"I have no idea where you all came from but THANK YOU for showing up and for making my Sunday evening so special", schreibt Augusta am Tag nach ihrem allerersten Headline-Konzert in Deutschland auf ihren Social-Media-Kanälen. Tatsächlich ist das kleine Theater der Wohngemeinschaft in Köln beim Gastspiel der jungen französischen Singer/Songwriterin mit einem andächtig stillen Publikum fast bis auf den letzten Platz gefüllt - und das nicht ohne Grund. Mit dem Herz auf der Zunge singt die junge Französin in ihren leisen, oft betont minimalistischen Folk-Songs wie so viele andere von der Liebe und vom Verlust, hat aber ähnlich wie etwa Haley Heynderickx ein echtes Händchen dafür, die großen Themen des Lebens aus ungewohnten Blickwinkeln zu betrachten und ist so der Konkurrenz mindestens eine Nasenlänge voraus.
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Gerade einmal sechs Wochen ist es her, dass Augusta im Vorprogramm ihrer Labelmates Black Sea Dahu ihre allererste Tournee bestritten hat, und auch die Veröffentlichung ihrer ersten EP "The Beetles And The Bugs" liegt erst wenige Monate zurück, doch davon spürt man bei ihrem Auftritt in Köln wenig. Ihre Lieder mögen reduziert, ja gerade zart sein, doch sie stecken so voller Leidenschaft, so voller echter Gefühle, dass sie vom ersten Ton ab ungemein bewegend sind, denn die in Südfrankreich aufgewachsene und inzwischen in Paris heimische Künstlerin scheut sich nicht, dem Publikum ihr Herz auszuschütten. Bemerkenswert ist dabei, dass Augusta bisweilen keinen Unterschied zwischen romantischer Liebe und freundschaftlichen Gefühlen zu machen scheint. Gleich mehrfach offenbaren nur ihre oft anrührenden (und gerne gestenreichen) Ansagen, dass ihre Lieder nicht die Emotionen des Verliebtseins beschreiben, sondern als Hommage an inspirierende Menschen in ihrem engsten Umfeld zu verstehen sind, ganz egal, ob es in "Give Me A Reason" ihr großer Bruder oder in "Kind Words" eine Freundin ist, die in jeder Situation stets die richtigen Worte findet. Auch sonst sind viele ihrer Songs gespickt mit dem, was an anderer Stelle bereits treffend als "messerscharfe Alltagsbeobachtungen" beschrieben worden ist.
Auch wenn in den Liedern bisweilen ein Hang zu Tragik durchschimmert, ist es kein trauriges Konzert. Dafür sorgen heitere Nummern wie "I'm Going Changing" über einen Freund, der mit jeder neuen Liebe auch sein Äußeres verändert, genauso wie Augustas wunderbar unverstellte Art, die dafür sorgt, dass sie auch zwischen den Songs immer wieder die Lacher auf ihrer Seite hat. Bevor sie sich mit dem Titelstück ihrer EP verabschieden will, spielt sie noch eine Coverversion, die perfekt ihre Herangehensweise - man muss das Rad nicht neu erfinden, man muss nur fantasievoll die Karten neu mischen - versinnbildlicht. Anstatt sich ein Lied auszusuchen von Joni Mitchell oder Laura Marling, in deren Dunstkreis sie sich zweifelsohne bewegt, spielt sie lieber "Before I Met You", eine herzzerreißend schöne Bluegrass-Crooner-Nummer von 1953, die sie in der Version von Flatt & Scruggs kennen und lieben gelernt hat und in Köln brillant für ihr Folk-Setting adaptiert. "Falls ihr je verliebt seid: Das ist das Lied, was ihr der anderen Person vorsingen solltet", sagt sie, und ein kollektiver Seufzer im Publikum unterstreicht, dass sie nicht die Einzige ist, die so denkt.
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Als sie nach 45 Minuten die Bühne verlässt, gibt es niemanden im Saal, der nicht noch eine Zugabe hören will. "Ich hätte nicht gedacht, dass das passiert. Jetzt muss ich erst einmal überlegen, welchen Song ich nun noch spiele", gesteht sie lachend. Womit sie nicht gerechnet hat: Es gibt sogar einen Zuschauerwunsch, und auch wenn sie ein wenig braucht, bis ihr die erste Zeile einfällt, endet das Konzert so mit "The Birds", einer Nummer, die sie eigentlich sonst nie spielt. Ein passender Schlusspunkt für diesen Konzertabend, denn der ganze Auftritt Augustas war alles andere als gewöhnlich.
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