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Ganz nah, ganz echt

Sofia Talvik

Unna, Lindenbrauerei
18.11.2021

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Sofia Talvik
Die Pandemie hat Sofia Talvik übel mitgespielt: Erst strandete die sympathische Singer/Songwriterin, die ursprünglich aus Schweden stammt, inzwischen aber in Deutschland lebt und musikalisch schon immer die Americana-Tradition der USA fest im Blick hatte, auf der US-Tournee für ihr feines, Ende 2019 veröffentlichtes Album "Paws Of A Bear", wochenlang in Texas, dann starb ihr Pedal-Steel-Gitarrist Tim Fleming unter tragischen Umständen, als ein Herzinfarkt fälschlicherweise als COVID-19-Symptom fehldiagnostiziert wurde und ihm geraten wurde, zu Hause zu bleiben, anstatt sich behandeln zu lassen. Künstlerisch, das unterstreicht ihr famoses Gastspiel in Unna, haben diese Tiefschläge allerdings dafür gesorgt, dass sich eine alte Weisheit nun auch für Sofia bewahrheitet: Leid ist das Brot des Künstlers.
"Keine Angst, ich bin zweimal geimpft, nur gegen mein schlechtes Deutsch gibt es leider keine Impfung", begrüßt Sofia Talvik ihr Publikum in Unna und gibt damit gewissermaßen gleich das Thema des Abends vor. Die Pandemie und ihre Auswirkungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die zwei Sets, die die Skandinavierin an diesem nasskalten Donnerstag in der Lindenbrauerei-Gastronomie Schalander spielt und tatsächlich sind es die neuen Songs, die in den letzten 18 Monaten entstanden sind, die - begleitet von ausführlichen, herzergreifenden Ansagen - besonders eindringlich und intensiv sind.

Solo steht Sofia auf der kleinen Bühne, aber während das in der Vergangenheit klanglich oft mehr Not als Tugend war, kann man sich an diesem Abend gar kein besseres Setting vorstellen. Schließlich hat sie schon auf "Paws Of A Bear" mehr denn je ihr Faible für evokatives Country-Folk-Storytelling alter Schule und reduzierte Arrangements abseits ihrer Pop-Avancen in den Mittelpunkt gerückt und so - wenn vielleicht auch eher unabsichtlich - den Weg frei gemacht für intime Konzerte ohne Begleiter und ohne jegliche Effekthascherei wie dieses. In der Tat brauchen die Lieder, die Sofia für diesen Abend ausgewählt hat, nicht mehr als Stimme, Akustikgitarre und ein ab und an einen mitgestampften Beat, um in Erinnerung zu bleiben, denn die Bilder, die Gefühle, die in diesen Songs transportiert werden, sind einfach zu stark.

Mit "Meanwhile in Winnsboro" erinnert Sofia an einen ihrer letzten Auftritte in Texas im März 2020, bevor die Katstrophe ihren Lauf nahm und die ungewissen Wochen, die folgten, "Broken (Steelguitars In Heaven)" ist ihrem verstorbenen Mitstreiter Tim gewidmet und auch "Oh California" handelt von ihm, wenngleich das Lied eher die glückliche Zeit unterwegs als seinen bitteren Tod thematisiert. Es sind Songs, die klingen, als habe Sofia sie nicht schreiben wollen, sondern schreiben müssen und ihre emotionale Direktheit strahlt an diesem Abend besonders hell - ganz nah, ganz echt.

Natürlich hat die Schwedin auch andere Lieder, die ihr spürbar wichtig sind, doch die haben einen anderen Charakter. Wenn sie in "Center Of The Universe" von den vermissten Kindern singt, deren Fotos oft noch Jahre später in den örtlichen Walmart-Läden hängen, weil die Hoffnung zuletzt stirbt oder in "Blood Moon" ihr ökologisches Gewissen zum Vorschein kommt, dann scheint mehr der Kopf als das Herz die Feder geführt zu haben. Nicht, dass das schlecht wäre: Gerade in diesen Liedern verbinden sich Americana-Tradition und skandinavische Schwermut ganz besonders organisch.
Immer wieder lüftet Sofia allerdings auch den Schleier der sanften Melancholie, der über diesem Gastspiel liegt und setzt mit einigen unbeschwerten Nummern Kontrapunkte, etwa, wenn sie mit "I Liked You Better" von alten Liebschaften singt ("Making money singing songs about my old boyfriends", heißt treffend die denkwürdigste Zeile des Textes) oder mit "California Snow" das Spotlight auf ihren Ehemann Jonas Westin richtet, der eine Armlänge vor ihr sitzt und sich fachmännisch um den Sound kümmert - das Lied hatte sie als Überraschung für ihn zu ihrem Hochzeitstag geschrieben. Auch zwei A-cappella-Songs auf Schwedisch und die rasante Mitklatsch-Coverversion von Buffy Sainte-Maries "Starwalker" sorgen für Abwechslung, bis am Ende viel Applaus der Dank für einen wirklich feinen Auftritt ist. Ein baldiges Wiedersehen ist übrigens nicht ausgeschlossen. Im Dezember ist Sofia bei ihren Winterkonzerten und einem vollkommen anderen Programm mit weihnachtlicher Note schon wieder unterwegs.

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Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
 

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