NACHGEHAKT BEI: LEELO
GL.de: Du scheinst ja ein immens abwechslungsreiches Leben zu führen. Was hat dich denn überhaupt bewogen, diese Reise nach Australien anzutreten?
Leelo: In der Tat führe ich ein abwechslungsreiches Leben. Ich habe mich schon seit früher Jugend mit der Musik beschäftigt - zunächst aber mal klassisch, als Flötistin. Dann habe ich Musik in Brighton studiert - war mir aber damals noch gar nicht sicher, ob ich Musikerin werden wollte. Ich habe damals auch noch keine eigenen Songs geschrieben. Da habe ich mir irgendwann gedacht, dass ich da raus müsste, habe dann meine Sachen gepackt und bin für ein Jahr nach Australien gezogen. Darwin liegt an der Nordspitze Australiens und ist ein kleines Kaff, wo nichts los ist. Da habe ich dann zum ersten Mal begonnen, selbst Musik zu machen. Jetzt bin ich in Berlin gelandet: Berlin ist eine coole Stadt - aber ich muss sagen, dass ich mich im Vergleich zu den vorherigen Stationen dort weniger inspiriert fühle.
GL.de: Du hast eine sehr interessante Art, deine Songs zu strukturieren. Das klingt ja manchmal wie Prog Rock.
Leelo: Oh - ich liebe sowas. Ich habe kein Interesse daran, Songs mit drei Akkorden zu schreiben. Mein Anspruch ist da schon ein anderer. Ich suche nach bestimmten Sounds auf der Gitarre und versuche dann, diese in meinen Songs zu realisieren. Und ich brauche eine interessante Geschichte als Grundlage für meine Songs. Leute, von denen ich mich beeinflusst fühle, sind Ben Howard, der englische Songwriter, Jack White und Modest Mouse - weil ich denke, dass Isaac Brock die besten Texte schreibt.
Leelo: Deine Texte sind ja recht witzig - etwa wenn du deiner Zahnärztin einen Herzinfarkt wünschst.
Leelo: Na, ich war halt sehr wütend auf die. Ich schreibe gerne Songs über andere Leute - oder zumindest aber ein paar Zeilen in meinen Songs - weil ich ja so viele interessante Menschen treffe. Es ist dann aber immer meine Perspektive, aus der ich über diese singe. Ich übersetze dann quasi deren Leben in meinen Texten. Die Texte sind aber offen zur Interpretation. Jeder kann denken, was er will. Ich habe zum Beispiel gestern in Nürnberg eine Sofa-Show gespielt und da sind Leute auf mich zu gekommen und haben gesagt: Wir wissen, worüber du singst und können das nachempfinden. Oder als ich den Song "Leaving Town" schrieb, als ich wieder aus Darwin weg zog, hat mich diese Frau angesprochen und meinte, dass sie selbst demnächst nach Köln ziehen wolle und meinte, dass dieser Song genau ihrer Situation entspreche.
GL.de: Du hast ja mal als klassische Flötistin angefangen. Kannst du diese Erfahrungen für deine eigene Musik nutzen?
Leelo: Das möchte ich schon. Auf der Bühne geht das natürlich nicht - weil ich ja nur zwei Hände habe. Und wie ich sagte, arbeite ich mit der Gitarre ja sowieso anders. Ich habe Klänge in meinem Kopf und versuche, diese zu realisieren ohne über die technischen Aspekte meines Tuns nachdenken zu müssen.
GL.de: Dein Gesang ist - zumindest auf der Scheibe - sehr leidenschaftlich und emotional, bis zu dem Punkt, dass die Texte nicht immer leicht zu verstehen sind.
Leelo: Stimmt - es geht ja auch um die Emotionen. Meine Songs handeln ja von Themen aus dem richtigen Leben. Da geht es um reale Personen und Geschichten.
GL.de: Dabei wählst du ja manchmal recht düstere Themen.
Leelo: Ja, das ist aber manchmal auch ein Witz - wenn ich zum Beispiel singe, dass ich wünsche, dass meine Zahnärztin sterben solle, ist das natürlich nicht wörtlich zu nehmen. Nachdem ich den Song geschrieben hatte, war das Thema für mich ja auch erledigt. Musik ist immer auch eine Art Therapie für mich.
GL.de: Wie geht es denn für dich weiter?
Leelo: Ich spiele jetzt erst mal ein paar weitere Support-Slots. Über die kam ich über meine Agentur Melt Booking. Die haben mich auf der Straße gesehen, als ich in einer U-Bahn-Station gespielt habe und angesprochen. Und als ich in Hamburg spielte, hat mich jemand angesprochen, der ein Festival in Freiburg organisiert und mich dazu eingeladen. Ich liebe es als Straßenmusikerin zu spielen. Es hilft, Selbstvertrauen als Performerin aufzubauen und es ergeben sich so viele Möglichkeiten. Meine besten Möglichkeiten haben sich durch meine Straßenmusik ergeben.