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Nur gut mit Hut

Dekker
Nothhingspecial

Köln, Blue Shell
26.05.2022

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Dekker
Als Brookln Dekker das letzte Mal in Köln aufgespielt hatte - damals mit seiner Frau Ruth als Hälfte des Duo-Projektes Rue Royale - fanden gerade mal eine Handvoll Fans den Weg in die Spielstätte. Bei seinem Solo-Gastspiel mit Band im Blue Shell sah das schon anders aus, denn obwohl kurz vor dem Einlass ebenfalls nur eine Handvoll Fans auf den Meister wartete, war das Konzert restlos ausverkauft. Das zeigt, dass Brooklns Entscheidung, eine familiär bedingte Rue Royale-Auszeit dazu zu nutzen, es mit romantischen Folkpop-Songs mal als Solo-Singer-Songwriter zu versuchen, zweifelsohne richtig gewesen sein dürfte; denn mit dieser Art von Musik erreicht er ein bunt gemischtes Publikum, das auch sicher nicht ohne Weiteres in Gänze mit den Fans der anspruchsvollen Artpop-Konstrukten von Rue Royale kompatibel erscheint.
Sei es drum: Nachdem sich bis um 21 Uhr dann tatsächlich das Blue Shell bis auf den letzten Platz (und weit darüber hinaus) gefüllt hatte, begann die Veranstaltung dann zunächst mal mit einem unerwarteten, aber erfreulichen Auftakt: Eine offensichtlich besonders glückliche junge Dame aus Bonn stellte sich als "Chrissie" vor und nahm im Folgenden die Dekker-Fans mit ihren melancholisch/nachdenklichen Indie-Pop-Songs, einem geschickt eingesetzten Sampler und vor allen Dingen ihrer ansteckenden Begeisterung für das eigene Tun in Beschlag. Wo es songwriterisch sicherlich noch Entwicklungspotential gibt und wo es wegen der Idee, ganz ohne Backing-Tracks solo aufzutreten, zumindest mal Diskussionsbedarf gegeben hätte, lächelte Chrissie mit ihrer einnehmend positiv ausgerichteten Bühnenpräsenz alle Bedenken charmant weg, wagte sich sogar an den Bühnenrand und ins Publikum und versuchte bestmöglich, ihren seltsamen Künstlernamen (Nothhingspecial) zu buchstabieren, damit man sie auf Spotify mit ihrer Debüt-EP "Somewhere We Don't Know" überhaupt finden könne. Und soviel sei verraten: Das gelingt nur, wenn man die empfohlene Schreibweise mit den zwei "h" und ohne Leertaste verwendet.
Mit dem Problem steht Chrissie aber nicht alleine. Es gibt allen Ernstes ein (weibliches) Model namens Brooklyn Decker, auf das man unweigerlich stößt, wenn man versucht Brookln Dekker zu googlen und dabei gewohnheitsgemäß das "y" in Brookln ergänzt. Eigentlich war Brookln ja angetreten, um die Songs seiner zweiten LP "I Won't Be Your Foe" zu präsentieren, die wenige Tage vor der Kölner Show erschienen war. Als er indes fragte, wer die Scheibe denn schon gehört habe, erhielt er eine eher unbestimmte Rückmeldung aus dem Auditorium, die er dann als "ehrliche Antwort" interpretierte. Aber ganz egal, ob die Leute nun alle Songs, die Brookln mit seinen beiden Mitstreitern - Drummer Stefan Wittlich und Keyboarder/Bassist Andi Fins - präsentierte, auch tatsächlich schon kannten: Das spielte weniger eine Rolle, denn die Fans hingen dem Meister an den Lippen und goutierten so ziemlich jeden Ton, den er äußerte. Und das blieb dann auch nicht bei einzelnen Tönen, sonder ergab ein enorm abwechslungsreiches Szenario, obwohl (oder vielleicht gerade weil) das Trio mit relativ wenigen Bestandteilen auskam. Dekker selbst spielte nur akustische Gitarre, Stefan Wittlich agierte als akustischer Drummer mit jazziger Attitüde und gelegentlichen Percussion-Einlagen und Andi Fins wechselte zwischen zwei Keyboards und einem Bass nonchalant hin und her. Konzessionen an die Moderne blieben - bis auf einige rhythmische Spielereien mit Drum'n'Bass-Charakter - ebenso aus wie ein verklärter Rückblick auf traditionelle Musikformen. Tatsächlich hat Dekker da en passant eine ganz eigene Folkpop-Subnische kreiert. Besonders angenehm fiel da auf, dass die Keyboard-Sounds von Andi Fins einen ganz und gar organischen Charakter annahmen, denn er arbeitete oft und gerne mit analogen Synthie-, Mellotron- und Orgel-Sounds, die sehr gut zu dem akustischen Grundthema passten. Dekker selbst faszinierte dann in besonderer Hinsicht dadurch, dass er sich gesanglich mit seinen Falsett-Einlagen in schwindelerregende Höhen zu schrauben vermochte. Eine besondere Ambition, das Material in ausufernde Epen aufzublasen, zeigten Dekker & Co. zwar nicht - aber gelegentlich, wie zum Beispiel bei dem Mellotron-Solo im Song "Let's Pretend", wurde auch mal was vom knapppen Pop-Song-Format abgewichen. Und echtes Live-Feeling kam nicht erst auf, als im Mittelteil der Show das Tempo mit rhythmisch treibenden Tracks wie "Supposed To Be A Friend" angezogen wurde und das Publikum und ansatzweise auch den Meister zum Ausdruckstanz animiert wurde(n), sondern auch, als Dekker eingangs des Tracks "This Here Island" innehielt und einräumte, den Text vergessen zu haben, der dann aber mit Hilfe von Stefan Wittlich und dem Publikum erfolgreich rekonstruiert werden konnte. Das menschelte dann sehr schön. Abgerundet wurde der Abend mit drei Zugaben.

So weit, so gut. Eine Sache nervte dann aber doch: Aus konzeptionellen Gründen präsentiert sich Brookln als Dekker - sowohl auf den Covers seiner Tonträger, wie auch in den Videos, auf der Bühne und sogar am Merch-Stand - mit einem fast Sombrero-würdigen Hut, dessen überbreite Krempe er sich auch stets tief ins Gesicht zieht. Sogar für die Selfie-Fotos mit den Fans bestand er darauf, sich das Gerät aufzusetzen. Es ist ihm auch unglaublich wichtig, dass dieser Hut als Part of the Deal des Dekker-Projektes akzeptiert wird. Freilich: Besser wird die Musik ja deswegen nicht. Das gilt es zu bedenken.

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Surfempfehlung:
dekkermusic.bandcamp.com
www.facebook.com/Dekker.Brookln
www.instagram.com/dekker.brookln
www.instagram.com/nothhingspecial
nothhingspecial.jimdosite.com
www.youtube.com/watch?v=7rzl2EblsSk
www.youtube.com/watch?v=EL8qkpdXjOk
www.youtube.com/watch?v=EGbON1_kMvA
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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