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Konzert-Bericht
 
Ein Neuanfang

Karo Lynn
Michael Benjamin

Offenbach, Hafen 2
12.03.2023

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Karo Lynn
Karo Lynn hätte es sich leicht machen können. Mit ihren ersten beiden Alben war die junge Leipziger Singer/Songwriterin eigentlich auf dem besten Wege, sich in die Riege all der jungen Himmelsstürmerinnen einzureihen, die mit unverfänglicher Unbekümmertheit dafür sorgen, dass die Grenzen zwischen Indie-Underground und Pop-Mainstream verwischen. Für ihr vor wenigen Tagen auch auf Vinyl erschienenes drittes Album "A Line In My Skin" hörte sie trotzdem lieber auf ihr Herz, als den gängigen Gesetzen des Musikbusiness zu folgen, und tauschte mutig den sommerlich unbeschwert klingenden Folk-Pop ihrer alten Platten gegen die atmosphärische Tiefgründigkeit eines deutlich anspruchsvolleren, dunkel funkelnden Dream-Pop ein. Jetzt ist sie noch bis Ende März deutschlandweit auf Tour und Gaesteliste.de war beim Konzert in Offenbach dabei.
Sonntagnachmittag, unten am Hafen. Matinee-Konzerte mit spannenden Künstlerinnen und Künstlern von nah und fern, bei denen das Publikum in entspannter Atmosphäre das Wochenende ausklingen lassen kann, haben im Offenbacher Hafen 2 eine lange Tradition. Oft sind diese Shows auch die Chance, neue Musik und neue Lieblingsacts zu entdecken, und auch an diesem Nachmittag sind die neugierig Interessierten, die nach Kaffee und Kuchen im Hafen-2-Café in den Konzertsaal geströmt sind, zahlreicher vertreten als die eingeschworenen Fans. Den Anfang macht um kurz nach 16.00 Uhr Michael Benjamin, der nach den millionenfach gestreamten und in den USA sogar in der Erfolgsserie "Shameless" zu Soundtrack-Ehren gekommenen Songs seines Projekts Native nun auf sein erstes Album unter eigenem Namen zusteuert, das in wenigen Monaten erscheinen soll. In Offenbach steht der Schweizer Singer/Songwriter allein auf der Bühne, und obwohl er sich alle Mühe gibt, seine Songs möglichst abwechslungsreich mit Akustik- oder Stromgitarre, Keyboards und Beiwerk auf Knopfdruck zu inszenieren, bleibt er trotz einer gehörigen Portion Pathos leider doch etwas farblos. Das liegt zum einen daran, dass er bis auf einige wenige flüchtige Floskeln auf Ansagen verzichtet und so seine in Melancholie getauchten Songs allein für sich sprechen müssen, und zum anderen daran, dass der willkommen echte Handmade-Vibe vieler seiner Songs bisweilen nicht so recht zu den Sounds aus der Konserve passen will. Die Highlights seines 40-minütigen Sets sind deshalb die klanglich reduzierten Nummern, die ganz auf ihn als Performer konzentriert sind, wie das mit einem Hauch von Americana glänzende "Perfect Day" und ganz am Ende die entschlackte Version seines alten Hits "Ocean".
Wie es besser geht, zeigt danach Karo Lynn, und das nicht nur, weil sie zwischen den Songs genau die richtigen Worte findet, um das Publikum an ihren Gedanken zu den Liedern teilhaben zu lassen. Gemeinsam mit ihren drei Mitstreitern Cornelius Miller (Schlagzeug), Tom Bunzel (Bass, Synthesizer) und Jonas Knopf (Gitarre, Piano) beeindruckt sie mit einem perfekt abgestimmten Sound, bei dem alles echt ist und der ganz von der Dynamik der vier Musikerinnen und Musiker lebt, für die es offenbar eine helle Freude ist, die ausgefuchsten "A Line In My Skin"-Arrangements live facettenreich und fantasievoll in einem ganz neuen Licht erscheinen zu lassen. Dass sie dabei mehr Gewicht auf die Gitarren als auf die Tasteninstrumente legen, nimmt der beklemmenden Düsternis, mit der die Studioversionen beeindruckt hatten, vom ersten Ton an etwas von der fühlbaren Schwere. Gleich zu Beginn begeistert "When All Is Still The Same" mit großer Intensität, die dennoch nie erdrückend wirkt, während sich bei "You Inside Me" der Fokus von einem modernen Produktionsanstrich hin zu einem unwiderstehlichen Groove verlagert und der Song so deutlich lebendiger als in der alles andere als schlechten Studioversion wirkt. Doch so gut und wichtig die Band hinter Karo Lynn auch ist: Mit ihrer Solonummer "Silver Lining" zur Mitte des 75-Minuten-Sets unterstreicht die Protagonistin, dass das, was an diesem Konzertnachmittag wirklich heraussticht, praktisch allein von ihr kommt, denn sie fasziniert nicht nur mit dem wunderbar dunklen Timbre ihrer ausdrucksstarken und kraftvollen Stimme, sondern gerade auch mit ihrem fabelhaften Gitarrensound, der praktisch bei jedem Song der emotionale Anker ist und ihren ausführlichen Soli - besonders famos: "Still, Staring Ahead" - die besondere Note verleiht.

Wie bemerkenswert schlüssig Karo Lynns Live-Soundkosmos ist, zeigt auch, dass sie neben allen elf Songs aus "A Line In My Skin" - "When I Think I'm Close" singt sie wie auf dem Album mit Michael Benjamin im Duett - auch einige ältere Nummern wie "Beautiful" oder "Outgrow" ins Programm gemogelt hat, die auf Platte zwar spürbar anders klingen, sich im Konzert-Kontext aber bruchlos in das große Ganze einfügen. Das gilt auch für "Veins", das sie einst als Teenagerin für ihr Debütalbum "Frames" geschrieben hatte und das bei der Zugabe mit epischem Breitwand-Feeling fast in die Nähe des Spiritualized'schen Space-Gospel zu rücken scheint. Schöner - und ausufernder - hätte dieser Konzertnachmittag kaum enden können!

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Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
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