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Laura Lee & The Jettes
Shybits

Köln, Bumann & Sohn
30.03.2022

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Laura Lee & The Jettes
Eines mal vorweg: Wer sich auch nur ansatzweise für gitarrenorientierte Indie-Pop-Musik interessierte - und das dürften so ziemlich alle der Anwesenden des gut besuchten Konzertes im Kölner Bumann & Sohn gewesen sein -, der bekam bei der Show von Shybits und Laura Lee & The Jettes nun wirklich eine allumfassende Vollbedienung in Sachen Grunge- und Garage-Rock, Punk-, Power-, Schrammel- und Psychedelia-Pop und so ziemlich allen stilistischen Schattierungen dazwischen geboten. Hinzu kam, dass dieser Konzertabend sicherlich der am "internationalsten" besetzte der bisherigen Pandemie-Phase gewesen sein dürfte - obwohl beide Acts ihre Basis in Berlin haben. Der Reihe nach: Shybits-Frontman Liam kommt aus England, Drummerin Meghan aus Südafrika und Bassmann Piero aus Italien. Bei den Jettes sieht es ähnlich aus: Laura Lee kommt zwar tatsächlich aus Berlin, Gitarrist Mark aber aus den USA, Bassist Mario Quezada ursprünglich aus der Dominikanischen Republik und Drummerin Eilis aus Australien. Und das Beste daran: Das spielt natürlich keine Rolle, denn die Musik der Shybits und Laura Lee & The Jettes ist ja nun wirklich universell verständlich.
Die Unterschiede liegen dabei im Detail. Die Shybits entstanden dereinst, als Liam Bradbury sich mit zwei Freunden zusammen tat - die aber weiland ihre Instrumente noch nicht richtig spielen konnten. Seither hat sich allerdings viel getan: Drummerin Meghan White wie auch Bassist Piero Pecchi bewiesen sich nicht nur als versierte Musiker (und im Falle von Piero auch als gewiefter Tontechniker und Produzent), sondern vor allen Dingen auch als gute Freunde. Gerade aus dieser Kraftquelle speisen sich dann auch die unbändige Energie, Spielfreude und Begeisterung, mit der die Shybits als einer der heißesten Live-Acts überhaupt seit ungefähr vier Jahren die Bühnen der Republik unsicher machen. Das Erfolgsgeheimnis des Trios ist dabei, sich ihrer unzähligen Inspirationsquellen und musikalischen Vorbilder keineswegs zu schämen, sondern diese hemmungslos in ihren durchaus ambitioniert angelegten, Akkord- und Harmonie-reichen Power-Pop-Songs zusammenzuführen - und zwar im Hyperdrive-Modus, ohne die Zeit mit so etwas banalem wie Balladen zu verschwenden. Nachdem sich die Shybits mit unzähligen Live-Auftritten (viele davon übrigens zusammen mit Laura Lee & The Jettes) genügend Routine und handwerkliche Fertigkeiten angeeignet hatten, gelang es dank der Mixing-Künste von Piero, im Studio für die Debüt-LP "Bodylotion" dann zu einem beeindruckend effektiven Sounddesign zu finden, das insbesondere Liam als Gitarrist heutzutage mit geringem Aufwand (= zwei Effektgeräte) auch auf der Bühne emuliert und das zu einem prägenden Faktor für den Sound der Band wurde. Das hat zweierlei zur Folge: Die angesprochenen Inspirationsquellen aus der gesamten Historie des gitarrenorientierten Power-Pop-Genres werden zu einer Einheit verschmolzen und aufgrund dessen, dass die gemeinsam erarbeiteten einzelnen Songs somit mehr Ideen, Power-Chords, Hooklines, Melodien und Gesangsharmonien enthalten als die gesamten Karrieren so mancher Konkurrenzbands, wird ein Shybits-Konzert auch dann nicht langweilig, wenn - wie in diesem Fall - quasi das gesamte aktuelle musikalische Programm (ergänzt um einige ältere Schätzchen wie z.B. "Bruce Lee" oder "Colours") ohne Pause in einer Stunde durchgeknüppelt wird und sich dabei sogar noch die Gelegenheit für psychedelische Jam-Partien ergibt. Eine Sache bleibt noch zu erwähnen: Drummerin Meghan hat heutzutage zwar ein Mikrofon - verwendet dieses aber nur für Ansagen an der Publikum. Auf der Bühne mit den Jungs zu singen, traut sie sich immer noch nicht.
Es gibt so einige Parallelen zwischen den Shybits und Laura Lee & The Jettes. Nicht nur, dass beide Bands Label-Kollegen sind und keine "ordentlichen" Websites betreiben und dass sich auch Laura & Co. mit Haut und Haaren dem gitarrenorientierten Power-Pop verschrieben haben - auch die Entstehungsgeschichte ist ähnlich. Eigentlich hatte Laura Lee das Projekt "Jettes" weiland als Hobby-Projekt mit dem Songwriter Melody Connor gegründet, als sie mit ihrer Freundin Andreya Casablanca noch mit Gurr reüssierte. Als Connor dann ausstieg, um sich selbst zu verwirklichen und Gurr langsam ausfaserte, entschloss sich Laura, die Jettes (heute "The Jettes") neu zu formieren und tat sich dabei mit Mark Lewis zusammen - der zuvor die erste Jettes-EP gemischt hatte und u.a. als Gitarrist in der Band von Laura Carbone und No Berlin tätig war. Ergänzt wurde das Line-Up dann durch Bassist Mario Quezada und Drummerin Eilis Frawley (die übrigens einige Wochen zuvor für Anika an gleicher Stelle hinter dem Drumkit gesessen hatte). Wie gesagt frönen auch Laura Lee & The Jettes im weitesten Sinne dem Gitarrenpop. Im direkten Vergleich mit den Shybits sind die Songs von Laura & Co. allerdings rocklastiger und weniger hyperaktiv angelegt. "Ich habe in den 90ern viel Grunge-Rock gehört - und ich denke, das hört man auch raus" erklärte z.B. Laura z.B. zwischen zwei Tracks. Außerdem leistet Laura sich auch den Luxus, als Songwriterin auf ihr musikalisches Nerd-Wissen zurückzugreifen und so auch weniger offensichtliche Inspirationsquellen in ihrem Material einzubinden - Krautrock etwa, Deutschpop, Psychedelia oder Emo. So erklärte sie zum Beispiel, dass sie von Mark und Mario von der Band American Football erfahren habe, die - unter Nerds - als Erfinder der Emo-Musik gilt und deren Ästhetik sie dann wiederum für ihre eigenen Arrangements verwendete. Wissen muss man das als Fan natürlich nicht - es macht aber die Musik der Jettes jenseits aller Kalkül-Erwägungen besonders glaubwürdig, authentisch - und natürlich immens unterhaltsam. Auch Laura Lee & The Jettes spulten das gesamte aktuelle Programm - ergänzt um den Single-Titel "Justine" - im gegebenen Zeitrahmen ab. Im Gegensatz zu den Shybits gibt es bei den Jettes allerdings auch mal Variationen im Tempo - und zwar in beide Richtungen (= schneller/langsamer). Einige Songs etwa werden mit Solo-Passagen gedehnt, während andere eher in den Overdrive gehen. Wie zum Beispiel der als letzte Zugabe gegebene Song "Craigslist Boy", zu dem dann Meghan Wright als Gast-Vokalistin zurück auf die Bühne geholt wurde (sie hatte ja schon bei dem Video zu dem Song mitgemacht). In der Studio-Version - und bei mancher Jettes-Live-Show - ist "Craigslist Boy" eher eine Art Krautrock-Pop-Nummer. In Köln geriet das Ganze dann allerdings zur abschließende Punk-Party, bei der es nun wirklich kein Halten mehr auf der Bühne gab. Was musste man sonst noch wissen? Nun, dass Laura vor der Show einen großen Döner gegessen hatte, der ihr nun wie ein Stein im Magen lag - zusammen mit einem Baby.

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Surfempfehlung:
lauraleeandthejettes.bandcamp.com
www.facebook.com/lauraleeandthejettes
www.instagram.com/lauraleeandthejettes
shybits.bandcamp.com
www.facebook.com/shybits
www.instagram.com/shybits
www.youtube.com/watch?v=83P1tJl0BFg
www.youtube.com/watch?v=92a9jPGekco
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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