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Viersener Gitarrentage

Viersen, Tommys Workshop
17.09.2021
Jule Malischke
Dass es sich bei den Viersener Gitarrentagen um ein Festival von und für Gitarrenaficionados handelt, kann man schon allein daran ablesen, dass es in den Hygieneregeln für den Abend heißt, man möge bitte die Länge einer Fender Stratocaster Abstand halten. Doch nicht nur der Platz zwischen den Zuschauern ist neu bei dieser neunten Auflage des heimeligen Wochenend-Festivals, das eigentlich schon vor anderthalb Jahren hätte über die Bühne gehen sollen. Der Eröffnungsabend ist "Ladies Night", und auch das ist eine Premiere. Apropos Premiere: Sophie Chassée und Jule Malischke, die beiden Künstlerinnen, die an diesem Freitag auf der Bühne stehen (bzw. sitzen), kennen sich schon länger aus der Online-Welt, begegnen sich bei diesem feinen Konzert aber erstmals im wirklichen Leben und verstehen sich dabei so gut, dass sie den Abend sogar mit einer gemeinsamen Nummer beenden.
Sophie Chasseée
Tatsächlich ergänzen sich die beiden Musikerinnen mit ihrer musikalischen Ausrichtung und ihrem Auftreten wirklich prima. Ausgezeichnete Instrumentalistinnen sind beide, doch ansonsten gehen sie recht unterschiedlich zu Werke. Sophie, die am Niederrhein aufgewachsen ist und schon mehrfach bei den Gitarrentagen zu Gast war, setzt bei diesem "Heimspiel" trotz durchaus heiterer Ansagen auf ernsthafte Songs mit betont persönlichem Touch, die nicht nur ihr, sondern auch dem Publikum zu Herzen gehen, ganz egal, ob sie "schnulzige Heartbreak-Songs" (Eigeneinschätzung) wie "Should Have Known Better" singt und dabei beweist, dass sie auch als Sängerin und nicht nur als Modern-Fingerstyle-Gitarristin eine Wucht ist, oder am Ende mit "The Green Door" ihrem ehemaligen Ausbilder einen Song widmet, weil sie sich schuldig fühlt, damals die Lehre als Gitarrenbauerin geschmissen zu haben, um sich den Traum der Berufsmusikerin zu erfüllen. Am Ende ihres Auftritts leiht sie sich dann sich eine Gitarre von Jule, weil sie ihren eigenen Instrumenten nach einer ganzen Serie gerissener Saiten nicht mehr traut, und unterstreicht so ganz nebenbei die freundschaftliche Atmosphäre, die den gesamten Abend kennzeichnet.

Die aus Dresden angereiste Jule rückt anschließend trotz klassischer Ausbildung eher den Entertainment-Faktor in den Mittelpunkt, wenn sie gleich die drei Gitarren, die sie mitgebracht hat - "Man muss ja visuelle Reize fürs Publikum schaffen!" - namentlich (!) vorstellt oder bei Songs wie "Cool Song" oder "Free Your Mind" das "schüchterne" Viersener Publikum zum Mitmachen animiert und so ein bisschen darüber hinwegtäuscht, dass sie anders als Sophie als Gitarristin eher punktet als durch ihr Songwriting mit deutschen und englischen Texten, wenngleich sie stilistisch mit Anleihen bei Folk, Rock, Blues und Jazz vielleicht sogar breiter aufgestellt ist. Als wolle sie dieser These zustimmen, bestehen zwei Drittel ihres Sets aus handverlesenen Coverversionen, die von Joni Mitchells Großtat "A Case Of You" bis hin zu einer feinen Adaption von Ed Sheerans "Shape Of You" reichen. Erstere Nummer ist dabei eine echte Herzensangelegenheit für Jule, letztere ein Produkt ihrer Lehrtätigkeit und Resultat ihres Versuchs, sich in den Musikgeschmack ihrer Schüler hineinzudenken.
Jule Malischke
Das Sahnehäubchen der beiden Sets sind aber die speziellen Songs ausgewiesener Gitarrengroßmeister, an die sich die beiden heranwagen. Sophie spielt - erstmals überhaupt auf der Bühne - den Song, der ihre Begeisterung für den Modern Fingerstyle ins Rollen gebracht hatte, als sie gerade einmal elf Jahre alt war, und ihre Version von Andy McKees "Drifting" ist eine echte Tour de Force, Jule dagegen sorgt beim "Anniversary Song" für Gänsehaut, mit dem sie - rein instrumental - den Hut vor Jazz-Legende Ralph Towner zieht. Auch die gemeinsame Zugabe stammt von einem Gitarrengott, wenngleich der Song nicht deshalb ausgewählt wurde. Am Ende eines für beide Musikerinnen emotionalen Tages spielen sie, noch dazu komplett unverstärkt, Eric Claptons "Tears In Heaven", ein Lieblingslied von Sophies vor acht Monaten verstorbener Großmutter, und haben am Ende das gleiche Gefühl wie viele der Zuschauer im Saal: Es war ein Abend, der nach Wiederholung ruft. Vielleicht ja schon in zwei Wochen, wenn Jule beim Gitarrenfestival Ruhr in Sophies Wahlheimat Essen auftrifft?
Surfempfehlung:
www.julemalischke.de
www.facebook.com/julemalischke
www.instagram.com/jule.malischke.guitar
www.sophiemusic.de
www.facebook.com/Sophie-Chassée-568936049811527
www.instagram.com/__sophiemusic__
Text: -Simon Mahler-
Fotos: -Simon Mahler-


 
 

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