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Double Date

Grace Pettis
Ruby Dice

Quarantine Concerts, Austin, Texas
10.04.2020
Grace Pettis
Kurz vorab: Hierbei handelt es sich nicht um einen üblichen Konzertbericht, sondern eine Berichterstattung über Quarantäne-Konzerte im Rahmen der andauernden Corona-Situation.

Die texanische Songwriterin Grace Pettis ist in unseren Breiten zusammen mit ihren Kolleginnen Betty Soo und Rebecca Loebe schon des Öfteren als drittes Mitglied des Damen-Trios Nobody's Girl unterwegs gewesen. Da Nobody's Girl zur Zeit aufgrund dessen, dass alle Beteiligten an verschiedenen Orten leben, nicht gemeinsam aktiv werden können, hatte Grace - die auch als Solo-Künstlerin unterwegs ist - die Idee, im Rahmen der aktuellen Situation unter dem Motto "Every Friday Till We're All Immune" von Austin aus eine Reihe von Quarantine Concerts zu initiieren, zu denen sie dann jeweils befreundete Musiker aus der Gegend "einlädt" - beispielsweise indem die jeweiligen Sets dann auf Facebook verlinkt werden.

Ruby Dice
Am 10.04.2020 "zu Gast" waren Amanda Darnell und Calloway Rich, die unter dem Namen Projektnamen Ruby Dice agieren und die zusammen mit Drummer Charly Harper im Trio-Format im Wohnzimmer ihres Apartments in Austin aufspielten. Da das Ganze im Handy-Selfie-Modus gestreamt wurde, hatten Ruby Dice eine Schrifttafel mit den Spendenlinks seitenverkehrt beschriftet. Calloway Rich ist sowohl der Gitarrist von Ruby Dice wie auch in der Grace Pettis Band und beide Acts haben eine längere Tradition von gemeinsamen Auftritten, Recording- und Songwriting-Sessions.

Von Ruby Dice gibt es bislang nur eine selbstbetitelte EP. Eigentlich hätte jetzt im April eine weitere Tonträgerveröffentlichung angestanden - dann kam aber Corona dazwischen. Sei es drum: Ruby Dice sind tief verwurzelt in der texanischen Variante des Roots-Rock. Das meint in dem Fall eine Menge Blues-Licks, ein Prise Funk-Ästhetik und soulige Grooves - die übrigens nicht zuletzt daher rühren, dass die Amanda Darnell als Frontfrau selber Bass spielt, während die Gitarrenarbeit ihrem Partner Calloway zukommt. Wenn sich Amanda in ihren Lyrics nicht Gedanken um texanische Essentials wie Whiskey, Gin, Gasoline und Matches macht (die allesamt in ihren Songtiteln auftauchen), dann schreibt sie Liebeslieder - oder noch lieber Anti-Liebeslieder. Nicht, weil sie am Leben verzweifele, sondern weil es einfach mehr Spaß mache, diese zu schreiben. Worum es bei Ruby Dice aber eigentlich geht, erläuterter Amanda anhand des von Linda Lyndell geschriebenen Stax-Klassikers "What A Man" - denn zu diesem Song könne man besonders gut jammen. Und das taten Ruby Dice dann auch. "What A Man" und auch der gerade erst in L.A. entstandene, mit Disco-Grooves verzierte neue Lockdown-Song "Dance The Night Away" und der brandneue Titel "The Wild Ones" gerieten dann tatsächlich zu regelrechten, spielfreudig ausufernden Jam-Sessions. Amanda und Calloway können dabei von Glück sagen, dass sie so nachsichtige Nachbarn haben, denn eine klassische Quarantäne-Lautstärke konnte auf diese Weise dann natürlich nicht mehr gewährleistet werden. Abgerundet wurde das einstündige Set dann mit den Songs "Beautiful World" und "Broken Home", die Amanda und/oder Calloway und Grace Pettis zusammen geschrieben haben. Letztere kommentierte das Geschehen dann bereits eifrig im Live-Chat und machte dabei Limonade, um sich auf das eigene Set vorzubereiten, das gleich im Anschluss gestreamt wurde.

Rudy Dice
Grace spielte ihr Set solo - ebenfalls im Selfie-Modus und seitenverkehrt und dummerweise nur auf einem Kanal - dafür aber mit einem ordentlichen Gesangsmikrophon ausgerüstet. Der Sound war dann also trotzdem recht ordentlich. Graces letzte Solo-Scheibe auf einem Label erschien zwar bereits 2012, aber untätig war sie seither keineswegs. Soeben hat sie auch gerade einen neuen Plattenvertrag unterschrieben und der erste Track, der auf dem neuen Label Mpress-Records erscheint, ist die Single "Landon" - die Grace dann auch während der Show spielte (zumal der besungene Landon zuhörte). Ansonsten gab es aber einen Überblick über alle Phasen ihrer Songwriter-Karriere. Dazu gehörten Songs über ihre frühe Heimat Talahassee, Florida, der ältere Track "9 To 5 Girl" (für alle Menschen, die jetzt noch Arbeit haben), ein Song namens "Calvary" (= Golgotha) zum Thema Karfreitag, ein weiterer Song zu einem biblischen Thema über "Noah's Wife", den sie mit dem Kollegen Jonathan Birg geschrieben hatte, Das Raina Rose-Cover "Bluebonnets", das sie auch bei Nobody's Girl gerne auf die Setlist nimmt, "Parts Unknown", ein Song, der zusammen mit Calloway Rich von Ruby Dice entstand oder das autobiographische "Drop Another Pen". Zwischendurch gab es dann Vignetten aus dem Leben in der Quarantäne - etwa die Geschichte, wie ihr Gatte Chris Lopez (der die Online-Kommentare überwachte) am Abend zuvor spontan chinesische Teigtaschen aus Fertig-Tortillas gebastelt hatte oder die Anekdote über Calloway Rich, mit dem sie vier Jahre zusammen gespielt habe, bevor sie festgestellt habe, dass dieser selbst ein Songwriter sei.

Graces Songs sind generell dem Americana-Setting zuzurechnen - jedoch nicht an spezifische Stile wie Country, Folk oder Blues gebunden. Graces Stärke als Songwriterin scheint vielmehr vor allen Dingen daher zu rühren, dass sie sich niemals Kollaborationen gegenüber verschließt und stets offen ist für Ideen, die dem Song dienen. "Parts Unknown" etwa überrascht mit einer Melodieführung, für die sich selbst Elliott Smith nicht zu schade gewesen wäre, "Calvary" besticht durch eine appalachische Gospel-Note, "Bluebonnets" durch Country-Flair, "Happy PlacePlace" ist pures Folk-Feeling mit Westcoast-Note und "Blue Star, Red Sky" (ebenfalls eine Pettis/Ruby Dice Kollaboration) klassisches Heartland-Storytelling. Um Perfektion geht es dabei nicht - was zählt, ist der eingefangene Moment. Das alles macht ein Grace Pettis Set insbesondere für Freunde des gediegenen Songwritings zu einer wahren Fundgrube an inspirierenden Aha-Momenten. Sehr viel mehr als ein Mikro und eine Gitarre braucht es da eigentlich gar nicht, um glücklich zu werden. Auch wenn natürlich ein zweiter Ton-Kanal schon ganz sinnvoll gewesen wäre. Später im Jahr soll es dann auch mit Nobody's Girl weiter gehen - so Corona will.

Wie der Name der Serie ja schon verheißt, wird diese - jeweils Freitags - bis auf weiteres fortgesetzt.

Surfempfehlung:
www.facebook.com/rubydicemusic/videos/326196708358163/
www.facebook.com/rubydicemusic
rubydice.com/music
www.facebook.com/gracepettismusic/videos/527395374645443/
www.facebook.com/gracepettismusic
Text: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Screenshots-


 
 

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