So durfte der erste Support Anti-Flag schon zu früher Stunde in einer heißen, vollen Halle spielen und nutzte diese Chance eindrucksvoll. Der harte Punk kam an, die Zuschauer tanzten, forderten dann vehement eine Zugabe und als diese nicht gestattet wurde, kauften sie den Merchandise-Stand von Anti-Flag leer. Bei CD-Preisen von zehn Euro und T-Shirts für nur wenig mehr bietet sich das ja auch an. Millencolin hätten bestimmt auch mehr verkauft. Doch ein großes Schild verriet, daß es keine XL-Klamotten gab. Selber schuld.
Als zweite Band des Abends betraten die Donots die Bühne, die schon auf der letzten Millencolin-Tour den Anheizer spielten. Heute wie damals machte die Band deutlich, daß sie eine großartige Liveband sind. Über die Qualität ihrer Platten läßt sich sicherlich streiten, nicht über ihre Show. Es gibt wohl nur wenige Combos, die derart spielfreudig und dazu noch überaus sympathisch auftreten und selbst Donots-Nichtmöger in ihren Bann ziehen. Obwohl Gitarrist Guido vielleicht einen bißchen mehr den Rocker spielte, als er wohl eigentlich ist. Doch selbst das störte nicht. "Die echten Kids sind im Pit", freute sich Sänger Ingo Knollmann und die zeigten sich äußerst tanz- und springwütig. Drei Viertel der Halle waren in Bewegung als es "Whatever Happend To The 80's" und Konsorten hieß. Davon angesteckt suchte auch der Sänger das Bad in der Menge. Zum Schluß gab es dann das übliche, wie jedes Mal mitreißende "We Ain't Gonna Take It" und die Leute trieb es erneut zum Merchandise-Stand. Doch diesmal war nichts mit stöbern oder einfach mal schauen. Kaufen und zurück vor die Bühne. Denn Millencolin wollte keiner verpassen.
Doch erst kam nochmals Donots-Ingo auf die Bühne und erzählte, daß es dem Millencolin-Drummer nicht gut ginge und man nicht sauer sein dürfte, wenn das Konzert schon etwas eher zu Ende gehen würde. Millencolin und die Drummer, eine lange, tragische Geschichte. Vor der Europa-Tour brach sich der standesgemäße Schießbuden-Mann Larzon den Elbogen, weshalb ihn der ehemalige No Fun At Aller Kjell vertrat. Nun traf es also auch ihn. Doch irgendwie merkte man es ihm und der Band nicht an. Im Gegenteil. Wirkten Millencolin bei ihrem letzten Hamburg-Stop und auch auf den Hard Pop Days in Bremen vor zwei Jahren vielleicht nicht gelangweilt, aber sicherlich alles andere als übermotiviert, war es diesmal eine ungemein kräftige, emotionale Show, die man den vier Jungs ehrlich gesagt nicht wirklich zugetraut hatte. Besonders die beiden Sechs-Saiter Erik und Mathias wirbelten aufgekratzt über die Bühne, was sich sofort auf das Publikum übertrug. Stand man nicht im hinteren Viertel der Halle oder machte es sich auf dem Balkon gemütlich, war ein ungestörtes Nippen am Bierbecher schlicht unmöglich. Von allen Seiten kamen Leute und Becher angeflogen. Das war doch etwas überraschend. Denn nicht nur die Band ist musikalisch und äußerlich gereift, auch ihre Anhänger sind älter geworden. Natürlich fanden sich viele junge Kids, doch der Großteil der Leute dürfte nicht mehr bei den Eltern wohnen. Und diese Mitzwanziger sind ja nicht gerade als überragendes Pogo-Völkchen berühmt.