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Konzert-Bericht
 
Kühl, aber mit viel Seele

Stina Holmquist

Dortmund, Dortmunder U
08.07.2022

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Stina Holmquist
Es gibt Konzertabende, da weiß man praktisch vom ersten Ton an, dass man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Der vom betont geschmackssicheren Veranstalterkollektiv Feine Gesellschaft initiierte Open-Air-Auftritt von Stina Holmquist beim "Sommer am U" ist ganz ohne Zweifel solch ein Abend. Kaum zu glauben, dass die 20-jährige Sängerin, Pianistin und Songwriterin aus Duisburg erst vor weniger als einem Jahr zum ersten Mal mit ihren eigenen Songs auf der Bühne gestanden hat, denn im Schatten des Dortmunder U wirkt sie bei schönstem Sommerwetter vor einem entspannt in Liegestühlen vor der Bühne sitzenden Publikum so souverän und gelassen, als würde sie seit Jahren nichts anderes machen. Geküsst von skandinavischer Melancholie taucht sie gemeinsam mit ihrer ungewöhnlich generationsübergreifend besetzten sechsköpfigen Band in facettenreiche Songs ein, in denen Lana Del Rey, Agnes Obel oder Tina Dico widerhallen, die am Ende aber doch viel mehr sind.
Ein wenig scheint es so, als würde sich alles, was Stina Holmquist anfasst, in Gold verwandeln. Gleich bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt gewann sie den KuK-Awards in Essen, wenig später fand sie sich spontan auf der Bühne des Traumzeit-Festivals in ihrer Heimatstadt wieder, und im Mai spielte sie, wenn man den anwesenden Medienvertretern glauben darf, bei einem Konzert in Rheinberg die Headlinerin June Cocó kurzerhand an die Wand. Auch mit ihrem im März auf Dackelton Records veröffentlichten EP-Erstling "Deep Water" konnte sie ein Ausrufezeichen setzen, wenngleich die drei dort verewigten Songs längst nicht die ganze stilistische und emotionale Bandbreite abdecken, mit der die Senkrechtstarterin in Dortmund fasziniert.

Dafür, dass trotz aller Wandlungsfähigkeit alles wie aus einem Guss klingt, sorgt die tiefe schwedische Ruhe, die Holmquist in sich trägt und die neben ihrem prägenden Klavierspiel das verbindende Element zwischen den elegischen Liedern darstellt, die trotz eines oft zeitlosen, bisweilen dezent rückwärtsgewandten Sounds nicht zuletzt durch die gleichermaßen erhellenden wie tröstenden Texte über Sehnsucht, Verlust, Liebe und Heimat mit persönlicher Note im Hier und Jetzt verankert sind. So thematisiert sie in "I Could Cry About The News" das Gefühl der Ohnmacht angesichts immer neuer Schreckensszenarien in der Welt, rückt mit "Doubts" allgegenwärtige Selbstzweifel in den Mittelpunkt, widmet sich bei "All I've Ever Wanted" oder "In Between The Lines" Zwischenmenschlichem und verweist mit "Goodbye From The Nordic Sky" auf ihre schwedischen Wurzeln - ihr Bühnenname war der Nachname ihres Großvaters.
Während auf der "Deep Water" EP eine raffinierte poppige Eingängigkeit in den Vordergrund rückt, die zwar nie anbiedernd wirkt, die Tür zum Mainstream aber einen Spalt weit offenlässt, begeistert Holmquist live mit einem abwechslungsreichen Handmade-Sound mit Indie-Flair, bei dem Genregrenzen verwischen. Denn auch wenn die bereits erwähnten klanglichen Referenzen das Grundgerüst liefern - mit "Does Everything Stop At Some Point" wagen sich Holmquist und ihre Mitstreiter Rainer Besel und Frank Jebavy an den Gitarren, Matthias Kemper am Bass, Walter Krebs an der Mundharmonika, Paul Sabel an der Posaune und Lasse Per Jebavy am Schlagzeug auf Reggae-Terrain vor, beim energischen "1000 Miles" scheint die Patti Smith Group in der Ferne zu leuchten , "Northern Lights" hätte auch Gene Clark gut zu Gesicht gestanden, "When The World Goes Down" atmet den Geist von Crosby, Stills & Nash und gleich mehrere Songs lassen Erinnerungen an die Walkabouts zu "Setting The Woods On Fire"-Glanzzeiten wach werden. Weil Holmquist lediglich "Clouds In The Sky" solo spielt, sind die Klischees der Sad-Girl-Klaviermusik schnell wie weggeblasen. Überhaupt bleibt viel Raum, sich stilistisch auszutoben, denn anders als andere Newcomer, die mangels Ideen nur Kurzauftritte absolvieren können oder sich mit Coverversionen über die Zeit retten müssen, verfügen Holmquist und Co. nur wenige Monate nach ihrem ersten gemeinsamen Auftritt im November über ein abendfüllendes 100-Minuten-Programm. Bemerkenswerte 23 (!) Songs stehen auf der Setlist, bevor es am Ende noch eine Reprise des treibenden Single-Ohrwurms "Deep Water" gibt.

Das Fazit fällt danach leicht: Überraschend, beeindruckend, zu Herzen gehend - Stina Holmquists Gastspiel in Dortmund ist all das!

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Surfempfehlung:
www.stinaholmquist.de
www.facebook.com/stinaholmquist.official
www.instagram.com/stinaholmquist
stinaholmquist.bandcampcom
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
 

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