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Kaffee für Buddhisten

Rachel Sermanni

Köln, Die Wohngemeinschaft
23.11.2019

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Rachel Sermanni
Rachel Sermanni möchte auf dem Boden bleiben. Das ist in dem Fall sogar wörtlich zu nehmen. Die schottische Songwriterin hat nämlich in den vier Jahren, seit sie zum letzten Mal - kurz nach der Veröffentlichung ihrer letzten LP "Tied To The Moon" - in der Domstadt war, den Reiz des Meditativen für sich entdeckt und bat sich vor ihrer Show in der überraschend ausverkauften Wohngemeinschaft eine "Downtime" aus - in der sie sich dann eben auf den Boden setzte, um zu meditieren (und die Setlist in ihr Handtaschen-Poesiealbum zu schreiben).
Das hatte dann wohl auch damit zu tun, dass sie - nach ihrer letzten Tour - eine kreative Auszeit genommen hatte, um in einem Buddhistischen Kloster in der Cafeteria zu arbeiten. Dort kam sie dann zu der Erkenntnis, dass auch Buddhisten unleidlich werden, wenn sie keinen Kaffee bekommen - und überlegte für eine gewisse Zeit sogar, selber zu einer Nonne zu werden. Aber nicht ernsthaft. Stattdessen fand sie bei diesem Aufenthalt Inspiration für die Songs, die nun ihr neues Album "So It Turns" ausmachen. Also bis auf "Typical Homegirl", was ein Charakterstudie einer nackten Frau ist, die Rachel mal zeichnete. Was sie übrigens immer tut, wenn sie Papier und Zeichenstift zusammen bringt. "Homegirl" sollte dabei nicht mit "Hausfrau" gleichgesetzt werden - das ist nur ein Insidergag von Rachels Musiker. Die Aufnahmen zum neuen Album fanden in Berlin statt, wo sie die Songs mit ein paar Jazzmusikern einspielte. Was aber nichts bedeutet, außer dass diese Musiker sehr gut an ihren Instrumenten sind. Dass die Aufnahmen bereits vor drei Jahren getätigt wurden und erst jetzt erscheinen, hat dann einen ganz einfachen Grund: Als Rachel auf einer Tour in den USA feststellte, dass sie unerwartet - aber nicht unwillkommen - schwanger geworden war, nahm sie dieses zum Anlass, die Musik erst mal hintan zu stellen, um sich dann (nach der Geburt) um ihre Tochter Rosa kümmern zu können, der sie nun auch Lieder schreibt, die davon inspiriert wurden, dass ihr Dan Wilson von der Band Semisonic, mit dem sie mal aufgetreten war, erzählt habe, dass sein Song "Closing Time" eine Metapher für den Schoß gewesen sei, da er ein Kind erwartete, als er 1998 den Song schrieb. Und viel Träumen müsse man obendrein, da Träume ungemein interessant seien.

Das - und noch sehr viel mehr - erfuhr das Publikum in der Wohngemeinschaft en passant zwischen den Songs, die Rachel für diesen Abend ausgewählt hatten. Mag sein, dass andere nach einer Beschäftigung mit dem Buddhismus und der Geburt eines Kindes ruhiger, ausgeglichener und vernünftiger werden. Diesen Eindruck erweckte die sympathische schottische Quasselstrippe nun aber gar nicht und zog auf dieselbe, halbverpeilte und spontane Art und Weise vom Leder, wie sie das zuvor auch schon getan hatte. Und das alle mit zwar grandiosem, aber auch melancholisch/düster ausgerichtetem Songmaterial, das auch (oder vielleicht gerade) im Solo-Vortrag nichts von jener hypnotischen Faszination verliert, die Rachel mit ihren ausgefeilten Studioproduktionen auch zu erzielen vermag. So etwas geht natürlich nur, wenn man mit sich im Reinen ist und die Sache auf der handwerklichen Seite mit einer gewissen selbstverständlichen Nonchalance präsentieren kann. Und das ist bei Rachel zweifelsohne der Fall, denn mit faszinierender Sicherheit versucht sie sich - meistens erfolgreich - an kompliziertesten Akkordwechsel und Fingerpicking-Tricks auf der Gitarre oder auch auf der Mandoline. Dabei geht es nicht darum, alles perfekt hinzubekommen, sondern sich und das Publikum zu unterhalten. "Es hat geklappt", freute sie sich als ihr bei "Put Me In The River" ein faszinierend verstiegenes Solo einbaute und als sie sich die Akkorde für den Publikumswunsch "Bones" zusammensuchte, bat sie um Nachsicht, da sich die Finger möglicherweise nicht an den lange nicht gespielten Track erinnern könnten - was aber auch unterhaltsam sein könne, denn: "Das ist dann aber Extra-Unterhaltung für euch, wenn ich das versaue."

Ach ja: Relativ neu im Programm hat Rachel Sermanni den Blues: "What Can I Do" ist zudem ihr Versuch, so etwas wie einen politischen Song zu schreiben. Allerdings auf einer eher spirituellen Ebene. Aber sei es drum: Babypause hin oder her, hat Rachel Sermanni als sympathische Live-Perfomerin und gewiefte Alleinunterhalterin nichts von ihren Fähigkeiten eingebüßt, wie sie mit ihrem Tourstart in Köln mehr als eindrucksvoll eindrucksvoll demonstrierte.

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Surfempfehlung:
rachelsermanni.co.uk
www.facebook.com/RachelSermanni
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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