist nicht wegzudenken, muss an diesem Abend den vielen Raritäten weichen, die Hussey auf dem Zettel hat. Nicht alle Zuschauer kann er deshalb das ganze Konzert über bei der Stange halten, doch zum Glück sind vor allem eingefleischte Fans im Saal, die ihre alten Mission-T-Shirts rausgekramt haben und sichtlich erfreut sind, dass er an diesem Abend fast ausschließlich Lieder spielt, die bei seinen Bandkonzerten zwischen all den Klassikern keinen Platz finden. Auf Begleitung mag Hussey dennoch nicht verzichten: Häufiger als zuvor bittet er die Band kurzerhand per Backing Tracks dazu und kann so oft überhörte Klassiker aus der zweiten Reihe wie "Heaven Sends You" oder "Mesmerised" ins rechte Licht rücken. Das Highlight des gesamten Auftritts ist derweil das dezent Richtung Spaghetti-Western-Soundtrack schielende "That Tears Shall Drown The Wind". Offenbar verstecken sich auf der oft (zu Recht) viel gescholtenen LP "Blue" von 1996 doch ein paar heimliche Hits!
Die immer wieder vom Publikum reingerufenen Songwünsche hört sich Hussey derweil geduldig an, ignoriert sie nach einem verheißungsvollen "Das wird dann wohl ein langer Abend!" aber praktisch komplett. Nur zu "The Long Goodbye", seinem Beitrag zum eingangs bereits erwähnten Album von Beauty In Chaos, lasst er sich hinreißen - und braucht am Klavier zu seiner eigenen Belustigung und mit Ansagen ("Ich kenne das Lied nicht besonders gut!") drei Anläufe, bis er das Stück zu Ende bringt. Leicht von der Hand gehen ihm dagegen die Coverversionen von The Cures "A Night Like This" und "Hurt", mit dem er vor Nine Inch Nails und Johnny Cash gleichermaßen den Hut zieht. Weil am Ende der kurzen Zugabe "Severina" steht, gehen kurz nach 23.00 Uhr nicht nur die Puristen, sondern auch die Touristen höchst zufrieden nach Hause. Nur wer nach der Show Husseys viel gelobte Autobiografie "Salad Daze" am Devotionalienstand erwerben möchte, hat das Nachsehen: Alles schon ausverkauft! Offenbar hat die Bücherbestellung derselbe in Auftrag gegeben, der auch das Bühnenbanner ausgemessen hat...
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Surfempfehlung:
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Text: -Carsten Wohlfeld- Foto: -Carsten Wohlfeld-
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