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Turning strangers into friends

Ian Fisher

Wuppertal, Loch
23.07.2021

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Ian Fisher
"Pop wie früher" heißt es in der Ankündigung, mit der das Loch in Wuppertal auf das Gastspiel von Singer/Songwriter Ian Fisher aufmerksam macht - und das passt in gleich mehrfacher Hinsicht wie die Faust aufs Auge. So findet das Konzert in der Elberfelder Spielweise für Jazz und mehr tatsächlich drinnen statt, und bei dem Gedanken, mal wieder ein Konzert in einem dunklen Raum statt in einem sonnendurchfluteten Biergarten zu erleben, kann man natürlich schon ein wenig nostalgisch werden, außerdem trifft die Beschreibung auch ziemlich genau das, was der aus den USA stammende, seit Langem aber in Europa heimische Protagonist des Abends fabriziert: Zeitlose Americana-Songs, die mit popmusikalischer Eingängigkeit glänzen.
Mehr als ein Jahrzehnt ist es inzwischen her, dass Ian Fisher seiner Heimat in Missouri den Rücken gekehrt hat, und das kann man seiner Musik auch anhören. Nicht nur in seinen Texten ist seine besondere Sichtweise auf das Leben beiderseits des Atlantiks spürbar, auch musikalisch macht er sich das Beste beider Welten zu eigen und kredenzt uns "half Americana and half Abbey Road-worthy pop", wie es einst der Rolling Stone so treffend beschrieb. Nie war er dabei wagemutiger und grenzenloser als bei seiner im Frühjahr erschienenen aktuellen LP "American Standards", doch weil er den Auftritt in Wuppertal ohne seine Band bestreitet, die er inzwischen zumeist an seiner Seite hat, erleben wir ihn an diesem Abend noch einmal von seiner ursprünglichsten Seite: Solo, mit Akustikgitarre, im Troubadour-Modus.

Das macht sich auch bei der Songauswahl bemerkbar, die auf die letzten seiner mehr als ein Dutzend Alben konzentriert ist. Sein derzeitiges Zuhause in Wien kommt dabei trotzdem nur am Rande vor, denn lieber konzentriert sich Fisher auf die Songs, mit denen er ein quicklebendiges Bild vom Mittelwesten und den Südstaaten der USA zeichnet, bei dem sich die songtaugliche Romantik vergilbter Postkarten aus längst vergessenen Zeiten mit der am eigenen Leib erfahrenen harten Realität der Gegenwart vermischt. Vielleicht liegt es ein wenig daran, dass der Gaesteliste.de-Vertreter selbst vor langer Zeit viel Zeit in Missouri und Tennessee verbracht hat, eher allerdings ist es Fishers Können als Songwriter geschuldet, dass das Kopfkino sofort zu laufen beginnt, wenn er von "Melody In Nashville" erzählt, die in der Legion Hall Post 82 tanzt, oder mit "AAA Stations" den Hut vor Radiosender wie KDHX in St. Louis zieht, die eine wohltuende Alternative zum "fucked up shit" (O-Ton Fisher) bieten, den die meisten anderen Sender der Gegend verbreiten. Dass es dabei nicht immer wahnsinnig ernst zugehen muss, zeigt derweil "Three Chords And The Truth", das sich einem der meistverbreiteten Klischees der Countrymusik widmet.

Zu den Themen der Lieder passt, dass Fisher anders als viele andere Expatriotes komplett auf Englisch durch den Abend führt (und dabei Wuppertal augenzwinkernd als "Whopper-Valley" übersetzt). Vor praktisch jedem Lied gibt's eine ausführliche, oft betont persönlich gefärbte Einleitung mit humoristischen Untertönen, oder er sucht gleich den Schlagabtausch mit alten Wegbegleitern im Publikum, ganz egal, ob es "Endstation Sehnsucht"-Booker Bastian Küllenberg ist ("I've known Basti since the dawn of fucking time"), sein Tour-Of-Tours-Bandkollege Jonas David oder Lokalheldin Maria Basel, die immer dann in die Bresche springen, wenn der Rest des Publikums zu schüchtern ist, auf die Animationsversuche des Künstlers einzugehen. Im Handumdrehen sorgt er so für eine betont heimelige Atmosphäre ("Turning strangers into friends", wie es in "One Foot" so schön heißt), vergisst bei aller Freude, endlich wieder auf der Bühne stehen bzw. sitzen zu dürfen, aber natürlich auch nicht das Geschäft, wenn er seine Patreon-Seite und das vor wenigen Tagen exklusiv für Abonnenten veröffentlichte Album "Our Lady Of The Highway" erwähnt (und mit "I'm A Tourist" auch gleich eine Nummer daraus spielt) oder von den schnell als Medley abgehandelten alten Hits "Manmade Mountains" und "Bed Downtown" ("Damit habe ich mal 15 Euro auf Spotify verdient", sagt er lakonisch) zum Merchtisch im Loch überleitet.
Den größten Applaus heimst derweil die einzige Coverversion ein. Das spricht allerdings nicht gegen Fisher als Songschreiber, sondern zeugt eher davon, dass seine Version von Hank Williams' "Ramblin' Man" wirklich sagenhaft intensiv ist. Für die Zugabe stöpselt er dann Mikro und Gitarre aus und singt noch zwei Songs unplugged: Erst sorgt er mit "American Standards" dafür, dass sich der Kreis des Abends thematisch schließt, und entlässt dann sein Publikum nach rund 75 Minuten mit "Tears In Dust" - einem Zuschauerwunsch - glücklich in die laue Sommernacht.

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Surfempfehlung:
ianfishersongs.com
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ianfisher.bandcamp.com
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
 

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