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Konzert-Bericht
 
Im Spiralnebel

Caroline Polachek
DOSS

Köln, Die Kantine
25.02.2023

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Caroline Polachek
Eigentlich hatte Caroline Polachek bereits während der Pandemie mit "Pang", ihrem ersten Solo-Album unter eigenem Namen, auch bei uns auf Tour gehen wollen. Dass diese Tour dann aus logistischen Gründen nicht hatte stattfinden können, erwies sich im Nachhinein dann als Vorteil - denn in der Zwischenzeit hatte Caroline ihr zweites Album "Desire, I Want To Turn Into You" fertigstellen können, das nun - wenige Wochen vor ihrer tatsächlich stattfindenden Tour - erschienen war. Das hatte nämlich zur Folge, dass die Setlist nun weitestgehend aus dem Material eben dieses Albums bestand - dessen Veröffentlichung Caroline mit zahlreichen Vorab-Single-Veröffentlichung ja mehr als gründlich vorbereitet hatte. Dass Caroline die Tour unter das Motto "Spiraling" gestellt hatte, hängt übrigens mit dem Leitmotiv zusammen, das den Songs des Albums zugrunde legt: Nämlich die Vorstellung davon, in einem Strudel von Ereignissen, Emotionen, Zuständen und Vorstellungen nach einer Orientierung zu suchen und/oder eine Richtung zu finden.
Bevor Carolines Show in der ausverkauften Kölner Kantine mit einem sekundengenauen Countdown losgehen konnte, gab es erst Mal Kunstnebel. Und zwar in solchen Mengen, dass im Folgenden nicht nur die Bühne und das Auditorium, sondern auch die Toiletten-Räume eingequalmt wurden. Das hatte damit zu tun, dass der Support von der New Yorker DJane DOSS gestaltet wurde, die ihr Pult zwar in der Mitte der Bühne (vor einer LED-Wand) aufgebaut hatte, aber offensichtlich großen Wert darauf legte, selbst nicht gesehen werden zu können. DJ-Sets als Support für Live-Konzerte sind ja grundsätzlich problematisch - einfach weil Live-Konzerte und Club-Veranstaltungen grundsätzlich anderen Ansprüchen Rechnung tragen. Nun ist das aber so, dass das Publikum von Caroline offensichtlich große Schnittmengen mit einer Disco-Crowd hat, die sich in Clubs die Nächte um die Ohren zu tanzen pflegt. Hinzu kommt, dass DOSS von Caroline persönlich seit längerem gefeatured wird. DOSS selbst nahm ihre Aufgabe als "Anheizerin" mehr als ernst und drosselte ihre Remixe, Spontankompositionen- und Soundbank-Collage kaum je unter 120 BPM. Damit hatte sie die Halle nach kurzer Zeit fest im Griff. Wie das bei vielen Kolleg(inn)en ihrer Zunft oft der Fall ist, schoss sie damit deutlich über das Ziel heraus und legte ihr Set viel zu lange an, so dass sich viele der Fans während ihrer Show schon ziemlich verausgabt hatten und - zumindest jene in der ersten Reihe - erst mal von einem freundlichen Security-Mitarbeiter mit Wasserflaschen versorgt werden mussten.

Als dann nach einer gebührenden Umbaupause das Set von Caroline mit dem bereits erwähnten Countdown los ging, wurde sehr schnell deutlich, in welche Richtung die Show gehen sollte. Erfreulicherweise hatte sich Caroline nämlich entschieden, nicht alleine auf die Produktionstechnik des neuen Albums zu setzen, sondern hatte eine konventionelle Live-Band mit Gitarre, Bass und Drummer engagiert, um die Songs in einem weitestgehend organischen Umfeld präsentieren zu können. Ein eigener Keyboarder war nicht zugegen und die entsprechenden Passagen wurden dann schlicht eingespielt. Lediglich für die Ballade "Butterfly Net" vom neuen Album ließ sich Caroline ein Mikro-Keyboard für ein kleines Orgel-Solo hereinreichen. Die ersten vier Tracks - "Pretty In Possible", "Bunny Is A Rider", "Sunset" und "Crude Drawing Of An Angel" - stammten allesamt von dem neuen Album; was die Fans indes nicht davon abhielt, jeden einzelnen Song lautstark und Wort für Wort lautstark mitzusingen. Das war dann schon in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert, denn zum einen mussten sich die Fans ja in den zehn Tagen, die seit der Veröffentlichung des Albums vergangen waren, die Lyrics erst mal draufgeschafft haben und dann ist es ja auch nicht so, dass die stark codierten Texte ohne erklärende Gebrauchsanweisung intuitiv nachvollziehbar oder entschlüsselbar sind und somit in persönlicher Hinsicht wirklich bedeutend sein können. Will meinen: Caroline hat in dieser Beziehung genau die Art von Superstar-Status erreicht, den sie nach eigener Aussagen eigentlich gar nicht anstrebt. Die Show war z.B. in der Kantine verblieben, obwohl sie - wie viele andere ihrer Art eigentlich auch ins größere Carlswerk hochverlegt werden hätte können.

Der Kontakt zum Publikum scheint Caroline also immer noch wichtig zu sein, gleichwohl das in der Kantine auch nur bedingt zum Ausdruck gebracht werden kann und sich auf ein paar Klatsch-Motivationen und ein paar Momente sitzend am Bühnenrand beschränkte. Bemerkenswerterweise entschuldigte sich Caroline zu Beginn der Show dann noch dafür, dass sie sich an dem Tag eine Lebensmittelvergiftung zugezogen hatte, die sich erst kurz vor der Show verflüchtigt hatte und vielleicht nicht auf der Höhe ihrer Kunst sein könne. Nicht, dass sich das wirklich bemerkbar gemacht hätte.

Wie zu erwarten, hatte Caroline sich eine durchgehende Choreografie überlegt und tänzelte mit weit ausholenden, dramatischen Gesten - aber auch einer Prise Selbstironie - von einer Seite der Bühne zur anderen. Interessant die Performance betreffend war dann noch der Umstand, dass Caroline ihre spezielle Gesangstechnik - bei der sie den heutzutage inflationär besetzten Autotune-Effekt alleine mit ihrer Stimme (aber eben ohne Effektfilter) nachahmen kann - nur sehr pointiert einsetzte. Dies geschah beispielsweise bei den balladeskeren Nummern wie "Parachute", "Butterfly Net" oder "Billions". Bei den anderen Songs setzte die Gute doch eher auf ihren beachtlichen Stimmunfang, ließ sich gerade bei melodischen Tracks wie "I Believe" oder Burnern wie "Welcome To My Island" (der zwar den Titel des Albums zwischen seinen Textzeilen beherbergt - aber erst gegen Ende der Show gespielt wurde) oder ihrem ersten Mega-Hit "So Hot You're Hurting My Feelings", der gegen Ende der Show in Video-gerechten Teufels-Rot gegeben wurde, gesanglich so richtig gehen. Dabei agierte sie mit viel Sustain, einer Prise Druck und oft erstaunlichen Tonhöhen vor sich hinjubilierend.
Fazit: Gerade der erfolgreich implementierte Anspruch, ihre Musik auf der Bühne in einem traditionellen Bandumfeld auf organische Weise vom Plastik-Image vieler ihrer Kolleg(inn)en fernzuhalten, zeichnete die Show in der Kölner Kantine in besonderer Weise aus.

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Surfempfehlung:
www.carolinepolachek.com
www.facebook.com/CarolinePolachekMusic
www.instagram.com/carolineplz
www.youtube.com/channel/UC_YiGpMGuBb1PbjqPQMf9MQ
www.doss.world
www.instagram.com/dossxoxoxo
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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