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Zarte Pflänzchen

Florist
Carsick Charlie

Köln, Bumann & Sohn
16.01.2023
Florist
Als würde man den Blumen beim Wachsen zusehen: Zum Abschluss ihrer kurzen Europa-Tournee verzaubert das US-Quartett Florist im Kölner Bumann & Sohn ihr Publikum mit einem aufs Nötigste reduzierten Indie-Folk-Sound, bei dem Mastermind Emily Sprague an der Seite ihrer drei Mitstreiter Rick Spataro (Bass), Jonnie Baker (Streichel-Schlagzeug) und Felix Walworth (Gitarre und Ambient-Effekte) ihre oft von Trauer und Verlust inspirierten Tagebuch-Texte hauchzart orchestriert und dabei inhaltlich wie klanglich immer wieder geschickt mit dem Dualismus von Licht und Schatten spielt. Als "poetischer Tagtraum-Sound" ist das, was Florist tun, bereits beschrieben worde - und das ist in der Tat sehr treffend.
Carsick Charlie
Den Anfang macht ein junger Mann aus Glasgow, der auf diesem Abend auf besonderen Wunsch der Headliner auf der Bühne steht: Joseph Innes alias Carsick Charlie hat vor weniger als zwei Wochen seine verheißungsvolle Debütsingle "Finn" veröffentlicht und ist nun zum ersten Mal außerhalb der schottischen Heimat auf Tournee. Während seines kurzen Solo-Auftritts im klassischen Troubadour-Modus (plus Schnuffeltuch am Gitarrenhals) wirkt er ein wenig so, wie sich Spätgeborene Nick Drake vorstellen: Schüchtern, fast scheu spielt er seine zarten, zerbrechlichen Lieder und gewährt mit einem Cover von Adrianne Lenkers "Anything" auch Einblicke in seine musikalische Sozialisation, zu der neben Big Thief auch Phoebe Bridgers und Sufjan Steven gehören. Am Ende sind 20 Minuten zu kurz, um sich ein abschließendes Bild von Innes' Fähigkeiten zu machen, ein passendes Warm-up für das, was danach folgen sollte, war sein Auftritt aber allemal.
Florist
Sobald Florist die Bühne betreten, wird die Beleuchtung bisweilen so spartanisch, dass Emily Sprague selbst aus der ersten Reihe nur schemenhaft zu erkennen ist. Das ist allerdings kein Versagen des Menschen am Lichtmischpult, sondern praktisch Teil des Konzepts dieses herrlich intimen Auftritts. "June 9th Nighttime" heißt programmatisch das erste Stück, das den Rahmen für den Rest des Abends vorgibt. Leise und langsam entfaltet sich die Nummer und sorgt so vom ersten Ton an für ein wunderbar friedfertiges, leicht entrücktes Ambiente mit betont informellem 3.00-Uhr-morgens-Vibe. Oft agieren Florist auf der kleinen Bühne des Bumann & Sohn einander zugewandt, manchmal mit dem Rücken zum Publikum, ganz versunken in die Freude am gemeinsamen Musikmachen.

Doch so sanft viele der fast ausschließlich aus dem aktuellen, selbstbetitelten vierten Florist-Album stammenden Stücke auch sind, mit denen Sprague ihre Gedanken zu allgegenwärtigen existenziellen Fragen vertont und mit Songs wie "Red Bird Pt.2" oder "Glowing Brightly" den Tod ihrer Mutter verarbeitet - bisweilen ist auch der Weg zur reinigenden Katharsis im Geiste Big Thiefs nicht weit. Ihre Fantasie setzt Sprague derweil nicht nur für ihre evokativen Texte ein. Weil sie es zeitlich nicht geschafft hat, sich in Köln umzuschauen, verbringt sie fünf sehr amüsante Minuten damit, sich höchst lebendige, detailverliebte Fake-Erinnerungen an den Tag in der Domstadt auszudenken, nur um auf dem Höhepunkt ihrer Albernheiten plötzlich zu sagen: "Jetzt genug davon, das nächste Lied handelt vom Sterben!" 60 Minuten folgen Florist so allein ihrer eigenen Intuition, bevor sie bei der Zugabe einen Schritt auf ihr Publikum zugehen und mit "Vacation" tatsächlich noch ihren (un-)heimlichen Hit spielen. Es ist das i-Tüpfelchen eines bemerkenswerten Auftritts.
Surfempfehlung:
florist.life
facebook.com/floristband
www.instagram.com/mlesprg
florist.bandcamp.com
twitter.com/carsickchariie
www.instagram.com/charlietheeband
Text: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Carsten Wohlfeld-


 
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