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Konzert-Bericht
 
Die Welt als Spiegel

The Weather Station

Quarantine Concerts, Revolution, Toronto
11.03.2021

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The Weather Station
Kurz vorab: Hierbei handelt es sich nicht um einen üblichen Konzertbericht, sondern eine Berichterstattung über Quarantäne-Konzerte im Rahmen der andauernden Corona-Situation.

"Wir präsentieren am 11. März 2021 eine Live-Stream-Konzertfilm-Extravaganza", schrieb Tamara Lindeman auf ihrer Facebook-Seite als Ankündigung einer aufwendig inszenierten Live-Show zur Präsentation ihres gerade veröffentlichten neuen Albums "Ignorance" - und elaborierte dann: "10-köpfige Band! Perkussionisten, Flöte, Saxophon. Die Band, die auf dem Album gespielt hatte und Extras um der Extra willen. Ein technisches Team rosinengepickt aus den Besten der Besten. Das ist kein iPhone-Video - das ist der wahre Deal!"
Bereits im Vorfeld, bei den Promo-Interviews zur Veröffentlichung des Albums, hatte Tamara darüber spekuliert, wie sich das neue Material denn wohl im Live-Setting umsetzen ließe, denn eines war klar: Wie bisher - und schon gar nicht im Solo-Setting - würden sich die aufwendig produzierten und arrangierten neuen Songs schon alleine deswegen nicht präsentieren lassen, da Tamara für das Album "Ignorance" vollständig darauf verzichtet hatte, zur Gitarre zu greifen und stattdessen alle Stücke auf dem Klavier geschrieben hatte. Insofern gingen sie und ihr Team dann gleich zur Offensive über und verwarfen die naheliegende Idee, die Show in einem üblichen Rahmen als Homerecording zu streamen. Stattdessen wählte man als Format eine Art Big Band-Ansatz, bei der die Musiker in wechselnden Besetzungen im Hintergrund agierten, während Tamara ganz ungewohnt als jazzige Croonerin und schillernde Frontfrau im Zentrum stand. Zudem wurde die Show von einem professionellen Video-Team mit einer gewissen dramaturgischen Energie und regietechnischer Übersicht auf interessante visuelle Weise effektiv in Szene gesetzt.

Ohne Frage sieht man Quarantäne-Konzerte in einer solchen Qualität - auch was die Bild- und die Sound-Qualität betrifft - selbst nach einem Jahr Lockdown nicht so oft. Der vorgeschaltete Pay-Wall war in diesem Fall also mit Sicherheit gerechtfertigt. Dabei wurde die Problematik, dass alle vorhergehenden Weather Station-Alben in einem ganz anderen musikalischen Setting basierend auf Tamaras Gitarrenspiel angesiedelt waren, insofern umgangen, als das für diese Show dann ausschließlich die Songs von "Ignorance" zum Thema gemacht wurden, die lediglich durch zwei vorproduzierte Video-Clips ergänzt wurden, in denen Tamara - am Strand liegend - zwei Gedichte des zeitgenössischen amerikanischen Poeten Ed Roberson rezitierte.
Musikalisch funktionierte die Sache so, dass die musikalischen Elemente, die auf der LP dezidiert zur Akzentuierung eingesetzt wurden, gleichmäßig über die gesamte stilistische Palette der Show verteilt eingesetzt wurden. Es gab dann also mehr rhythmische Experimente, mehr jazzige Bläser-Parts und mehr Percussion- und Keyboard-Beiträge. Beispielsweise standen mit William Kidman (der gelegentlich auch zur Gitarre wechselte), Pianist Johnny Spence und nicht zuletzt Tamara selbst, die sich bei einigen Songs selbst an die Tasten setzte, bis zu drei Keyboarder zur Verfügung. Zusätzlich gesellte sich gegen Ende der Show dann mit Felicity Williams auch noch eine Backing-Sängerin hinzu, was das Klangbild nochmals erweiterte. Ohne Frage wird sich ein solcher Aufwand bei einer möglichen Tour später im Jahr kaum wiederholen lassen - insofern war diese Show dann sicherlich schon ziemlich einzigartig. Tamara selbst machte - im feinen Samtblouson und ohne schützendes Instrument in der Hand - als "Lounge-Cocktail-Entertainerin" gar keine schlechte Figur. Dabei machte sie aus dem Umstand, dass sie trotz des Settings im Grunde genommen dann doch gar keine Croonerin ist, kein Geheimnis und blühte eher durch die Tatsache auf, dass ihr die Kamera des Öfteren dicht auf die Pelle rückte - wobei dann der fehlende Druck in der Stimme durch die intime Nähe der Situation ersetzt wurde. Freilich war das Klangspektrum - wie auf der Scheibe auch - dann entsprechend flächig angelegt, so dass das Tamaras eingeschränktem Stimmvolumen durchaus zuträglich war. Es ging ja schließlich nicht um Rockmusik, sondern um einen aufregenden Mix aus Drum'n'Bass, Dubstep, Club und Kraut-Rhythmen, die von den Musikern mit etlichen spielfreudigen, improvisatorischen Passagen betont lebendig interpretiert wurden. Nicht dass es hier um Jazz-Musik ging - aber Tamara ließ ihren Musikern dann passagenweise auch mal die Führung und Raum für Solo-Akzente. Sie selbst tanzte dann einfach ein wenig zur Musik - was ja dann ja auch ein Anliegen des Konzeptes des Albums ist. Auch schön, dass die poppigen Aspekte, denen gegenüber sich Tamara auf Songs wie "Heart" oder "Tried To Tell You" öffnete, in diesem vielschichtigen Setting mit einer gewissen hymnischen Note und Tamaras intensiven, emotionalen Gesangsbemühungen effektiv in Szene gesetzt werden konnten.

In den das Album begleitenden Video-Clips und auf dem Artwork des Albums trägt Tamara einen mit Spiegelscherben besetzten Anzug, mit dem sie dem (in dem Fall nur online anwesenden) Publikum einen Spiegel in Bezug auf mögliche Erwartungshaltungen vorhalten möchte. Für Live-Auftritte - so sagte sie selbst bei den Gesprächen zum Album - ist dieser eigentlich zu schwer und zu zerbrechlich. Zum Glück ließ sie es sich aber nicht nehmen für diese Show den Spiegel-Anzug dann doch zumindest für den Song "Robber" anzulegen. Auf diese Weise verging die Zeit wie im Fluge - auch wenn unterhaltungstechnisch eigentlich nicht so viel passierte und Tamara nicht ein einziges Wort außerhalb der Song-Lyrics äußerte. Da es äußerst ungewiss ist, wann The Weather Station wieder auf Tour gehen könnten und ob es weitere Produktionen in dieser Art geben kann, war diese musikalisch und technisch wirklich brillante Show für die Fans ein wichtiger Bestandteil in dem Bemühen, auch ohne direkten Kontakt tiefer in die Welt von "Ignorance" eintauchen zu können. Wie Tamara ganz richtig angekündigt hatte: Das war dann wirklich der wahre Deal.

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Surfempfehlung:
theweatherstation.net
www.facebook.com/TheWeatherStn
www.youtube.com/watch?v=gDcxg56nZAo
www.youtube.com/watch?v=nqL-WSMTF9w
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Pressefreigaben-


 
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