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Konzert-Bericht
 
Der leiseste Spielplatz der Stadt

Bedouine
Molly Sarlé

Köln, Die Wohngemeinschaft
16.09.2019

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Bedouine
Azniv Korkejian ist eine wahre Weltenbummlerin: Als Kind armenischer Eltern in Aleppo geboren, verbrachte sie ihre Kindheit in Saudi-Arabien und war später in den USA an verschiedensten Orten heimisch, bis sie in Los Angeles ins Visier von Matthew E. Whites Spacebomb-Label geriet. Musikalisch hört man das allerdings nur sehr bedingt. Lieber widmet sie sich klassischem Folk-Singer/Songwritertum, das sich von Orts- und Zeitmarken frei gemacht hat. Bei ihrem Auftritt in Köln braucht sie deshalb nicht mehr als eine Akustikgitarre und ihre hallgetränkte Stimme, um mit sanft schimmernden, aber stets intensiven Songs die Zuschauer für sich einzunehmen.
Ungewöhnlich ist derweil der Einstieg in das Konzert: Bevor Azniv auf die Bühne kommt, liest ihre mitreisende Freundin Nada Alic aus Los Angeles die aberwitzige und extrem lebendige Kurzgeschichte "The Intruder", mit der sie sogar schon in Kanada auf der Short Story Prize Shortlist der staatlichen Rundfunkgesellschaft CBC gelandet ist. Azniv freut sich danach über die Stille im winzigen Theater der Wohngemeinschaft: "Wenn es so leise ist, spiele ich meine Songs immer etwas anders und entdecke ganz neue Nuancen darin. Das ist wie ein Spielplatz für mich!"

Mit den meditativen, ja fast schon hypnotisch anmutenden Songs ihrer beiden Alben, dem just veröffentlichten "Bird Songs Of A Killjoy" und dem 2017 erschienenen selbstbetitelten Debüt (dessen Lieder sie augenzwinkernd als "meine Klassiker" bezeichnet), streift sie das Terrain der ganz Großen des Genres, erinnert an die Poesie einer Joan Baez, kommt stimmlich gerade bei den bisweilen fast schon in Richtung Sprechgesang tendierenden Nummern der ersten LP Karen Dalton nahe und ist in puncto Phrasierung und Melodieführung fraglos von Joni Mitchell inspiriert. Fast könnte man sogar glauben, dass Azniv deren "Big Yellow Taxi" ("They paved paradise and put up a parking lot”) mit ihrem Song "Echo Park" weiterspinnt, dreht sich der Song nicht zuletzt auch um die Gentrifizierung ihres Heimatstadtteils in Los Angeles.

Auch sonst schlägt sich Aznivs nomadisches Leben des Öfteren in den Texten nieder. "Under The Night" ist eine Liebeserklärung an ihre zeitweilige Heimat Kentucky, während sie "Louise" auf Armenisch singt - gewissermaßen ihre Muttersprache, obwohl sie sich da, wie sie lachend zugibt, ob ihrer bewegten Lebensgeschichte selbst nicht so ganz sicher ist. Trotz einer nicht zu überhörenden Gleichförmigkeit mancher Lieder hat sie keine Probleme, ihr Kölner Publikum rund eine Stunde lang zu fesseln, zumal sie der Ernsthaftigkeit ihres Vortrags bei Ansagen wie "Ich komme aus Amerika, aber ich komme in Frieden" viel Fröhlichkeit entgegensetzt.

Düstere Inhalte mit Humor aufzubrechen, das beherrscht auch Molly Sarlé ganz meisterlich, die Azniv als Support fast die Schau stiehlt. Ohne Berührungsängste oder Zurückhaltung plaudert die ebenfalls weit gereiste und inzwischen in North Carolina heimische Amerikanerin mit komödiantischem Talent aus dem Nähkästchen, erzählt von abstrusen Unfällen in versifften Karaoke-Schuppen oder von nicht ganz jugendfreien Songs, die sie vor ihrer streng gläubigen Großmutter geheimhalten muss, und fasziniert musikalisch zwischen Laurel-Canyon-Folk-Rock und verhangenem Dream Pop mit sagenhafter Gelassenheit und bemerkenswertem Eigensinn.

Mit ihrer beim minimalistischen Folk-Trio Mountain Man gesammelten Erfahrung gelingt es ihr in der Wohngemeinschaft beeindruckend mühelos, die im Dunstkreis von Fleetwoood Mac und Mazzy Star angesiedelten Bandarrangements ihres just veröffentlichten ersten Alleingangs "Karaoke Angel" für ihren Soloauftritt zu entschlacken. So werden aus vielen Liedern praktisch vollkommen neue Songs, bei denen ihre Stimme und ihre mit unerwarteten Drehungen und Wendungen sowie gut getimten Pointen oft wie Mini-Drehbücher gestalteten Texte stets im Zentrum stehen. Die tiefen Seufzer, die - sehr zur Freude und Belustigung Sarlés - am Ende eines jeden Liedes im Publikum unüberhörbar sind, unterstreichen: Das war ein sensationeller Auftritt!

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Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

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